Geben Sie einen Suchbegriff ein
oder nutzen Sie einen Webcode aus dem Magazin.

Geben Sie einen Begriff oder Webcode ein und klicken Sie auf Suchen.
Bauerntag des Bauernverbands Schwäbisch Hall-Hohenlohe-Rems

Mehr Zauderer als Macher

Beim diesjährigen Bauerntag des Bauernverbandes Schwäbisch Hall-Hohenlohe-Rems sorgte neben der Band „Swing to go“ vor allem der lebhafte und launige Vortrag des Gastredners Prof. Bernd Nolte für frischen Schwung.
Veröffentlicht am
/ Artikel kommentieren
Vorsitzender Jürgen Maurer, LBV-Vizepräsident Klaus Mugele, Gastredner Prof. Bernd Nolte und Landrat Dr. Matthias Neth (v. l.) folgen beim Bauerntag dem Bericht von Geschäftsführer Helmut Bleher.
Vorsitzender Jürgen Maurer, LBV-Vizepräsident Klaus Mugele, Gastredner Prof. Bernd Nolte und Landrat Dr. Matthias Neth (v. l.) folgen beim Bauerntag dem Bericht von Geschäftsführer Helmut Bleher. Bernauer
Artikel teilen:

Der mehrfach ausgezeichnete Wirtschaftswissenschaftler und Chef der Beratungsfirma 4P unterrichtet als Hochschullehrer auch an der Steinbeis University Berlin. Der gebürtige Schwabe vermisst in unserer Wohlstandsgesellschaft den Mut der Nachkriegsgeneration. Sie baute das Land wieder auf unter dem Motto: „Schaffa net schwätza“, das sich heute mitunter umgekehrt habe: „Schwätza net schaffa.“ Es gibt inzwischen mehr „Zauderer und Unterlasser als Unternehmer“, befürchtet Nolte. Mit seinem Blick auf die Landwirtschaft von außen zeigte der redegewandte Wettbewerbsökonom auf, wie die Landwirte unter den gesellschaftlichen Einflüssen und Stimmungen wettbewerbsfähig bleiben.

Dem Veranstalter rät er dringend, das Projekt „Klassenzimmer Bauernhof“ auszuweiten, um Schüler und Jugendliche zu integrieren. Denn in der arbeitsteiligen Wohlstandsgesellschaft fehlt den Menschen jeglicher Bezug zur Landwirtschaft. „Sie werden zu Spezialisten, die vom immer weniger immer mehr wissen“, sagt Nolte.

Wettbewerbsökonomen kennen keine Wünsche und Hoffnung. Der Rückgang der Betriebszahlen sei ein Merkmal des Wettbewerbs, der nur Gewinner und Verlierer kennt. Für die Preisgestaltung stellt sich die Frage nach der passenden Strategie: Große Mengen zu kleinen Preisen oder kleine Mengen zu hohen Preisen verkaufen?

Die Vielzahl stabilitätsorientierter Menschen ist dem Ökonomen zu hoch. „Wir haben immer mehr Jammerer und Bedauerer, was Nolte auf eine gewisse Sattheit zurückführt. Eine Gesellschaft, in welcher der Wettbewerb härter, die Regulierung nicht „spaßiger“ und die Politik nicht „gescheiter“ wird, brauche mehr „Angreifer“, die offen für Neues und kreativ sind.

Neue Wege gehen

In dieser Situation müssen auch Landwirte neue Wege gehen. Nolte forderte sie auf, Vertrieb und Vermarktung zu lernen und sich zusammenzuschließen. Dem Verbraucher müsse der Weg der Produkte vom Acker zum Teller aufgezeigt werden. Zur Kunst der Selbstvermarktung gehört, positive Bilder zu transportieren und sich mit Qualität von anderen Angeboten abzugrenzen. Denn Qualität und Kommunikation werden als Merkmale im Wettbewerb immer wichtiger. Für Agrarprodukte, die Geschmack und andere Sinne ansprechen, ist dies leichter zu vermitteln als für andere Erzeugnisse, weiß Nolte. Im Kampf um Marktanteile ermuntert er die Bauern in der Werbung frecher zu werden. „Friedlich und höflich endet meist friedhöflich.“ Am Beispiel unkonventioneller Marketingideen zeigte er auf, wie es manchen Herstellern gelingt, sich von der Konkurrenz abzusetzen und dabei noch höhere Preise durchzusetzen. Er forderte die Landwirte auf, mutig die Veränderungen der Welt anzunehmen und sich nicht auf die Befreiung durch andere zu verlassen.

Landwirtschaft kein Spielball der Gesellschaft

Die Bauern und Bäuerinnen machen jeden Tag einen guten und nachhaltigen Job, darf nach erklärt Bauernverbandschef Jürgen Maurer. Deshalb sei es unabdingbar, „mit uns und nicht nur über uns zu reden“. Die Landwirtschaft steht von Herausforderungen und Spannungsfeldern von noch nie bekanntem Ausmaß. Die Lösung der ihr zugewiesenen Aufgaben werde nicht gelingen, wenn die Landwirtschaft zum Spielball von Politik, Nicht-Regierungsorganisationen (NGOs) und einer übersatten Gesellschaft wird, warnt Maurer.

Vielmehr müssen die Veränderungen in der Landwirtschaft überzeugen und dürfen trotz aller Ökologisierung die ökonomischen Aspekte nicht außer Acht lassen. Das hätte den Ruin vieler Betriebe zur Folge. Einseitige Schuldzuweisungen lösen kein einziges Problem. Die Landwirte allein können Klima, Biodiversität und die Arten nicht retten. Ohne den eigenen Anteil an den Problemen in Abrede stellen zu wollen, sieht Maurer die Landwirtschaft vielmehr als Teil der Lösung.

Bei den gesellschaftlichen Ansprüchen an die Landwirtschaft verortet Mauerer die Bauernfamilien zwischen Wunsch und Wirklichkeit, Ansprüchen und Realität, Antrags- und Ordnungsrecht und zwischen Umsetzbarkeit und Frust. Dies seien die Gründe, warum die Bauern auf die Straße gehen. „Ihnen geht Einkommen durch zu hohe Auflagen verloren.“

Erstmals fand der Bauerntag im Carmen-Würth-Forum statt. Per Videobotschaft hieß Unternehmer Reinhold Würth die rund 400 Bauerntagbesucher willkommen. Er erinnert sich sehr gerne an die Aufenthalte auf dem Bauernhof seines Großvaters in Ilsfeld. Er zeigte sich mit den Sorgen und Problemen der Landwirte vertraut, deren Arbeit er sehr schätzt. Umso verwunderter zeigte er sich über die niedrigen Lebensmittelpreise in Deutschland und dass politische Grenzen wie zur Schweiz zu solch großen Unterschieden führen können.

Gegenseitige Annäherung

Im Gegenzug zu Jürgen Maurers Auftritt auf dem Bauerntag der Bäuerlichen Erzeugergemeinschaft Schwäbisch Hall (BESH) kam BESH-Chef Rudolf Bühler beim Verbands-Bauerntag zu Wort. Wie er betonte, hat die BESH mit seinen 1500 Mitgliedsbetrieben, von denen 480 Biobetriebe sind, die Ziele des Eckpunktepapiers bereits erreicht. Die Wertschöpfungskette sei hier komplett in bäuerlicher Hand. Für Bühler der Grund dafür, dass „unsere Auszahlungspreise die höchsten in ganz Deutschland sind“.

Kreis hat Flächenerhalt zum Ziel

In seinem Grußwort erinnerte Landrat Dr. Matthias Neth daran, dass Hohenlohe Bauernland war und ist. Man sei Heimat der Weltmarkführer, weil die Unternehmen hier auf die Arbeitskräfte aus der Landwirtschaft zurückgreifen konnten. Am Beispiel des notwendigen Ausbaus der Autobahn A6, die den Verlust von 100 ha bestem Ackerland bedeuten, verdeutlichte Neth auch die sich ergebende Konflikte, wenn man zugleich starkes Gewerbe haben und Bauernland sein will. Deshalb gehöre der Erhalt landwirtschaftlicher Flächen zu den strategischen Zielen des Landkreises, versicherte der Landrat den Bauern. Sie fordern und verdienen nach seinen Worten zu Recht mehr Wertschätzung für ihre Arbeit. Diese werde durch immer höhere Auflagen nicht zwingend erleichtert. Daraus folgt nicht zuletzt die jüngste Zeitenwende im Hohenlohekreis: Erstmals wurden in dessen Geschichte weniger Schweine als Bewohner gezählt. Von nur noch 30 Prozent der Muttersauen und zehn Prozent der Betriebe gegenüber vor zehn Jahren berichtete Bauernverbands-Geschäftsführer Helmut Bleher. Neth lud die Landwirte ein, Veränderungen auf allen politischen Ebenen mitzugestalten. Die Bevölkerung forderte er zur Solidarität mit den Bauern auf.

Mehr zum Thema:
0 Kommentare
Was denken Sie? Artikel kommentieren

Zu diesem Artikel liegen noch keine Kommentare vor.
Schreiben Sie den ersten Kommentar.

Artikel kommentieren
Was denken Sie? Artikel kommentieren
Ort ändern

Geben Sie die Postleitzahl Ihres Orts ein.