Zwischen Darre, Rückewagen und Gülletrac
Die Bedeutung der Grünkernerzeugung für die Region und das umstrittene Bezeichnungsrecht für Dinkel, der gemeinsame Gülletrac der Maschinenringe und die fehlende staatliche Förderung sowie die notwendige Hilfe für Schadholzaufbereitung und Waldumbau. Das waren die Themenschwerpunkte, über die sich Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner am 23. Oktober bei ihrem Besuch auf dem Betrieb der Grünkernerzeuger Armin und Fabian Mechler in Walldürn-Altheim informiert hat. Die Ministerin folgte der Einladung von Alois Gerig, dem CDU-Wahlkreisabgeordneten und Vorsitzenden des Bundestagsausschusses für Ernährung und Landwirtschaft.
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Gastgeber Armin Mechler, der Vorsitzender der Vereinigung Fränkischer Grünkernerzeuger ist, stellte die Grünkernerzeugung und deren wirtschaftliche Bedeutung für die Region vor. Die Spezialität aus dem Bauland stehe für Vielfalt und Ursprünglichkeit. „Grünkern, das unreif geerntete und getrocknete Korn von Dinkel, ist ein echtes Stück Kulturgut unserer Heimat“, hob Mechler hervor. Er hat in diesem Jahr in seine neue Grünkerndarre rund 120.000 Euro investiert.
Dinkel und Grünkern sind Kulturgut
Weil derzeit die Kennzeichnung von Dinkel im Lebensmittelbereich politisch zur Diskussion steht, wies Mechler die Ministerin darauf hin, dass das Protein in Dinkel als eigenständige Art weitaus besser verträgliche Proteine enthält als Weizen. Für Verbraucher sei die von der EU empfohlene Kennzeichnungsregelung verwirrend und für das Image und die Zukunft des Dinkels schädlich. Laut EU sei bei der Verwendung von Dinkel aus Gründen des Verbraucherschutzes im Zutatenverzeichnis der Verpackung die Getreidegattung Weizen aufzuführen. Die Überwachungsbehörden haben zum Teil auf die zusätzlichen Hinweise auf den Verpackungen bestanden. Dies habe zu völlig irreführenden Bezeichnungen wie etwa Dinkelweizen oder Dinkel (Weizen) geführt. Willi Pfannenschwarz, Firmenchef von Seitenbacher in Buchen, unterstützte das Anliegen der Landwirte. „Diese Einkommensquelle darf man den Bauern nicht kaputt machen.“ In Deutschland sei Dinkel in der Bevölkerung hinreichend bekannt.
Zum wirtschaftlichen Einsatz moderner Technik für eine umwelt- und klimafreundliche Landwirtschaft leisten die Maschinenringe im Südwesten ihren Beitrag. Am Beispiel des Gülletracs stellte der Vorsitzende des Maschinenrings Odenwald-Bauland, Mathias Berberich, die Vorteile des überbetrieblichen Einsatzes des Tracs vor, der Gülle umweltgerecht mit hoher Schlagkraft und digital kontrolliert auf die Felder ausbringt. Allerdings hat die moderne Technik ihren Preis. Der Gülletrac kostet einschließlich Einarbeitungsgerät 425.000 Euro. Die Maschine wurde von den 35 Gesellschaftern der im Jahr 1996 gemeinsam mit dem Maschinenring Mosbach gegründeten Tochtergesellschaft Güllegemeinschaft Neckar-Odenwald angeschafft.
Bei der Anschaffung, dieser teuren Maschinen fühlen sich die Vertreter der Maschinenringe jedoch „von der Politik vergessen“. Bei Berberich herrscht Unverständnis darüber, dass den Landwirten als Eigentümer der gemeinschaftlich genutzten Technik eine Förderung verwehrt bleibt. Gegenüber der Bundesministerin brachte er sein dringendes Anliegen vor, in der staatlichen Förderung die Maschinenringe mit den Einzelbetrieben gleich zu stellen.
Wälder zukunftsfähig machen
Ein mit Schadholz beladener Rückewagen zeigte der Bundeswaldministerin den Ernst der Lage in den Wäldern, die unter der Klimaveränderung leiden und nach drei aufeinanderfolgenden Trockenjahren stark geschwächt sind. Das stellt die Waldbesitzer vor gewaltige Herausforderungen, berichten die beiden Vorsitzenden der Forstbetriebsgemeinschaften Morretal und Walldürner Höhe, Gebhard Ackermann und Burkhard Trabold. Die Preis-Kosten-Schere klafft immer weiter auseinander. „Während früher mit dem Erlös von einem Hektar Fichteneinschlag noch ein Traktor bezahlt werden konnte, reich es heute nicht einmal mehr für dessen Mehrwertsteuer“, so Ackermanns Vergleich. Die Waldbesitzer müssen motiviert werden, ihre Wälder wieder ordentlich zu bewirtschaften, anstatt nur noch Brennholz zu schlagen, fordert Ackermann. Dazu bedarf es Hilfe seitens der Bratung und finanzieller Art, um den „Waldbauern wieder Mut zu machen“.
Wertschöpfung durch CO2-Bindung
Trabold ist der Auffassung, dass über CO2-Bepreisung ab 2021 auch Wertschöpfung in den Wald zurück fließen muss. Denn der Wald spielt bei der CO2-Bindung eine wichtige Rolle. Dietmar Hellmann von Landesverband Deutscher Forstleute schlug die Einrichtung eines Waldklimafonds vor. Über diesen sollten alle Waldbesitzer unabhängig von der Besitzart eine Klimaprämie erhalten. Sie soll die Leistungen des Waldes für die Gesellschaft und das Ökosystem honorieren, die nach den Worten Hellmanns bis 2018 noch über den Holzverkauf finanziert werden konnten. Seither bezahle sie der Waldbesitzer aus seinem Vermögen. Die Waldklimaprämie in Höher von 200 Euro pro Jahr und Hektar leitet Hellmann aus dem jährlichen Holzzuwachs (8 cbm3), dessen CO2-Speicherfähigkeit (eine Tonnne/ cbm3) und den Kosten der CO2-Emissionen (25 Euro/t) ab.
Einen zukunftsfähigen Wald bezeichnete Alois Gerig als „enorme Aufgabe, die uns alle angeht“. Gemeinsam mit der Bundesministerin habe er sich in Berlin vehement dafür eingesetzt, dass die zur Verfügung stehenden 1,5 Milliarden Euro Fördermittel für den Wald schnell in die Fläche kommen und in Neuanpflanzungen und den Waldumbau fließen. Damit solle auch Landwirten und kleinere Waldbesitzern ermöglicht werden, ihre Wälder ordentlich bewirtschaftet in die Zukunft zu führen.
Rübenanbau zunehmend gefährdet
Als betroffener Zuckerrübenanbauer sprach Albert Gramling, Vorsitzender des Bauernverbandes Neckar-Odenwald-Kreis, das Verbot der Saatgutbeizung mit Neonicotinoiden an. Das Ausbringungsverbot noch vorhandener Ware habe den Landwirten allein Deutschland zwei bis drei Millionen Euro gekostet. Mit dem Verbot der Neonix sei die Ausbreitung des Vergilbungsvirus verbunden, die zunehmend die den wirtschaftlichen Rübenanbau im Rhein-Neckar-Raum gefährdet, kritisierte Gramling. Dagegen würde die Neonix-Beizung innerhalb der EU zum Teil per Notfallzulassung wieder frei gegeben.
Die Agrarministerin zeigte Verständnis für das Anliegen. Sagt aber mit aller Deutlichkeit, dass die EU von den verschiedenen Arten von Neonicotinoiden die drei bienengefährlichsten verboten hat. Eine Notfallzulassung darf keine Regelzulassung werden. Weil dies in Polen der Fall ist, wurde bei der EU-Kommission ebenso wie gegen die dort gekoppelten Direktzahlungen im Rübenanbau Beschwerde erhoben. In Frankreich ist die Notfallzulassung an äußerst strenge Auflagen gebunden, nachdem die Neonix-Ausbringung zuvor gesetzlich vollkommen untersagt war. Vor der noch nicht abgeschlossenen Prüfung durch das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) wollte die Ministerin nicht mehr versprechen. Zumal auch die Länder einer entsprechenden Verordnung zustimmen müssen.
Julia Klöckner bedankte sich nach ihrem zweistündigen Besuch bei den Vertretern der Grünkernerzeuger, der Maschinenringe aus dem Main-Tauber- und Neckar-Odenwald-Kreis, der beiden Kreisbauernverbände sowie der Forst- und Waldbetriebsgemeinschaften für ihre praxisnahen Beispiele und Informationen vor Ort. Diese nehme sich gerne mit nach Berlin, wo sie für die Anliegen der Landwirte und Waldbauern durchaus Verbesserungsmöglichkeiten an der einen oder anderen Stelle sieht.
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