Hobby zum Sattwerden
Angeln mit Rute und Rolle ist weit mehr als eine Freizeitbeschäftigung: In vielen Regionen der Welt leistet es einen wichtigen Beitrag zur eigenen Ernährung mit Fisch. Das zeigt ein internationales Forschungsteam, darunter Robert Arlinghaus, Professor für Integratives Fischereimanagement am Leibniz-Institut für Gewässerökologie (IGB) und der Humboldt-Universität zu Berlin.
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Silvia Rueß
Rund 280 Millionen Freizeitanglerinnen und -angler entnehmen jährlich mehr als 1,3 Millionen Tonnen Fisch aus Binnengewässern. Damit trägt die Freizeitfischerei erheblich zum Gesamtfang der Binnenfischerei weltweit bei – genauer gesagt werden 11,3 Prozent der offiziell gemeldeten 11,5 Millionen Tonnen Süßwasserfische in der Freizeitfischerei gefangen. In den globalen Fischfangstatistiken tauchen diese Zahlen allerdings nicht auf, da die Freizeitfischerei dort nicht erfasst wird. Dabei ist das Hobbyangeln heute in allen Industrieländern die dominierende Form der Binnenfischerei. Allein in Deutschland entnehmen Anglerinnen und Angler etwa zehnmal mehr Fisch aus Binnengewässern als die Berufsfischerei. Mehr als drei Millionen Personen, die während der Freizeit auf Fischfang gehen, gibt es hierzulande. In der EU angelt jeder Zehnte in der Bevölkerung.
In Deutschland wird viel selbst gefangener Fisch verzehrt
Nach Ländern betrachtet, konsumieren Kanada, Polen und Argentinien pro Angler am meisten Fisch aus Binnengewässern. Auch Deutschland ist mit Platz sechs unter den Top Ten. „Dass Deutschland so weit vorne liegt, hängt zum einen mit der Beliebtheit des Hobbys zusammen. Zum anderen ist in Deutschland die Verwertung der gefangenen Fische vorgeschrieben. Das bedeutet, dass viele Anglerinnen und Angler auch angeln, um den selbst gefangenen Fisch zu verzehren“, erklärt Robert Arlinghaus, von der Humboldt-Universität zu Berlin und dem Leibniz-Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei (IGB), Mitautor der Studie.
Weltweit sind forellenartige Fische wie Bachforelle, Saibling und Lachs und auch Barsche, Zander oder Hechte bei Angler*innen beliebt. In Europa und insbesondere in Deutschland kommen Karpfen und andere karpfenartige Fische (sogenannte Cypriniden), Aale sowie Welse als beliebte Speisefische hinzu. Mit etwa gleichen Anteilen dominieren in Deutschland die Forellen- und Karpfenartigen den anglerischen Fangertrag. Aber auch die Barschartigen wie Zander sind zum Essen beliebt.
Gesamtkonsumwert von zehn Milliarden US-Dollar pro Jahr
Die Forschenden ermittelten auch den Gesamtkonsumwert von Süßwasserfischen, die durch Freizeitfischerei gefangen werden, auf der Grundlage vergleichbarer Angebote zu lokalen Marktpreisen. Dieser betrug weltweit 9,95 Milliarden US-Dollar pro Jahr. Kanada (2,74 Milliarden US-Dollar), China (2,57 Milliarden US-Dollar) und die Vereinigten Staaten (2,38 Milliarden US-Dollar) lagen an der Spitze. In sieben weiteren Ländern, darunter Deutschland, lag der Marktwert der geangelten Fische bei über 100 Millionen US-Dollar pro Jahr. „Das bestätigt unsere früheren Studien für Deutschland, wonach die Freizeitfischerei hierzulande ein wichtiger Wirtschaftsfaktor ist. Die soziale, wirtschaftliche und psychologische Bedeutung des Angelns geht aber über den Marktwert deutlich hinaus. In Deutschland werden über 50.000 Arbeitsplätze vom Angeln unterhalten“, sagt Arlinghaus.
Herausforderung Klimawandel
Auch die Freizeitfischerei steht vor den Herausforderungen des Klimawandels: Je nach Fischart und klimatischen Bedingungen wird die Anpassung unterschiedlich gut gelingen. Die Forscherinnen und Forscher identifizierten Island, Neuseeland, Dänemark und Kenia als die Länder mit der höchsten Klimasensitivität der in der Freizeitfischerei konsumierten Fischarten. Berücksichtigt man zusätzlich, in welchen Ländern besonders viele Fische von Anglern konsumiert werden, zeigt sich, dass neben Kanada auch einige europäische Länder, darunter Deutschland, zu den besonders anfälligen Ländern gehören. Neben dem Klimawandel haben auch andere Umweltveränderungen, wie zum Beispiel der Gewässeraus- und verbau, negative Auswirkungen auf den Fischertrag.
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