Hofübergabe ohne böses Blut
Die Übergabe des landwirtschaftlichen Betriebes bereitet dem Agrarsektor Sorgen. Auf vielen Höfen fehlt geeigneter Nachwuchs, zudem ist die Hofübergabe für alle Beteiligten ein emotionaler Prozess. Wie kann sie dennoch gelingen? Wir haben für Sie die wichtigsten Schritte zur erfolgreichen Betriebsübergabe zusammengefasst.
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Bei der Regelung Ihrer Betriebsnachfolge verfolgen Sie normalerweise mehrere Ziele:
- Sicherung der Unternehmenskontinuität,
- eigene wirtschaftliche Absicherung,
- gerechte Behandlung aller Familienmitglieder und
- Minimierung der Steuerlast.
Wichtig: Beginnen Sie rechtzeitig mit den Vorbereitungen. Ihr Alter, die Branchen- und Betriebssituation und Ihre familiären Verhältnisse können den Übergabezeitpunkt beeinflussen. Am besten übergeben Sie Ihren Hof in einer Phase, in der nachweisbar nachhaltiges Wachstum zu erwarten ist.
Die Vorbereitung
Ihre betriebswirtschaftlichen, finanziellen, juristischen, steuerlichen und psychologischen Aspekte fassen Sie am besten in einem strukturierten Konzept zusammen. Legen Sie dabei fest,
- ob Ihr Unternehmen weitergeführt, verkauft oder geschlossen wird,
- ob Ihr Nachfolger oder Ihre Nachfolgerin aus der eigenen Familie, dem Unternehmen oder von extern kommt,
- ob Kapital und Führung in einer Hand bleiben und
- ob Erlöse beziehungsweise Erträge aus Ihrem Unternehmen für die persönliche Versorgung benötigt werden.
Dies ist aber nicht nur eine Hausaufgabe für den Abgebenden, sondern auch für den Nachfolger bzw. die Nachfolgerin. Im Idealfall passen beide Konzepte wie ein Puzzle zusammen. Dabei braucht es Prioritäten und Gewichtungen, denn beide werden nicht alle Ziele erreichen können.
An diesem Punkt sollten Sie sich zudem Gedanken um Ihre Altersvorsorge machen. Wer im Krankheits- oder Pflegefall seine finanziellen und rechtlichen Angelegenheit nicht mehr eigenständig regeln kann, benötigt jemanden, der sich darum kümmert.
Die Suche nach geeigneten Nachfolger:innen
Kommt der oder die Nachfolger:in nicht aus der eigenen Familie, steht die Suche nach einer geeigneten Nachfolge an. Dies gestaltet sich oftmals nicht einfach, das Interesse am Unternehmertum lässt weiter nach, belegen Studien. So viele Betriebsinhaber:innen wie noch nie müssen die Suche nach eine:r Hofnachfolger:in erfolglos beenden. Der Fortbestand vieler mittelständischer Betriebe sei daher gefährdet, berichtet der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK). Auch die Landwirtschaft ist kein Ort der Glückseligkeit, an dem die Nachfolger:innen Schlange stehen. Die Suche wird für viele Betriebsinhaber:innen zur Suche nach der Nadel im Heuhaufen. Seit einigen Jahren gibt es mehr Abgebende auf der Suche nach einem Nachfolger oder einer Nachfolgerin als umgekehrt. Hauptgrund dafür ist die Alterung der Gesellschaft. Immer mehr Unternehmer:innen erreichen das Ruhestandsalter. Derweil sind die Jahrgänge der 25- bis 45-Jährigen geschrumpft, aus denen die Menschen stammen, die am Aufbau einer selbständigen Existenz interessiert sind. Die „Verrentungswelle“ der geburtenstarken Jahrgänge wird sich bis in die 2030er Jahren ziehen.
Eine Möglichkeit, nach einer passenden Hofnachfolge zu suchen, stellen Anzeigen dar. Die sollten im richtigen Umfeld platziert sein, also am besten in landwirtschaftlichen Wochenblättern, Magazinen oder Webseiten. Wollen Sie eine Anzeige bei #Ö aufgeben, können Sie dies sowohl in unserer Print-Ausgabe als auch in unserem Online-Anzeigenmarkt.
Es gibt aber auch relativ profane Gründe, die den Übergang erschweren. Studien zeigen, dass ein gutes Drittel der Altinhaber:innen „emotional nicht loslassen“ kann. Viele beginnen zu spät mit dem Übergabeprozess, auf Seiten der Nachfolger:innen gibt es häufig Finanzierungsprobleme, trotz derzeit günstiger Konditionen. Auch unterschätzen viele die Anforderungen an eine Übernahme. Um die Hofübergabe erfolgreich zu meistern, ist es daher wichtig, sich mit seinen eigenen Einstellungen und Denkmustern auseinanderzusetzen. Eine Studie der Technischen Universität München identifizierte prototypische Denkmuster (= Mindsets) erfolgreicher Übergeber:innen und Übernehmer:innen land- und gartenbaulicher Familienbetriebe.
Welche Eigenschaften führen zum Erfolg bei der Hofübergabe? |
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Vorgänger:innen |
Nachfolger:innen |
| Eine positive Haltung gegenüber der Hofnachfolge | Sie wurden zumeist auf dem Hof sozialisiert, hatten aber Raum und Zeit für die persönliche Entwicklung und das Sammeln von Arbeitserfahrung abseits vom elterlichen Betrieb. |
| Sie engagieren sich, den Betrieb attraktiv und übernahmefähig zu machen | Sie planen Entwicklungen am Betrieb. |
| Sie planen zukünftige Entwicklungen, wie auch den Übergabeprozess, und sind sich hierbei der Situation des Nachfolgers oder der Nachfolgerin bewusst. | Im Nachfolgeprozess sind sie sich den zwischenmenschlichen Aspekten dieser Phase bewusst und schätzen den Austausch mit Familienmitgliedern und Berater:innen. |
| Sie lassen der nachfolgenden Person die Entscheidungsfreiheit bezüglich der Hofübernahme. | Sie zeigen Motivation, den Hof zu übernehmen. |
| Der Austausch von Informationen mit Familie, Beratung und Kolleg*innen spielt eine wichtige Rolle für sie. | Sie engagieren sich auch außerhalb des Betrieb und gehen ihren Hobbies nach. |
| Sie teilen sich die Verantwortung am Hof mit ihrem Nachfolger bzw. ihrer Nachfolgerin. | Sie schätzen die Freiheit, selbst Entscheidungen zu treffen und selbstbestimmt zu handeln. |
| Sie reflektieren vergangene und künftige Entscheidungen. | |
| Sie antizipieren den bevorstehenden Renteneintritt. | |
Eine Alternative für die Suche nach einem Nachfolger oder einer Nachfolgerin kann die Schenkung des Hofes an eine Institution sein, die den Hof im Sinne seines Stifters fortführt. Dass dies gut funktionieren kann, zeigt das Beispiel des Bärenbrunnerhofes. Immer mehr Landwirte beschäftigen sich mit einer derartigen Lösung, auch weil sie merken, wie schwierig und belastend es für die Familie sein kann, den Hof zu verwalten, der unter Umständen nicht mehr von einem Familienmitglied betrieben wird.
| Bin ich Unternehmer:in? |
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Vor Beginn eines Übernahmeprozesses sollten Sie sich selbst ehrlich diese Fragen beantworten:
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Geschäftsplan aufsetzen
Durch einen Geschäftsplan kann der Übernehmende seine Geschäftsidee fokussieren. Oft wird betont, der Plan sei nur bei Finanzierungsbedarf notwendig. Doch er hilft dem Nachfolger bei der Umsetzung seiner Idee, überzeugt Geldgeber und ist nicht zuletzt auch wertvoll, um mit dem Abgebenden eine gemeinsame Grundlage für die finanziellen Aspekte der Übergabe zu entwickeln.
Grundlage für die Kaufpreisfindung ist der ermittelte Unternehmenswert, dabei wird oftmals jedes Teil bis zur einzelnen Schraube bewertet, so als ob man die Einzelteile verkaufen wollte. Doch entscheidend bleibt, ob der Betrieb zukunftsfähig ist – nicht, welchen Wert die einzelnen Bausteine haben.
Hofübergaben scheitern oft an den unterschiedlichen Wahrnehmungen der Ist-Situation und der fehlenden Wertschätzung für das Vergangene. Der Nachfolger oder die Nachfolgerin will den Hof in den nächsten 20 bis 30 Jahren betreiben, da hilft die Vergangenheit nur bedingt. Gleichwohl gilt es, wertschätzend auf das Geleistete zu schauen und aus den Erfahrungswerten des Vorgängers zu schöpfen.
Klare Leitplanken festlegen
Es gibt kein Patentrezept für den passenden Zeitpunkt oder den perfekten Übergabevertrag. Die Hofübernahme muss individuell an die Bedürfnisse und Gegebenheiten des jeweiligen Betriebes angepasst werden. Wichtig ist eine offene und ehrliche Kommunikation in jeder Hinsicht. So können Missverständnisse vermieden und Klarheit geschaffen werden. Im „Loslassen müssen“ und im „Drängen, die eigene Zukunft gestalten zu wollen“ liegen wohl viele Sorgen und Ängste begründet. Das Thema Hofübergabe ist emotional stark belastet, dies gilt es, im Prozess unbedingt zu beachten.
Auch wenn es viele glauben: Am Geld scheitert die Hofübergabe selten. Meist sind es weiche Faktoren und diese sollten frühzeitig bearbeitet werden. So sollten beide Parteien Leitplanken festlegen, innerhalb derer sich der Übergabeprozess bewegen muss.
- Wer hat welche Hausaufgaben zu machen, bevor der Prozess überhaupt beginnen kann?
- Welche Erwartungen gibt es?
- Auf welchen Zeitrahmen wollen sich beide für den Prozess festlegen?
- Welche No-Gos gibt es?
- Was ist nicht verhandelbar?
- Worüber möchte man nicht sprechen?
- Ist die Familie von Anfang an einbezogen?
Ein Hof ist ein sensibles Gut. Vereinbaren Sie Vertraulichkeit und seien Sie verbindlich in Ihren Absprachen. Setzen Sie den Prozess kontinuierlich innerhalb der vereinbarten Leitplanken fort. Seien Sie offen und ehrlich – beide werden nur frustriert sein, wenn auf der Zielgeraden die Übergabe scheitert, nur weil ein vielleicht sogar unbedeutender Punkt nicht ehrlich angesprochen wurde. Dann ist eine erfolgreiche Übergabe nicht garantiert, aber die Grundlagen für diese sind geschaffen.
Alles wichtige für die Vorbereitung und Durchführung Ihrer Hofübergabe, haben wir in unserer Checkliste Hofübergabe zusammengefasst.







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