Zeit für Mistelbekämpfung
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„Küssen unterm Mistelzweig und Druidenzauber klingt toll. Doch wer Misteln nicht schnell zu Leibe rückt, hat lange Ärger mit ihnen“, sagt NABU-Fachmann Stefan Bosch. Er ist angesichts des starken Zuwachses der Pflanze alarmiert. „In manchen Gegenden des Landes ist kaum ein Baum mistelfrei.“ Der NABU weist darauf hin, dass es im Saarland und in Rheinland-Pfalz Regionen gibt, in denen die Streuobstbestände bereits aufgegeben werden. „Der Mistelbefall als Folge insbesondere schlechter Baumpflege ist dort massiv. Vereinzelt werden sogar Birnbäume befallen, die bisher als resistent gegenüber der Mistel galten“, so der Sprecher des NABU-Bundesfachausschusses Streuobst, Dr. Markus Rösler.
Leben auf Kosten der Wirtspflanze
„Die im Winter weithin sichtbaren kugelförmigen Pflanzen sehen harmlos aus, entziehen dem Wirt mit ihren Saugwurzeln aber Wasser und Nährstoffe“, erklärt Bosch. Besonders häufig betroffen sind Apfelbäume, aber auch Ebereschen, Pappeln, Weiden, Weißdorn oder Birken. „Der Verlust an Nährstoffen und Wasser schwächt den Baum. Kommen noch Trockenheit oder mangelnde Düngung dazu, können Misteln den Baum so weit schwächen, dass er abstirbt.“
Bosch und Rösler sorgen sich besonders um die alten Hochstämme, die viele Gegenden Baden-Württembergs prägen. „Werden die Baumkronen nicht gepflegt, breitet sich die Mistel über den ganzen Baum aus und kann ihn im Laufe einiger Jahre völlig überwuchern“.
Abschneiden allein reicht nicht aus
Jetzt im späten Winter oder im zeitigen Frühjahr ist ein guter Zeitpunkt, um befallene Obstbäume zu sanieren. „Abschneiden alleine reicht nicht, um die Misteln los zu werden“, warnt Bosch. Äste müssen je nach Art des Befalls komplett entfernt und dabei mindestens 30 bis 50 Zentimeter ins gesunde Holz zurück abgesägt werden. Alternativ kann an der betroffenen Stelle mit einer Kerbe tief ins Holz geschnitten und die Pflanze samt Wurzeln entfernt werden.
Die Wurzeln sind als grüne Stellen im Holz erkennbar. Helfen kann auch, die grünen Büschel mit Beeren zu entfernen, um die Verbreitung der Samen einzuschränken. Nach Angaben von Rösler gibt es bundesweit schlechte Erfahrungen mit der Bekämpfung, wenn sich die Misteln an einem Baum ausgebreitet haben: „Dann kann man nur alle zwei bis drei Jahre die wachsenden Misteln systematisch abschneiden. Es dauert vier Jahre, bis sie Beeren bilden, über die sie weiter vermehrt werden“.
Für die Ausbreitung sorgen insbesondere Vögel wie die Misteldrossel, die die Beeren fressen und den klebrigen Samen ausscheiden, wo sie gerade sitzen. „Die klebrigen Stoffe samt Samen passieren den Magen der Vögel und haften auf den Ästen. Oftmals landen sie an schwer erreichbaren Stellen, hoch oben im Baum, wo sich die Vögel gern aufhalten“, erläutert Bosch. Nach Angaben von Rösler sind über 20 Vogelarten nachgewiesen, die die Mistelsamen verbreiten, darunter Star, Mönchsgrasmücke, Wacholderdrossel und Seidenschwanz. Hinzu kommt das „Abtropfen“ von Samen aus der Krone auf darunter liegende Äste.
Stärkere Verbreitung durch den Klimawandel
Die Klimaerwärmung begünstigt die Ausbreitung der Mistel: Vögel bleiben länger an ihrem Standort, die Wärme begünstigt die Keimung der in den Beeren versteckten Keime und die zunehmenden Trockenperioden stressen den Baum. Etwa ein Jahr nach dem Keimen beginnt die Mistel, den Wirtsbaum „anzuzapfen“. Im Gegensatz zu Vollschmarotzern betreiben sie als Halbschmarotzer selbst Photosynthese.
Ein Mistel-Info-Papier mit zahlreichen Details zu Verbreitung, Ökologie und Bekämpfung der Mistel gibt es unter: www.NABU.de/natur-und-landschaft/landnutzung/streuobst/pflege/21681.html








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