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Innerfamiliäre Hofnachfolge

Welche Denkmuster führen zum Erfolg?

Die Übergabe des landwirtschaftlichen Familienbetriebes an die nächste Generation bereitet dem deutschen Agrarsektor Sorgen. Betriebsinhaber:innen werden statistisch gesehen immer älter, viele Betriebe stehen ohne motivierten Hofnachfolger oder Hofnachfolgerin da. Eine neue Perspektive auf das Thema innerfamiliäre Hofübergabe ergab nun eine Studie der Technischen Universität München.

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In der Studie wurde Hofübergabe mit dem Thema „Mindset“ in Verbindung gebracht. Ein Mindset ist ein gedanklicher Filter oder ein Denkmuster, welches das Verhalten steuert. In der Studie wurden die Mindsets von erfolgreichen Vorgänger:innen und Nachfolger:innen von landwirtschaftlichen Familienbetrieben identifiziert.

Was ist ein Mindset?

Menschen sind ständig mit zahlreichen Informationen aus ihrer Umwelt konfrontiert. Deshalb werden diese Informationen von ihnen (meist unbewusst) gefiltert und somit auch vorurteilbehaftet interpretiert. Das aktuelle Mindset einer Person leitet das Sammeln und Sortieren von neuen Informationen. Stößt die Person auf eine völlig neue Information, kann diese vom aktuellen Mindset entweder abgelehnt und verworfen werden (weil sie nicht zum aktuellen Mindset passt) oder aber aufgenommen werden, was dann zu einer Veränderung des Mindsets führt. Bewusstes Wahrnehmen des eigenen Mindsets macht eine Aufnahme der Information und damit einhergehende Veränderung des Denkmusters wahrscheinlicher.

Mindsets entstehen aus dem individuellen Lebenskontext einer Person heraus. Die persönliche Lebensgeschichte, die Sozialisation und der kulturelle Kontext, in dem die Person aufgewachsen ist, formen das Mindset. Weitere Einflussfaktoren sind individuelle Überzeugungen, Werte, Normen, Einstellungen, Erfahrungen und Wissen, welche die Person im Laufe der Zeit entwickelt und gesammelt hat. Zum anderen spielt die aktuelle Lebenssituation eine Rolle, da das Mindset in ständiger Interaktion mit der Umwelt der betreffenden Person steht und sich so verändern kann. Das so geformte Mindset prägt das Verhalten, denn das wurzelt in der Verarbeitung der Informationen, die gefiltert durch das Mindset aufgenommen wurden.

Ein wichtiger Faktor für die Möglichkeit zur Veränderung des Mindsets liegt im Bewusstsein der Person über diese Faktoren, die das Mindset formen, aber auch im Bewusstsein über das eigene Verhalten. Dieses Bewusstsein kann dazu beitragen, dass neue Informationen eine Veränderung in diesen Faktoren oder im Verhalten bewirken können (und damit indirekt im Mindset). Eine besondere Rolle spielt hier der Fluss von Informationen, durch den das aktuelle Mindset herausgefordert werden kann. Der Austausch mit anderen Menschen, Kolleg:innen, Berater:innen oder vor allem mit Familienmitgliedern ist Teil dieses Informationsflusses im Nachfolgeprozess eines Betriebes. Direkt an der Hofübergabe beteiligte Personen übernehmen eine besondere Rolle für das Mindset. Als Familienmitglieder sind sie Teil der Lebensgeschichte der Übernehmenden und Übergebenden und geben mit ihrem Verhalten direktes Feedback hinsichtlich des Verhaltens. Dadurch können sie einen Einfluss auf die Faktoren, die das Mindset formen, wie auch auf das Verhalten eines anderen Familienmitglieds haben. Weiterhin spielt der Faktor Zeit eine Rolle. Der Zeitaspekt durchdringt alle anderen Aspekte und kann zu Veränderungen führen. Beispielsweise können Entscheidungen aus der Vergangenheit zu Erfahrungen führen, die zukünftige Entwicklungen formen. Auch soziale Normen und Einstellungen, die man pflegt, können sich im Laufe der Zeit verändern.

Was zeichnet erfolgreiche Vorgänger und Nachfolger aus?

In der Studie wurden Interviews und Gruppendiskussion mit Vorgänger:innen, Nachfolger:innen und Familienangehörigen landwirtschaftlicher und gartenbaulicher Familienbetriebe in erfolgreichen Hofübergabeprozessen geführt. Die Auswertung der Daten lässt Rückschlüsse auf das Mindset der Vorgänger und Nachfolger zu.

Erfolgreiche Vorgängerinnen und Vorgänger

Erfolgreiche Vorgänger:innen zeichnen sich durch ihre positive Einstellung gegenüber dem Nachfolgeprozess aus, die zum Beispiel auf positive Erfahrungen mit der eigenen Übernahme zurückzuführen ist. Sie ergreifen Maßnahmen, um ihren Betrieb für die Übergabe attraktiv und leistungsfähig zu machen. Dies kann finanzielle Aspekte bezüglich Betrieb und anstehendem Renteneintritt betreffen, aber auch eine ausgewogene Work-Life-Balance zwischen Familie und Betrieb. Im Hinblick auf die Betriebsentwicklung und die Übergabe des Hofes planen erfolgreiche Vorgänger:innen langfristig und detailliert. Sie zeigen dabei Bewusstsein für die Situation der Nachfolgerin oder des Nachfolgers und vermeiden Druck hinsichtlich der Betriebsübernahme. Sie überlassen der  nachfolgenden Person die Entscheidung. Erfolgreiche Vorgänger:innen sind sich der Tatsache bewusst, dass es Arbeit und Leben betreffend unterschiedliche Ansichten zwischen Vorgänger- und Nachfolgergeneration gibt und finden Wege damit umzugehen. Beispielsweise teilen sie Arbeits- und Verantwortungsbereiche auf. Der Austausch von Informationen mit der Familie, dem Nachfolger  oder der Nachfolgering und deren Geschwistern im speziellen, sowie mit der Beratung und anderen Landwirt:innen spielt für erfolgreiche Vorgänger:innen eine bedeutende Rolle. Sie beschreiben außerdem wie sie sich mit ihren Nachfolger:innen die Verantwortung auf dem Hof teilen und Entscheidungen gemeinsam treffen. Erfolgreiche Vorgänger:innen reflektieren ihre eigenen vergangenen und geplanten Entscheidungen. Sie sind sich auch der nahenden Rentensituation bewusst und beschäftigen sich bereits mit den kommenden veränderten Lebensumständen und der möglichen Wohnsituation.

Erfolgreiche Nachfolgerinnen und Nachfolger

Erfolgreiche Nachfolger:innen werden zumeist am und mit dem Familienbetrieb sozialisiert. Das heißt die Hof- und Betriebsfläche diente als Raum für Spiel und Spaß und als Kinder und Jugendliche wurden sie bereits in kleinere Aufgaben und Arbeiten am Hof einbezogen. Die persönliche Entwicklung erfolgreicher Nachfolger:innen beinhaltet neben dem Erwerb von beruflichen Fachkenntnissen oft Arbeit außerhalb des elterlichen Betriebs. Dadurch haben sie die Chance, verschiedene andere Möglichkeiten neben der Übernahme des Familienbetriebs für ihren Lebensweg zu erkunden. Wie die Vorgänger:innen zeichnen sich die Nachfolger:innen durch planerisches Denken aus, wobei sie sich mit Zielen und Entwicklungen für den Betrieb und ihr Leben auseinandersetzen. Hinsichtlich des Nachfolgeprozesses haben sie die zwischenmenschlichen Aspekte dieser Phase im Blick. Sie achten auf die innerfamiliären Beziehungen und nehmen Konfliktpotenziale wahr. Die Nachfolger:innen zeigen Verantwortungsgefühl sowohl für den Betrieb, als auch für die gesamte Familie. Wie die Vorgänger:innen sind sie sich der Unterschiede in Lebens- und Arbeitsweisen zwischen Vorgänger- und Nachfolgergeneration bewusst. Ebenso spielt auch bei ihnen der Austausch von Informationen mit der Familie, besonders dem Vorgänger oder der Vorgängerin, und der Beratung eine Rolle. Darüber hinaus unterstreichen sie ihre Motivation für die Betriebsübernahme, zum Beispiel mit Ideen zur Innovation und Betriebsentwicklung oder der eigenen Leidenschaft für den landwirtschaftlichen oder gärtnerischen Beruf. Viele der befragten Nachfolger:innen pflegen außerbetriebliche Aktivitäten. Dies zeigt sich zum einen in Hobbies, zum Beispiel Vereinssport. Zum anderen wurde die Abgrenzung zum Betrieb im Wunsch nach einer getrennten Wohnsituation für Vorgängerfamilie und Nachfolger:innen (und deren Partner:innen) sichtbar. Des Weiteren schätzen erfolgreiche Nachfolger:innen die Freiheit, eigenständig Entscheidungen zu treffen und somit selbstbestimmt ihr Leben und den Betrieb zu führen.

Kurz zusammengefasst

Die Übergabe des Familienbetriebes an die nächste Generation stellt eine Herausforderung dar. Eine Studie am Lehrstuhl für Ökonomik des Gartenbaus und Landschaftsbaus identifizierte prototypische Denkmuster (= Mindsets) erfolgreicher Übergeber und Übernehmer land- und gartenbaulicher Familienbetriebe.

Erfolgreiche Vorgänger:innen zeichnen sich aus durch:

  • eine positive Haltung gegenüber der Nachfolge,
  • sie engagieren sich, den Betrieb attraktiv und übernahmefähig zu machen,
  • sie planen zukünftige Entwicklungen wie auch den Übergabeprozess und sind sich hierbei der Situation des Nachfolgers oder der Nachfolgerin bewusst,
  • sie lassen der nachfolgenden Person die Entscheidungsfreiheit bezüglich der Hofübernahme,
  • der Austausch von Informationen mit Familie, Beratung und Kolleg:innen spielt eine wichtige Rolle für sie,
  • sie teilen sich die Verantwortung am Hof mit ihrem Nachfolger bzw. ihrer Nachfolgerin,
  • sie reflektieren vergangene und künftige Entscheidungen,
  • sie antizipieren den bevorstehenden Renteneintritt.

Erfolgreiche Nachfolger:innen zeichnen sich aus durch:

  • sie wurden zumeist in der Kindheit mit dem Hof sozialisiert, hatten aber Raum und Zeit für die persönliche Entwicklung und das Sammeln von Arbeitserfahrung abseits vom elterlichen Betrieb,
  • sie planen Entwicklungen am Betrieb,
  • Im Nachfolgeprozess sind sie sich den zwischenmenschlichen Aspekten dieser Phase bewusst und schätzen den Austausch mit Familienmitgliedern und Berater:innen,
  • sie zeigen Motivation, den Hof zu übernehmen,
  • sie engagieren sich aber auch außerhalb des Betrieb und gehen ihren Hobbies nach,
  • sie schätzen die Freiheit, selbst Entscheidungen zu treffen und selbstbestimmt zu handeln.

Nicht nur das richtige Mindset ist für eine erfolgreiche Hofübergabe wichtig. Frühzeitige Planung, ein solider Geschäftsplan, klare Regeln für den Umgang miteinander - diese und weitere Aspekte entscheiden ebenso über Erfolg oder Nichterfolg einer Betriebsübergabe. Das Wichtigste für eine erfolgreiche Hofübergabe haben wir für Sie zusammengefasst.

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