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VZ-Winterveranstaltung

Schweinehalter offen für neue Partner

Die Erzeugung von Schweinefleisch in Europa bleibt hoch, der Preisdruck in Deutschland auch. Das öffnet den Blick für neue Marktpartner. Bei der Wintertagung der Viehzentrale Südwest (VZ) am 25. Januar 2016 in Ulm-Seligweiler stellten sich Vertreter der Einzelhandelskette Rewe und des Ökoverbands Naturland vor.
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Trotz sinkender Betriebszahlen in der Schweinehaltung Baden-Württembergs sind die Strategien der verbleibenden Höfe unterschiedlich, erklärte Dr. Reinhard Funk zum Auftakt der VZ-Wintertagung vor rund 130 Zuhörern am Montag in der Autobahnraststätte Ulm-Seligweiler. Ob Weltmarkt oder regionale Erzeugung: So vielfältig wie sich Schweinehalter ausrichten, so breit stellt sich die Stuttgarter Viehzentrale auf mit ihren Vermarktungsprogrammen für Schweine, Rinder und Lämmer, sagte der VZ-Aufsichtsratsvorsitzende, der die Veranstaltung moderierte.

„Keiner bremst“

VZ-Geschäftsführer Dr. Rainer Pflugfelder rechnet in der EU weiterhin mit einer hohen Erzeugung von Schweinefleisch. Im Kalenderjahr 2015 ist die Erzeugung erneut gewachsen. Unter den führenden Erzeugungsländern drosselten Deutschland und Frankreich ihre Erzeugung, während besonders Spanien sowie Dänemark und die Niederlande die Produktion ausweiteten. Man habe den Eindruck: „Keiner geht vom Gas. Keiner bremst“, sagte Pflugfelder.

Im Jahr 2016 rechnet Pflugfelder in Deutschland mit weiter schrumpfenden Beständen bei Mastschweinen und Zuchtsauen sowie stabilen bis leicht sinkenden Schlachtzahlen. Die deutsche Nachfrage nach Schweinefleisch dürfte stabil bleiben oder leicht sinken. Auf dem Weltmarkt erwartet der Experte ein stabiles Angebot, bei der Nachfrage in Asien ein leichtes Plus. Die Exportabhängigkeit deutscher Schweinefleischproduzenten bleibt bestehen.

Zu den Herausforderungen für Schweinehalter zählt Pflugfelder das Thema Tierwohl. Zu erhöhter Aufmerksamkeit riet er bei der Afrikanischen Schweinepest, deren Aufteten an der polnisch-russischen Grenze eher zu- als abnimmt. Unter die neueren Markttrends ordnet Pflugfelder regionale Markenfleischprogramme ein. Das war das Stichwort für den ersten Gast: Frank Bieger vom Handelsunternehmen Rewe, in Deutschland nach Edeka die Nummer zwei im Lebensmitteleinzelhandel (LEH). In der Regionalgesellschaft Südwest in Wiesloch ist Bieger Verkaufsleiter der Metzgerei, die 2015 einen Umsatz von 352 (2014: 334) Mio. Euro erzielte. Die Regionalgesellschaft bietet neben Obst, Gemüse und Milchprodukten jetzt auch Fleisch aus regionaler Herkunft mit dem Regionalfenster an: „Regionalität ist ein Megatrend“, sagte Bieger.

Rewe Südwest

Auf Nachfrage aus dem Publikum räumte er ein, dass damit keine höheren Verkaufspreise verbunden sind. Die Kunden reagierten sensibel auf Preiserhöhungen. Laut Bieger ist Regionalität für Rewe-Kunden wichtiger als bio. Läuft das Geschäft mit Schweinefleisch erfolgreich, soll regionales Rindfleisch folgen.

Im Vergleich zum Hamburger Wettbewerber Edeka besitzt Rewe Südwest kein eigenes Fleischwerk. Geschlachtet werde bei Vion in Crailsheim, verarbeitet bei der Großmetzgerei Werz in Heidelberg. Frisches Fleisch verkaufe sich besonders gut über die Bedientheke, weil die Kunden dort nach der Zubereitung fragen können. Jedoch herrscht beim Verkaufspersonal bereits ausgeprägter Fachkräftemangel.

Als wichtigste Kundengruppe charakterisierte der gelernte Metzger und studierte Betriebswirt die sogenannten Flexitarier. Diese Personen zählen noch zu den Fleischessern, aber nicht mehr jeden Tag. Die Ernährungsrichtungen vegan und vegetarisch seien nicht unwichtig, werden in der Bedeutung für den Lebensmitteleinzelhandel aber überschätzt.

Wichtig für die Tierhalter ist das Thema Ebermast. Wie steht Rewe zum Kastrationsverbot ab Jahresbeginn 2019 und zur Ebermast?, wollte Moderator Funk wissen. Darauf äußerte sich Bieger zurückhaltend, ohne sich auf eine bestimmte Richtung festzulegen: Man werde sich an den Vorgaben des Gesetzgebers orientieren, meinte er.

Naturland mit klarer Position

Zum gesetzlich vorgeschriebenen Kastrationsverbot bezog der zweite Gast des Tages klar Stellung. „Wir favorisieren den Einsatz der Immuno-Kastration mit Improvac“, sagte Jürgen Herrle, Produktionsberater des Ökoverbands Naturland. Herrle stammt von einem Schweinehaltungsbetrieb im Nördlinger Ries. Sein Bürostandort ist Ramsthal bei Schweinfurt. Nach seinen Angaben ist Naturland weltweit größter Ökoverband, in Deutschland die Nummer zwei nach Bioland. Die Biobranche setzt in Deutschland 8 Mrd. Euro um mit jährlichen Wachstumsraten von zehn Prozent. Öko-Produkte finden sich beim Discounter ebenso wie im gehobenen LEH.

Die Einladung zur VZ-Tagung verdankte Herrle den gut bezahlten Öko-Schlachtschweinen. Einzelhandelsketten suchen händeringend Lieferanten und bieten Zehn-Jahres-Verträge mit Preisbindung zwischen 3,70 und 3,80 Euro je Kilo Schlachtgewicht. Die Produktionsbedingungen unterscheiden sich aber erheblich. Gentechnisch veränderte Sojabohnen sind in der Öko-Fütterung tabu. Die Tiere brauchen mehr Platz. Futterkosten und Futterverwertung sind höher, die abgesetzte Ferkelzahl pro Sau und Jahr niedriger als in konventioneller Haltung.

Kleiner Markt

Der Markt für Öko-Schweinefleisch ist mit 250.000 bis 300.000 Schlachtschweinen jährlich und 300 Betrieben bundesweit winzig im Vergleich zum konventionellen Markt. So attraktiv der Öko-Schweinemarkt erscheint, vor Überschüssen und Preisdruck ist er ebenso wenig gefeit, wie Herrle anhand von AMI-Grafiken darlegte. Zur Diskussion um die Tierwohlkriterien sagte Herrle, nach seiner Einschätzung werde der Gesetzgeber die „Daumenschrauben“ in der Schweinehaltung weiter anziehen. Verschärfte Kriterien würden in der Biohaltung noch entlohnt, in der konventionellen Haltung nicht mehr.

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