Schneller in den Ertrag
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Bei der Erziehung von Süßkirschen sind derzeit drei Systeme in der Diskussion: die schlanke hohe Spindel, das Drapeau-System mit einer Schrägpflanzung der Bäume im 45 Grad-Winkel und das UFO-System (Upright Fruiting Offshoots), ein aus den USA kommendes Anbausystem, bei dem an einer fast waagrechten Hauptachse die Fruchttriebe senkrecht nach oben wachsen. Eines ist den Anbausystemen gemeinsam: Sie sollen zu möglichst schmalen Fruchtwänden führen, die später einen maschinellen Schnitt in der Fahrgasse sowie eine schnelle Ernte erlauben.
Kurze Zeit bis zum Ertragseintritt
Unterschiede gibt es allerdings in der Zeit vom Pflanzen bis zum Ertragseintritt. Und genau diese Zeitspanne hat Thomas Kininger vom KOB Bavendorf im Blick. „Wir brauchen einen frühen Ertragseintritt, damit die Anlagen mit den hohen Investitionskosten schnell wieder Geld einspielen“, unterstreicht er am Infonachmittag für interessierte Kirschenproduzenten. Dabei wird schnell augenscheinlich, bei welchem System er die größten Chancen für passable Erträge ab dem zweiten Laub sieht: die schlank erzogene Spindel. „Bei entsprechender Baumqualität und guter Nährstoffversorgung erreichen die Bäume im Pflanzjahr nahezu ihre Endhöhe. Im zweiten Laub ist auf der Höhe von einem Meter bereits mit einem fertigen Produktionsvolumen zu rechnen“, betont der Gärtnermeister an der Versuchsanlage mit Kirschbäumen der Sorte Regina, die im Abstand von 3,2 x 1,0 oder 1,2 m gepflanzt wurden, je nachdem welche Gisela-Unterlage verwendet wurde.
Dagegen ist beim Drapeau-System mit dem nötigen weiteren Pflanzabstand mehr Geduld bis zum Ertragseintritt erforderlich. Zudem ist der Formierungsaufwand höher. Vorteilhaft sind die sehr schlanken Reihen, die sich damit erreichen lassen. Noch mehr Zeit zieht beim UFO-System ins Land bis die Ertragsphase erreicht ist. Kininger verweist darauf, dass bei dieser Erziehung im Pflanzjahr am besten alle Triebe entfern werden, da sie uneinheitlich sind. „Wenn im UFO-System erzogen wird, dann nicht mit Knipp-Bäumen, sondern besser mit einjährigen Bäumen“, rät er.
Pinzieren macht fruchtbar
Damit aber die schlanken Spindeln zu lichten Bäumen mit gutem Blütenansatz heranwachsen, kommen altbekannte Techniken wieder zu neuen Ehren: der Pinzierschnitt und das Kerben. Drei Pinzierdurchgänge mit der Heckenschere sind in den Spindelreihen im ersten Jahr erfolgt, um den Blütenansatz zu fördern. Der Erfolg ist sichtbar, denn die Bäume haben in der Ertragszone bis einen Meter Höhe reichlich Blüten hervorgebracht. „Pinzieren macht fruchtbar“, lautet daher das Fazit des KOB-Mitarbeiters. Gleichzeitig wirkt dies bremsend auf das Triebwachstum. Auch bei älteren Bäumen gewinnt Kininger dem Pinzierschnitt eine Reihe von Vorteilen ab. So ist neben einer besseren Abtrocknung weniger Schatten im Baum. Im Bauminneren wird eine bessere Benetzung mit Pflanzenschutzmitteln, beispielsweise gegen Monilia, erreicht. Zudem fühlt sich die Kirschessigfliege in lichteren Bäumen nicht so wohl und – was angesichts des gestiegenen Mindestlohns an Bedeutung gewinnt – schmale und lichte Bäume erleichtern die Ernte. Kininger räumt zwar ein, dass auch das Pinzieren ein extra Arbeitsgang ist, doch müsse die Maßnahme nicht zwingend und nicht in jedem Jahr über das ganze Baumvolumen hinweg erfolgen. Manchmal genüge es, das Wachstum im Kopfbereich zu bremsen.
Wenn bei mangelhaftem Baummaterial Fruchtäste fehlen oder nur einjährige Bäume gepflanzt wurden, kommt das Kerben in Frage. Dazu wird der Trieb über einer Knospe, die austreiben soll, eingeschnitten. Dieser Arbeitsaufwand kann sich lohnen, um die Bäume zum Verzweigen anzuregen.
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