Mehr Beratung, weniger Rezeptblock
Antibiotikaresistente Krankheitserreger werden weltweit mit zunehmender Besorgnis betrachtet. Nicht ohne Grund: Sie können für Menschen und Tiere gefährlich werden. Daher ist ein verantwortungsbewusster Umgang mit antibiotischen Wirkstoffen entscheidend. Vor kurzem fand hierzu in Vechta (Niedersachsen) ein wissenschaftliches Symposium statt. Mehr als 220 Teilnehmende aus Veterinärmedizin und Humanmedizin diskutierten, wie die Antibiotikaresistenzsituation künftig weiter verbessert werden kann.
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In seinem Einführungsvortrag zitierte Prof. Dr. Thomas Blaha, Stiftung Tierärztliche Hochschule Hannover, Schätzungen der UN, dass ohne wirkungsvolle Konzepte ab 2050 mehr als zehn Millionen Menschen im Jahr weltweit an resistenten Keimen sterben könnten, wenn keine Gegenmaßnahmen ergriffen werden. Er forderte daher, dass neben einer verbesserten Zusammenarbeit zwischen Human- und Veterinärmedizin auch ein gesamtgesellschaftliches Verständnis für den verantwortungsvollen Umgang mit den für die Menschheit so wertvollen Antibiotika zu schaffen sei.
Dies bekräftigte der Präsident des niedersächsischen Landesamts für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (LAVES), Prof. Dr. Eberhard Haunhorst: „Jeder Einsatz von Antibiotika in der Human- und Veterinärmedizin kann die unerwünschte Resistenzentwicklung gegen Antibiotika fördern. Die Bekämpfung von Antibiotikaresistenzen ist daher eine gemeinsame, wichtige Aufgabe der Human- und Veterinärmedizin – dies spiegelt sich im One-Health-Ansatz wider.“
Der One-Health-Ansatz wurde auf der Tagung angeregt diskutiert, weil er die Gesundheit von Mensch, Tier und Umwelt fachübergreifend in den Blick nimmt. Dr. Matthias Pulz, Präsident des Niedersächsischen Landesgesundheitsamts (NLGA), erklärte: „Der One-Health-Ansatz soll die Zusammenarbeit unterschiedlicher Fachrichtungen stärken und dabei Aktivitäten im jeweiligen Verantwortungsbereich befördern“. Mit der gemeinsamen niedersächsischen Strategie gegen Antibiotikaresistenz werde beispielsweise genau dieser Ansatz verfolgt, so Pulz.
Erste Erfolge bei der Bekämpfung resistenter Keime sind bereits sichtbar. In der Tierhaltung hat sich die Gesamtmenge der an Tierärzte abgegebenen Antibiotika seit 2011 etwa halbiert. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer waren sich jedoch einig, dass weitere Anstrengungen notwendig seien. Auch in den Krankenhäusern. In seinem Vortrag über Hygiene im Krankenhaus machte Dr.med. Ron Hendrix, Medizinisches Zentrum der Universität Groningen, anschaulich, dass eine verbesserte Resistenzüberwachung nicht nur dabei helfe, Resistenzen zu minimieren, sondern auch Kosten zu einzusparen. Aufwändige Behandlungen und eine isolierte Unterbringung betroffener Patientinnen und Patienten in den Krankenhäusern könnten beispielsweise gesenkt werden.
Die Geschäftsführerin der neuen, in Vechta ansässigen Koordinierungsstelle „Transformationswissenschaften in agrarischen Intensivregionen im Nordwesten Niedersachsen“, Dr. Barbara Grabkowsky, freute sich über die rege Teilnahme und unterstrich: „Jetzt gilt es, diesen Schwung und das Interesse aller Disziplinen an diesem wichtigen Thema aufzugreifen. Wir wollen auf den Ergebnissen der Tagung aufbauen und praxistaugliche Konzepte mit Wirtschaft und Wissenschaft erforschen. Wir brauchen mehr Beratung, einen gezielten und verantwortungsbewussten Umgang in der Antiinfektivatherapie bei Mensch und Tier und weniger den schnellen Griff zum Rezeptblock.“
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