Geben Sie einen Suchbegriff ein
oder nutzen Sie einen Webcode aus dem Magazin.

Geben Sie einen Begriff oder Webcode ein und klicken Sie auf Suchen.
Agrar-Familie 2018

Vier Betriebszweige, drei Brüder, ein Ziel

Gleich drei Hofnachfolger – damit hatten Rolf und Gerda Weibler bestimmt nicht gerechnet, als sie vor gut 30 Jahren die Entscheidung trafen, ihren landwirtschaftlichen Betrieb für ihren Nachwuchs zukunftsfähiger zu gestalten. Vier Standbeine haben sie inzwischen in Bretzfeld-Siebeneich aufgebaut: eine Landwirtschaft mit Bullenmast, ein Weingut, Bioenergie und Veranstaltungen. Seit 2017 liegt alles in den Händen ihrer drei Söhne. Die Eltern sind dennoch immer tatkräftig mit dabei. 

Veröffentlicht am
/ Artikel kommentieren
Vier Generationen der Familie Weibler leben in Bretzfeld-Siebeneich, wo die Familie bereits seit 400 Jahren Landwirtschaft betreibt.
Vier Generationen der Familie Weibler leben in Bretzfeld-Siebeneich, wo die Familie bereits seit 400 Jahren Landwirtschaft betreibt.Fischer
Artikel teilen:

Das Thema Hofnachfolge birgt viele Gefahren. Mal findet sich kein Nachfolger, mal zu viele und es gibt Streitereien, wer den Hof übernehmen darf. Mal können die Eltern nicht loslassen, mal krempelt der Sprössling alles um und stößt so den Eltern vor den Kopf. Bei Familie Weibler lief das anders. Dabei bietet ihr Fall einiges an Streitpotenzial. Bei Weiblers sind es nämlich gleich drei Hofnachfolger. Und auch die Eltern arbeiten nach wie vor Vollzeit im Betrieb mit. 

Wie alles anfing

Angefangen hat alles Mitte der 1980er Jahre mit der Hochzeit von Gerda und Rolf Weibler. Beide stammen aus Siebeneich bei Bretzfeld und sind selbst auf einem Hof aufgewachsen. Aus zwei kleinen Betrieben wurde damals ein mittelgroßer. Mit Blick auf die Zukunft und den Nachwuchs waren sich beide einig, dass man was ändern muss. „Ein bisschen Bullenmast, etwas Ackerbau und ein paar Trauben abliefern, das ist kein zukunftsfähiger Betrieb.“ Rolf Weibler baute damals schon im kleinen Maßstab Wein für den Eigenverbrauch aus. Darin sah das Paar eine Chance, den Betrieb breiter aufzustellen. Ein Lagerhaus wurde gekauft und zur Kellerei umfunktioniert. Der 1989er Jahrgang war dann der erste eigene Wein. Und wie bekommt man den Wein unter die Leute? Rolf und Gerda Weibler hatten schnell eine Lösung parat: Im September 1990 feierten sie ihr erstes Hoffest. Neben dem eigenen Wein gab es auch Ochs am Spieß. Dafür ist die Familie bis heute weit über Siebeneich hinaus bekannt. Inzwischen feiern Weiblers sieben solcher Feste im Jahr, zudem gibt es Veranstaltungen in ihrer Winzerstube und man kann die mobile Braterei für Feste mieten. Seit dem ersten Hoffest sind die Veranstaltungen vom Grundgedanken her dasselbe. Allein die Örtlichkeit hat sich geändert. 1996 baute die Familie eine neue Festhalle, seit über 20 Jahren finden dort inzwischen die Veranstaltungen statt. Seit der Einweihung der Festhalle im Jahr 1997 läutet das Hallenfest im Februar den Start in die Festsaison ein.

Markenzeichen Ochs am Spieß

Der berühmte Ochs am Spieß kommt aus dem eigenen Mastbetrieb. Es ist zwar eigentlich ein Bulle, das wissen die Kunden aber. „Das hat sich historisch so entwickelt, Ochs am Spieß war einfach der landläufige Begriff“, erläutert der jüngste Sohn Lorenz. Seit 2015 stellt der Ochsenkopf das Logo des Betriebes dar. Selbst vom Hemdkragen des Betriebwirtes Lorenz linst er einem entgegen. „Wir haben überlegt, was unser Alleinstellungsmerkmal ist, so kamen wir auf den Ochsen“, erklärt der 28-Jährige. Ein selbstvermarktendes Weingut, das auch einen viehhaltenden landwirtschaftlichen Betrieb bewirtschaftet - das ist eher selten. Fast 600 Bullen halten Weiblers mittlerweile. Gefüttert wird gentechnikfrei mit Mais und Rapsschrot. Angebaut wird auf rund 50 Hektar hauptsächlich Mais und Weizen. Bei Weiblers ist jeder Tag ein Tag der offenen Tür. Ihnen ist es wichtig, die Öffentlichkeit zu informieren und Transparenz zu schaffen. An 365 Tagen im Jahr steht daher rund um die Uhr der Stall für Besucher offen. 

Gut vernetzt zum Bioenergiedorf

Über Umwege kam die Familie schließlich zu ihrem vierten Standbein. „Eigentlich hat es damit angefangen, dass wir eine neue Heizung brauchten“, erinnert sich Lorenz. Das Haus der Familie wurde damals mit Stückholz beheizt, das war nicht mehr zeitgemäß. Die Wahl fiel auf eine Hackschnitzelheizung. Erst wurden die eigenen Gebäude angeschlossen, dann kam noch ein Nachbar hinzu. Aus einem wurden schnell mehr, inzwischen versorgt die Familie das halbe Dorf über ihr Nahwärmenetz. Als dann der zweite Stall gebaut wurde und die Zahl der Bullen dementsprechend aufgestockt wurde, stand viel mehr Gülle zur Verfügung. Was nun noch fehlte war eine Biogasanlage. Diese bringt eine elektrische Leistung von 380 kW. Ihr kleines Heimatdorf Siebeneich wurde so zum Bioenergiedorf. Der Mais für die Anlage wird komplett von Landwirten aus der Umgebung zugekauft, der Gärrest geht dann wieder zurück. Auch Fotovoltaik­anlagen betreibt die Familie. 2017 haben die drei Söhne Konrad, Christof und Lorenz das Ruder übernommen. Die Eltern Rolf und Gerda arbeiten nach wie vor jeden Tag voll auf dem Betrieb mit. Probleme beim Generationenwechsel gab es nicht. Im Gegenteil, die Eltern freuen sich, bald noch weniger im Betrieb eingespannt zu sein. Auch wichtige Entscheidungen wollen sie nicht mehr tragen. Das ist seit 2017 Aufgabe ihrer Söhne. 

Brüderlich geteilter Betrieb

Auch unter den Brüdern lief die Hofübergabe reibungslos. „Natürlich hat man mal andere Ideen“, erklärt Lorenz. „Aber in den großen Dingen, also wo es mal hingehen soll, welche Investitionen notwendig sind und wie wir uns weiterentwickeln wollen, da sind wir uns grundlegend einig.“ Damit es fair bleibt und um unnötige Selbstverwaltung klein zu halten, ist der gesamte Betrieb zu gleichen Teilen unter den Brüdern aufgeteilt. „Jeder bringt sich nach seinen Möglichkeiten ein. Unterm Strich ist das eine faire Lösung“, erklärt Lorenz. Auch die anderen Familienmitglieder unterstützen tatkräftig: Kinder, Ehefrauen und Großeltern, alle helfen mit. Jeder der Brüder hat seinen eigenen Aufgabenbereich, gemäß der Interessen und Fähigkeiten. „Das wurde aber nicht diskutiert“, betont Lorenz „Das hat sich einfach entwickelt.“ Die Weinkellerei ist inzwischen Konrads Metier. Der Großteil der Weine wird im Stahltank ausgebaut. Spezialitäten gibt es aus dem Holzfass. Die Hauptsorte ist Riesling, gefolgt von Trollinger und Lemberger. Klassisch württembergisch also. Inzwischen gibt es aber auch die ein oder andere neue Sorte in Weiblers Sortiment. Sauvignon blanc, Grauburgunder und Merlot zum Beispiel. Das wird derzeit vom Markt gefordert, erklärt Lorenz. Der größte Teil der Weine gedeiht in der Einzellage „Siebeneicher Himmelreich“. Und die Weine scheinen tatsächlich himmlisch zu sein: im vergangenen Jahr erhielt Weiblers Samtrot Spätlese die Auszeichnung „Der Beste Württemberger 2017“, das Weingut Weibler erhielt den Staatsehrenpreis. 

Man versteht sich ohne Worte

Für Veranstaltungen und Hoffeste ist vor allem Lorenz zuständig. Der 32-jährige Christof kümmert sich um die Landwirtschaft, die Weinberge und die Biogasanlage. „Christof war schon immer der, der draußen war. Er tut sich schwer ins Büro zu sitzen und Papierkram zu machen“, erklärt Lorenz. Zweimal am Tag nach den Tieren oder bei Störungen nach der BGA zu schauen ist hingegen eher nicht Lorenz Fall. Da ist dann Christof gefragt. Und wenns ans Pressen der Trauben geht, ist eben der 34-jährige Konrad an der Reihe. Die Brüder vertrauen einander. Das ist wichtig, denn auf regelmäßige Absprachen und Meetings verzichten sie. Wenn etwas wichtiges ansteht, wie Personalentscheidungen oder größere Investitionen, tauschen sie sich aus. Ansonsten kümmert sich jeder der drei um seinen eigenen Bereich.Dass alle drei Brüder den Hof gemeinsam übernehmen war so zunächst nicht vorgesehen. Vor allem bei Lorenz, dem Jüngsten, sah es lange so aus, als würde er einen anderen Weg einschlagen. Nach seinem Studium der Betriebswirtschaftslehre in der Schweiz und Südafrika arbeitete er zunächst bei einem großen Landmaschinenhersteller. Bei den beiden Älteren war das anders. Konrad kam direkt nach dem Weinbau- und Oenologiestudium in Geisenheim zurück auf den Betrieb. Bereits während seiner Studienzeit hatte er den Weinkeller übernommen. Und Christof legte zwischen seiner Winzerlehre und dem Studium in Weinbetriebswirtschaftslehre noch ein Jahr im Ausland ein. Danach stieg auch er mit in den elterlichen Betrieb ein.Dass sie den elterlichen Betrieb einfach so weiterführen, wie sie ihn übernommen haben ist wenig wahrscheinlich. Die Ideen gehen auch in der nächsten Generation der Familie Weibler nicht aus. Momentan liebäugeln die Brüder damit, eine eigene Schlachterei zu bauen.

0 Kommentare
Was denken Sie? Artikel kommentieren

Zu diesem Artikel liegen noch keine Kommentare vor.
Schreiben Sie den ersten Kommentar.

Artikel kommentieren
Was denken Sie? Artikel kommentieren
Ort ändern

Geben Sie die Postleitzahl Ihres Orts ein.