Pioniere für simulierte Kälber-Geburten
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Die Antworten auf die Fragen nach der richtigen Geburtshilfe lernen die Auszubildenden im Beruf Landwirt im Rahmen der überbetrieblichen Ausbildung am LAZBW in Aulendorf. Pro Jahr absolvieren über 400 Azubis und 250 Fachschüler die überbetriebliche Ausbildung am Landwirtschaftlichen Zentrum. Die dortigen Experten erklären dem Nachwuchs auf den Betrieben, wie eine Geburt natürlicherweise abläuft, damit die Auszubildenden künftig wiessen, wann sie gegebenenfalls eingreifen müssen.
Zudem gibt es für den Berufsnachwuchs Informationen über die möglichen Hilfsmittel und die Probleme, die entstehen, wenn das Kalb im Muttertier falsch liegt. Selbst wenn bisher während des Unterrichts eine Kuh mit Geburtsproblemen kalbte, konnten die Teilnehmer nur zusehen, da in solch einem Fall die Tierwirtsmeister am LAZBW Hand angelegt haben. Mit der Investition in den Geburtshilfesimulator ändert sich das in Zukunft.
Auf Anregung von Ausbildungsleiterin Dr. Anita Herre suchten die Mitarbeiter am LAZBW nach einem Weg, besonders den Anforderungen der Ausbildung und des Tierschutzes gerecht zu werden. Nach umfangreichen Recherchen sei bald klar gewesen, erläutert Dr. Herre an diesem sonnigen Augusttag, dass nur ein in Frage kommendes Modell auf dem Markt zu haben sei. "Wir mussten unsere Fühler bis nach Kanada ausstrecken und sind dort fündig geworden", erläutert sie. "Uns war wichtig, die Sache für unsere Auszubildenden im wahrsten Sinne des Wortes begreifbar zu machen, denn praktische Übungen tragen mehr als alles anderes zu einem guten Verständnis bei. DIe Geburt ist der Dreh- und Angelpunkt, um die Kuh gut in die Laktation zu bringen und gesunde Kälber aufzuziehen. Deshalb ist hier solides Wissen besonders entscheidend", macht Herre deutlich.
Eine "Kuh" und zwei "Kälber" umfasst der Simulator, an dem die geburtshilflichen Übungen durchgeführt werden. Auch wenn die künstliche Kuh nicht das Gewicht ihrer Kolleginnen im Stall erreicht, das Plastikkalb wiegt so viel wie ein neugeborenes Rind und kann seine Gelenke und Gliedmaßen nur so bewegen wie es bei einem echten Kalb der Fall wäre. Das, so Herre, trage zusätzlich zu einer möglichst realistischen Darstellung bei.
Das Modell sieht auf den ersten Blick wie eine lebensechte Deko-Kuh aus, aber wie so oft sind es die inneren Werte, die zählen. Auf dem Rücken der Kuh befindet sich ein Deckel, der entfernt werden kann, um anschließend ein lebensgroßes Modellkalb in eine dafür vorgesehene Plastikhülle (die die Gebärmutter darstellt) zu legen. Der Plastikbeutel liegt im Bauchraum, führt durch das Becken (Hartkunststoff) und endet an der Hinterseite der Kuh mit einem Schambereich aus Silikon. Dadurch können unterschiedliche Lagen, Haltungen und Stellungen des Kalbes im Mutterleib simuliert werden, um sie anschließend fachgerecht zu korrigieren beziehungsweise Situationen erkannt werden, die unbedingt eines Tierarztes bedürfen. Dies könne ohne Risiko für Kuh und Kalb, mit Zeit zum Nachfragen, der Gelegenheit, die Dinge selbst zu begreifen, der Möglichkeit, selbst Produktionskorrekturen durchzuführen und deshalb ohne Stress und einem unnötigen Risiko für Mensch und Tier durchgeführt werden.
Nach der Pilotphase der Einführung wird die Unterrichtseinheit "Geburtsablauf und -hilfe" im kommenden Lehrgangsjahr in den Stundenplan mit aufgenommen. Der maßgeschneiderte Geburtshilfesimulator kostete laut Angaben von Franz Schweizer, LAZBW-Direktor, rund 35.000 Euro.
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