Regional erzeugtes Fleisch im Aufwind
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Rechnet sich der Einstieg in die Bio-Premiumerzeugung, wenn jetzt immer mehr Schweinehalter versuchen, auf diesen Produktionszweig aufzuspringen?“ Schließlich kosten Aufzucht und Mast von Bioferkeln und Bioschweinen erheblich mehr Geld. „Wann ist der Markt für Bio-Schweinefleisch gesättigt?“ Und: „Welche Perspektiven gibt es für konventionelle Ferkelerzeuger und Mäster?“ Die gut 30 Zuhörer beim jüngsten BWagrar-Online-Seminar werfen Fragen auf. Fragen, die derzeit viele Schweinehalter bewegen, wie Hansjörg Schrade, der Leiter des Bildungs- und Wissenszentrums für Schweinehaltung und Schweinezucht (LSZ) den Online-Seminar-Teilnehmern bescheinigte und auf die es erwartungsgemäß keine einfachen Antworten gibt.
Wer in einen Stall investiert, macht Schrade in der Diskussion im Chat deutlich, investiert über einen Zeitraum von 20 bis 30 Jahren Geld. Ob und wie sich das Stallbauvorhaben schließlich rechnet, ist demzufolge schwer voraus zu sagen, zumal sich die Bio-Schweinefleischerzeugung und weitere Programme mit höheren Standards derzeit auf einem Niveau von gerade mal einem Prozent befinden. 99 Prozent der Ferkelerzeuger und Mäster halten ihre Tiere nach wie vor konventionell. Das heißt, diese Betriebe produzieren Ferkel und Mastschweine kostenorientiert über Größenwachstum und setzen dabei die gesetzlichen Mindeststandards beim Tierschutz um.
Unterdessen gibt es von Seiten des Lebensmitteleinzelhandels (LEH) forcierte Bemühungen, das Segment Biofleisch auszubauen. Der Umsatz mit Öko-Lebensmitteln im Handel wächst im zweistelligen Bereich, während die Produktion auf den Betrieben nur sehr mäßig zunimmt.
„Die regionale Schweinehaltung wird sich künftig neu ausrichten“, ist Schrade überzeugt, der nicht verhehlt, dass der LEH die höheren Kosten für Schweinefleisch mit höheren Standards derzeit nicht voll ausgleicht.
Umso wichtiger sei die staatliche Unterstützung durch das Agrarinvestitionsförderprogramm (AFP) und die FAKT-Förderung des Stuttgarter Agrarministeriums. Der Grund: Die alternativen Produktionsweisen für Ferkel und Mastschweine orientieren sich an höheren Tierschutzstandards und einer GVO-freien Fütterung. Die Umstellung auf alternative Schweinehaltung ist deshalb aufwändig und kostenintensiv. So können Betriebe, nachdem sie vertragliche Bindungen mit dem LEH eingegangen sind und die entsprechenden Richtlinien einhalten, ihre Schweine über diese Programme vermarkten.
Mehrstufiges Label für alternativ erzeugtes Fleisch
Die Tierzahl je Hektar landwirtschaftliche Nutzfläche (LN) ist auf Öko-Schweinebetrieben begrenzt. Tageslicht, natürliche Belüftung und ein ständiger Auslauf für Sauen, Ferkel und Mastschweine sind Grundvoraussetzung genauso wie eine trockene und eingestreute Liegefläche. Für das Label der „Premium“-Stufe des Deutschen Tierschutzbundes, Grundlage des Hofglück-Programmes, sind pro Schwein 1,5 Quadratmeter Platz vorgeschrieben (1,0 Quadratmeter im Stall, 0,5 Quadratmeter im Auslauf) sowie planbefestigte Liegeflächen, die mit Langstroh eingestreut werden müssen.
Beim Tierschutzlabel der „Einstiegs“-Stufe sind es pro Mastschwein 1,1 Quadratmeter Platz sowie planbefestigte Flächen (drei Prozent Drainageanteil) mit Minimaleinstreu. Alternativ können Gummimatten verwendet werden. Zur Beschäftigung der Tiere genügen beim Tierschutzlabel in der „Einstiegs“-Stufe Beschäftigungsautomaten mit Stroh oder anderweitig geeignete Materialien.
Die höheren Standards haben ihren Preis: Der kostendeckende Nettopreis für ein 30 Kilogramm schweres Premium-Ferkel liegt nach Auswertungen von Praxisdaten und Kalkulationen aus dem Wirtschaftsjahr 2013/14 bei 98 Euro. In der konventionellen Erzeugung sind es 67 Euro pro Ferkel. Legt man noch eine Schippe drauf und erzeugt Ferkel nach den Vorgaben der EU-Ökoverordnung sind es pro Jungtier 139 Euro. Bei einem Mastschwein in der „Premium“-Stufe sind es 2,54 Euro pro Kilogramm Schlachtgewicht (95 kg). Der kostendeckende Nettopreis beim EU-Ökosiegel liegt bei 3,92 Euro pro Kilogramm Schlachtgewicht. Im Vergleich dazu sind es bei konventionell erzeugten Schweinen 1,78 Euro pro Kilogramm Schlachtgewicht.
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