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Feldtag Regenerative Landwirtschaft

Den Boden mästen

Am 14. Juni 2017 fanden sich bei strahlendem Sonnenschein über 80 Interessierte auf dem Betrieb von Michael Weber in Gailenkirchen (Landkreis Schwäbisch Hall) ein, um sich über das Thema regenerative Landwirtschaft und biologisch aktive Anbausysteme auszutauschen. Umrahmt von Vogelgezwitscher wurde das Prinzip der regenerativen Landwirtschaft von Dietmar Näser und Friedrich Wenz erklärt.

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die Referenten (v.l.: Friedrich Wenz, Michael Reber, Dietmar Näser)
die Referenten (v.l.: Friedrich Wenz, Michael Reber, Dietmar Näser)Andrea Bauer
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Reber bewirtschaftet auf seinem Betrieb 240 Hektar Ackerland, deren Ertrag großteils für die 2009 in Kooperation mit den Stadtwerken in Betrieb genommenen Biogasanlage verwendet wird. Nach einem Bodenkurs im Jahr 2015 richtet Reber seine Wirtschaftsweise seither auf den Humusaufbau aus.

Die Teilnehmenden bildeten eine heterogene Gruppe: Ob ökologisch oder konventionell, Interessierter oder Profi in der regenerativen Landwirtschaft, jung und alt. Dadurch war die Grundlage für einen breiten Austausch gewährleistet, da jeder aus einem anderen Blickwinkel berichten konnte und auch sehr vielfältige Fragen gestellt wurden.

5 Schritte des Bodenaufbaus

Bei regenerativer Landwirtschaft handelt es sich um einen Prozess aus fünf Schritten, in denen der Boden wieder aufgebaut werden soll.

  1. Bodenchemie in Ordnung bringen/Nährstoffe ins Gleichgewicht bringen
  2. Boden bewachsen halten ► Gründüngung/Zwischenfrucht
  3. Bewuchs durch Flächenrotte dem Bodenleben zuführen
  4. Bodenstoffwechsel stimulieren und steuern ► Rottelenkung
  5. Pflanzen durch Blattspritzungen zur vollen Leistungsfähigkeit bringen

Regenerative Landwirtschaft basiert darauf, dass man langfristig den Boden fruchtbar erhält und für ein ausgewogenes Nährstoffgleichgewicht sorgt. Den Humusaufbau erreicht man durch den Einsatz von Unter- oder Zwischensaaten, die in einer ausgewogenen Mischung aus Leguminosen, Gräsern und Kreuzblütlern angewendet werden. Diese werden vor der nächsten Aussaat als grüne Pflanzen mit der Fräse geschnitten. Diese trägt die oberen 2-3 cm ab und mischt die Pflanzenteile unter. Für den besseren Abbau der Pflanzenteile werden zusätzlich sogenannte Fermente appliziert.

Wichtig ist, dass die Fräse über eine präzise Tiefenführung verfügt, die Heckklappe sollte möglichst offen sein und zum Einspritzen der Fermente empfiehlt sich zusätzlich eine Dosiereinrichtung. Außerdem ist eine hohe Drehzahl von mindestens 300 Umdrehungen nötig und es sollten dünne und scharfe Winkelmesser verwendet werden, um einen flächigen Schnitt zu gewährleisten.

Bewährtes System auch bei Klimaveränderung

Das Ziel ist es, möglichst auf mineralische Düngemittel zu verzichten. Zu den Vorteilen dieser Wirtschaftsweise zählt, dass auch bei schlechten klimatischen Verhältnissen die Kultur vital bleibt. Die Pflanzen weisen eine hohe Standfestigkeit auf und sind stressresistenter, obwohl sie nicht zusätzlich gedüngt werden. Der Boden hat trotz trockener Witterung eine lockere Krümelstruktur und weist keine Risse auf, somit ist auch die Erosion bei einem plötzlichen Starkregen minimiert und die Bodenfeuchtigkeit bleibt erhalten. Auch die Nitratauswaschung wird dadurch reduziert.

Für die Zwischen- oder Untersaat sollte unbedingt eine Mischung verwendet werden, damit das komplette Bodenleben aktiviert werden kann. Ausgewogenes Bodenleben setzt sich jeweils zur Hälfte aus Bakterien und Pilzen zusammen. Diese haben jeweils unterschiedliche Ansprüche an ihre Nahrungsquellen. Genau dieses aktivierte Bodenleben ist das, was man für fruchtbaren Boden benötigt. Nur durch ausreichend Mikroorganismen kann ein schneller Abbau der Pflanzenteile stattfinden. Untersaaten sind besonders dann zu empfehlen, wenn das Zeitfenster bis zur Aussaat der nächsten Hauptkultur sehr eng bemessen ist.

Flinke und hungrige Bodenorganismen

Die Verrottung der Pflanzenteile erfolgt sehr rasch innerhalb von zwei bis drei Wochen. Wichtig ist, dass es sich um grünes Pflanzenmaterial handelt und nicht nur um Strohstoppeln, da vor allem der Pflanzensaft und der darin enthaltene Zucker wichtige Nährstofflieferanten für die Folgekultur sind, da der Zucker sofort verfügbar ist. Die ausgebrachten Fermente enthalten ebenfalls Mikroorganismen, die zusätzlich den Abbau fördern. Diese Fermente sind sehr günstig im Handel erhältlich, durchschnittlich für 1 € pro Liter. Wenn man diese jedoch selbst herstellt, kann man sogar nur auf Kosten von 0,11  € pro Liter kommen.

Zusätzlich werden in der Kultur Vitalisierungsspritzungen vorgenommen, beispielsweise mit Komposttee oder Hornkiesel. Diese führen direkt nach der Ausbringung zu einer gesteigerten Photosyntheserate, was einen zusätzlichen Leistungsschub bedeutet. Somit kann laut Wenz mit minimalem Material- und Kostenaufwand einen großen Effekt erreichen.

Den Effekt einer Flächenrotte kann man gut erkennen, wenn man eine Spatenprobe durchführt. Der Boden weist einen Farbverlauf auf, der von oben nach unten langsam heller wird. Die Wirkung geht also deutlich tiefer als nur die zwei bis drei oberen und bearbeiteten Zentimeter. Als positiver Nebeneffekt zeigt sich, dass Unkräuter nicht mehr auflaufen können. Flächen, auf denen jahrelang ein Ackerfuchsschwanzproblem vorlag, sind plötzlich sauber.

Steigende Pachtpreise als Problem

Problematisch sieht Michael Reber die Anwendung dieses Prinzips auf Pachtflächen, da er auch viele Flächen mit nur Jahresverträgen hat. Wenn man nicht abschätzen kann, wie lange man selbst von dem nutzen profitiert, der ja zu Beginn auch Investitionen zur Herstellung eines Nährstoffsgleichgewichts mit sich bringt. Auch wollen manche Verpächter die Pacht erhöhen, da die Fruchtbarkeit des Bodens schließlich so gut sei. Ein weiteres Problem stellen die Greening-Prämien dar, da man viele Maßnahmen nicht anrechnen lassen kann oder diese mit den vorgegebenen Fristen nicht vereinbar sind.

Michael Reber ist begeistert von der regenerativen Landwirtschaft und will diese zukünftig auf allen Flächen anwenden. Sein Grundwissen dazu hat er im Bodenkurs bei Dietmar Näser und Friedrich Wenz erhalten. Wichtig sei bei dieser Wirtschaftsweise vor allem, dass der Landwirt selbst verstehen muss, wie die einzelnen Abläufe funktionieren. Deswegen gebe es keine standardisierten Anleitungen, weil jeder Betrieb individuell mit seinen Gegebenheiten herausfinden muss, welches Vorgehen für ihn am Besten passt.

Ein ausführlicher Artikel erscheint im Landwirtschaftlichen Wochenblatt, Ausgabe 25/2017.

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