Es muss wieder sachlich diskutiert werden
Zahlreiche Abgeordnete sind der Einladung des Kreisbauernverbands (KBV) auf die Betriebe der Familien Meier (Stutensee-Staffort) und Gretz (Walzbachtal) gefolgt. Die Politiker sollen die Anliegen der Landwirte in die neu gewählten politischen Gremien hineintragen.
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„Ist der Mai kühl und nass, füllt er Scheuer und auch Fass.“ Eine alte Bauernregel, die hoffentlich in diesem Jahr zutrifft, so Werner Kunz, Vorsitzender des KBV Karlsruhe. Für Ackerbauern kam der Regen vergangene Woche gerade noch rechtzeitig. Für Familie Meier, einer der Gastgeberbetriebe, denkbar ungünstig. Hat sich doch genau jetzt der Beginn der Erdbeersaison angekündigt.
Regen - Fluch und Segen zugleich
Zwei Tage keine Ernte, dazu noch zahlreihe geplatzte und mit Wasser vollgesogene Früchte. Zusätzliche Arbeit, kein finanzieller Ertrag. Ein Folientunnel hätte den Schaden an den Frühjahrsfrüchten abwenden können. Doch was würden die Kunden sagen, wenn die Pflanzen unter Folie stehen? Petra Meier, Betriebsleiterin, hat sich ein Fachwissen zum Thema „Einsatz von Folien in der Landwirtschaft“ aufgebaut. Vorteile für den Erzeuger, Kritik vom Verbraucher. Die Kommunikation muss verbessert werden. „Verständnis kann geschaffen werden durch Aufklärung“, ist sich die engagierte Bäuerin sicher. Die Kunden fragen vermehrt frühe Ware an, sind immer seltener dazu bereit auf den Erntebeginn zu warten. Lange wird der Betrieb wahrscheinlich nicht mehr auf den Folieneinsatz verzichten können. Um die Nachfrage bedienen zu können, wird zu Saisonbeginn beispielsweise Spargel von pfälzischen Berufskollegen zugekauft. Natürlich mit der entsprechenden Kennzeichnung.
Gleiches gilt auch für den Erntezeitraum. Sollen die süßen Früchtchen nicht nur für zwei Wochen verfügbar sein, wie es die Natur vorsieht. Nur durch Fließ- und Strohverspätung gelingt es dem Sonderkulturanbauer die Saison bis in den Juli hinein zu verlängern. Das ist auch wichtig, damit sich die Erntehelfer aus Rumänien auf den 2500 km langen Weg machen. Maiers zahlen den vorgeschriebenen Stundenlohn - das ist attraktiv für die Helfer. Erste Betriebe haben nach der Erhöhung des Mindestlohns bereits die Konditionen verschärft: von Akkordlohn ist immer wieder zu hören. „Die Agrarbranche muss bei der nächsten Anpassung des Mindestlohns ausgenommen werden“, so die Betriebsleiter zu den Abgeordneten. „Setzen Sie sich bitte dafür ein! Wir sind sonst nicht länger konkurrenzfähig.“
Konsenz statt Fingerzeig
Dass es bei den Meiers rund läuft, ist der knallharten Kalkulation zu verdanken. So hat sich der Betrieb vor einigen Jahren dazu entschlossen, die Sonderkulturen nur noch für die Vermarktung über den Hofladen anzubauen. „Wir wollten uns die Preise nicht länger vom Handel diktieren lassen“, so Betriebsleiter Thomas Meier. Die Preise für Kartoffeln, Spargel und Erdbeeren im Hofladen werden von Meiers selbst kalkuliert. Im direkten Kundenkontakt kann man viel Aufklärungsarbeit leisten.
Düngung und Pflanzenschutz diskutierten die Abgeordneten im vergangen Jahr ausführlich. Kunz will diese Diskussion nicht wieder aufwärmen. Doch ihn bewegt eines: Wie kann es in einem Bundesland, dass bei Arten- und Naturschutz führend ist, zu einem Volksentscheid kommen? Die Forderungen, die im bayerischen Gesetzesentwurf gestellt werden, werden hierzulande bereits zu 80 Prozent umgesetzt. Die Ökoszene traut sich derzeit alles, so Kunz. So wird nun beispielsweise versucht, die Landwirtschaft in neue Produktionsformen zu drängen.
Planbarkeit muss gegeben sein
Seine Kollegen und er sorgen sich um den notwendigen Berufsnachwuchs und fordern, sachlich und auf wissenschaftlicher Basis zu diskutieren. Glyphosat sei nicht für den Verlust an Biodiversität verantwortlich. Der Kraichgau gehört zu den fruchtbarsten Regionen in Mitteleuropa. Der Zielertrag im Getreidebau liegt bei acht Tonnen je Hektar. Vor 40 Jahren waren es noch sechs Tonnen. „Uns treibt die Sorge um, im Ackerbau in Zwangsextensivierung getrieben zu werden“, bekennt Kunz. „Der konventionelle Ackerbau darf nicht abgewürgt werden.“ Die Nachfrage am Markt muss die Anbaumethode – konventionell oder ökologisch - bestimmen, nicht der Staat. Im Kraichgau und Nordbaden dominieren spezialisierte Ackerbaubetriebe. Deshalb ist in dieser vieharmen Region die Zufuhr organischer Düngemittel eine der großen Herausforderungen für die Öko-Umstellung im Ackerbau. Zudem sind in Hackkulturen die Erosionsgefahr und der Arbeitskräftebedarf höher. Die Rückkehr zu kleinen Schlaggrößen ist aus arbeitswirtschaftlichen Gründen auch nicht gewollt. Wir benötigen sinnvolle Produktionsflächen, nicht zu klein strukturiert, dafür sind wir auch gerne bereit Blühstreifen als Ausgleich anzulegen. Die anwesenden Junglandwirte stellen eine klare Forderung an die Politiker: Wir brauchen Rahmenbedingungen, die uns auch für die Zukunft eine konventionelle Wirtschaftsweise garantieren. Wir wollen am Weltmarkt teilhaben, uns dem globalen Agrarhandel stellen. Dafür müssen aber die Rahmenbedingungen kalkulierbar sein. Zuverlässigkeit ist notwendig.
Gesellschaft will uns so nicht mehr haben
„Wir können nicht entgegen dem Verbraucherwillen produzieren“, so Klaus-Heinz Gretz, der seinen Betrieb zusammen mit Sohn Leonhard bewirtschaftet. Wir wollen uns nicht vorwerfen lassen uns den Anforderungen der Gesellschaft zu verschließen. So wurde der Betrieb im vergangenen Juli, pünktlich zum neuen Wirtschaftsjahr, geteilt. Die eine Hälfte der Ackerfläche sowie die Schweinehaltung für die Direktvermarktung werden konventionell betrieben, die andere Hälfte der Ackerfläche wird nun ökologisch bewirtschaftet. „Wir hacken und pflügen, obwohl das nicht den Bodenansprüchen entspricht“, so der Betriebsnachfolger. Für ihn keine leichte Entscheidung, da aktuell auch noch schlechte Preise für die Umstellerware zu erwarten sind. Keine Entlohnung der Mehrarbeit. Die ersten Investitionen sind getätigt, ein Striegel, der sich für beide Wirtschaftsweisen einsetzen lässt, gekauft. „Wir machen das jetzt fünf Jahre und schauen dann, was der Verbraucher will und honoriert.“ Danach geht es entweder konventionell oder ökologisch weiter. „Bio ist eine Herausforderung, der wir uns stellen“, so Klaus-Heinz Gretz und fordert von den anwesenden Abgeordneten: „Aber auch die Politik muss dazu stehen!“ Die Türen und Felder stehen auf den landwirtschaftlichen Betrieben jederzeit offen, für Verbraucher aber auch für Abgeordnete, die über die Rahmendbedingungen der Landwirtschaft entscheiden. Am Schluss sind sich alle einig: Es darf nicht dazu kommen, dass die (bäuerliche) Landwirtschaft stirbt. Eine Plattform für sachliche Diskussionen und Meinungsaustausch muss geschaffen werden.














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