Nun blökt es ganz offiziell
Milchkilos, Fett- und Eiweißkilos, Fett- und Eiweißprozente, am Ende ein Milchwert: Die Ziegenzüchter im Land können demnächst auf offizielle Zuchtwerte für Milchziegenböcke zurückgreifen.
- Veröffentlicht am
Rechtzeitig zu den Ziegenbockmärkten in Pfullingen (23. Juli) und Ingolstadt-Zuchering (26. Juli) werden auf den Internetseiten der Ziegenzuchtverbände in Baden-Württemberg und Bayern sowie der Zuchtwertschätzstelle am Landesamt für Geoinformation und Landentwicklung Baden-Württemberg erstmals offizielle Zuchtwerte für Milchziegenböcke veröffentlicht.
Die gemeinsame Zuchtwertschätzung für Bunte und Weiße Deutsche Edelziegen (BDE, WDE) ist modular aufgebaut, zunächst wurde eine Zuchtwertschätzung für Milchleistungsmerkmale – Milch-kg, Fett-kg, Eiweiß-kg, Fett-Prozent und Eiweiß-Prozent sowie ein zusammenfassender Milchwert – entwickelt. Derzeit entwickelt werden Zuchtwerte für Exterieurmerkmale.
Grundlage hierfür ist die lineare Beschreibung. Neben den Informationen für die auf den Bockmärkten aufgetriebenen Jungböcke sind auf den Gesamtlisten Zuchtwerte aller Ziegenböcke der Rassen BDE und WDE der Geburtsjahrgänge 2004 bis 2014 aufgeführt. So haben die Ziegenzüchter und -halter die Möglichkeit, sich zwischen noch ungeprüften Jungböcken mit recht geringen Sicherheiten der Zuchtwerte und Altböcken mit vielen Nachkommen und damit höheren Sicherheiten bei den Zuchtwerten zu entscheiden. Die Sicherheit des Zuchtwertes gibt Auskunft über dessen Aussagekraft beziehungsweise Zuverlässigkeit. Sie ist abhängig von der Anzahl der für die Zuchtwertschätzung bereit gestellten Informationen. Junge Böcke und ältere Ziegenböcke, die nur in kleinen Betrieben eingesetzt wurden, haben Sicherheiten bei den Zuchtwerten von unter 30 Prozent.
Gentische Anlagen für
bestimmte Merkmale
Böcke, die beim Bocktauschring gezielt in Betrieben in Baden-Württemberg und Bayern eingesetzt wurden, haben jetzt im Alter von drei Jahren Sicherheiten beim Zuchtwert in Höhe von 50 bis 60 Prozent. Die Zuchtwertlisten gibt es in zwei Versionen, einmal sortiert nach dem Bocknamen, einmal sortiert nach dem Milchwert. Der Milchwert fasst die Merkmale Milch-, Fett- und Eiweißmenge in einem Index zusammen, gewichtet entsprechend der wirtschaftlichen Bedeutung. Der Gewichtung zugrunde liegen die Auszahlungspreise einer Molkerei. Inhaltsstoffe und besonders das Eiweiß werden dabei am höchsten gewichtet. In den Bocklisten sind die Ohrmarkennummer der Böcke, der Bockname, das Geburtsjahr des Bockes, Mutter- und Vater-Ohrmarkennummer sowie die Zuchtwerte und ihre Sicherheiten aufgeführt. Der Milchwert wird als Relativzuchtwert ausgegeben, die Zuchtwerte für Milch-kg, Fett- und Eiweiß-kg oder -prozent als Naturalzuchtwerte.
Mit dem Zuchtwert eines Tieres werden seine genetischen Anlagen für bestimmte Merkmale geschätzt und damit sein Vermögen, diese Eigenschaften an Nachkommen weiterzugeben. Ein Zuchtwert kann nur so gut sein, wie die Informationen, die ihm zugrunde liegen. Im Fall der Milchleistungsmerkmale basieren die Zuchtwerte auf den Laktationsleistungen der Töchter, Mütter und sonstigen weiblichen Verwandten eines Bockes. Je mehr Informationen zu einem Merkmal vorliegen, desto zuverlässiger kann der Zuchtwert für das Merkmal geschätzt werden. Ein Maß für die Zuverlässigkeit ist die Sicherheit (Si) eines Zuchtwertes, die in der Regel in Prozent angegeben wird. Sowohl der Zuchtwert eines Tieres als auch die Sicherheit des Zuchtwertes sind populationsspezifisch.
Zuchtwerte können auf zwei Arten dargestellt werden: Naturalzuchtwerte geben in Naturaleinheiten, wie zum Beispiel kg-Milch, kg-Fett, an, welches genetische Potential ein Bock oder eine Ziege an ihre Nachkommen weitergeben können. Die Zuchtwerte beziehen sich auf die bei Ziegen übliche Standardlänge einer Laktation von 240 Tagen. Ein Beispiel: Ein Bock hat einen Zuchtwert von plus 120 kg Milch, das bedeutet auf einen Tag berechnet plus 500 g Milch. Wenn eine Ziege einen Zuchtwert von plus 48 kg Milch (plus 200 g Milch pro Tag) hat, ergibt sich für eine aus dieser Anpaarung entstehende Tochter ein theoretisch zu erwartendes überdurchschnittliches Leistungspotential von plus 350 g Milch pro Tag beziehungsweise plus 84 kg Milch in 240 Tagen. Das ist der Mittelwert des Zuchtwertes von Vater und Mutter, da in der Theorie jeweils die Hälfte der Erbanlagen von Vater und Mutter stammt. Die Zuchtwerte beziehen sich immer auf die durchschnittliche Leistung in der Population, das heißt, es ist zu erwarten, dass der Nachkomme 350 g mehr Milch pro Tag gibt, als ein vergleichbares durchschnittliches Tier der Population. Relativzuchtwerte werden auf einer gleitenden Basis ausgewiesen.
Zurzeit bilden alle Böcke und Ziege (Voraussetzung: Sicherheit größer 60 Prozent beziehungsweise größer 50 Prozent bei BDE beziehungsweise WDE) der Jahrgänge 2003 bis 2010 die Basis. Die Relativzuchtwerte dieser Tiere werden auf einen Durchschnitt von 100 Punkten eingestellt. Die Basis wird bei jeder Zuchtwertschätzung, das heißt künftig einmal jährlich im April, durch die Hineinnahme jüngerer Tiere und die Nichtberücksichtigung der ältesten Tiere bei der Berechnung angeglichen. Die Streuung der Relativzuchtwerte beträgt bei Ziegen 20 Punkte. Tiere, die besser sind als die Basis, haben einen Zuchtwert über 100, während Tiere, die schlechter sind, einen Zuchtwert unter 100 Punkten bekommen. Zuchtwerte sind in der deutschen Ziegenzüchtung ein völlig neues Instrumentarium.
Die Milchziegenzüchter in Baden-Württemberg und Bayern können ihre Zuchttiere nun gezielter aussuchen und Zuchtfortschritte bei ihren Tieren schneller erreichen. Um trotz der teilweise ungünstigen, da kleinen und genetisch gesehen wenig vernetzen Strukturen Zuchtfortschritte zu erreichen, sollten die Zuchtwerte in den Zuchtprogrammen für die gezielte Selektion und Anpaarung von Elterntieren genutzt und deren Nachkommen entsprechend getestet werden. Die Zuchtwertschätzstellen am Landesamt für Geoinformation und Landentwicklung und der Bayerischen Landesanstalt für Landwirtschaft arbeiten auch künftig daran, die Zuchtwertschätzung weiter zu entwickeln und um zusätzliche Merkmale, besonders der Gesundheit und Robustheit, zu erweitern, um dem Zuchtziel „Hohe Milchlebensleistung bei guten Inhaltsstoffen“ näher zu kommen.
Zu diesem Artikel liegen noch keine Kommentare vor.
Artikel kommentierenSchreiben Sie den ersten Kommentar.