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Initiative Tierwohl

Bundeskartellamt erwirkt Aus für verpflichtenden Preisaufschlag

Wegen wettbewerblichen Bedenken des Bundeskartellamtes stoppt die Initiative Tierwohl (ITW) den bislang geltenden verpflichtenden Preisaufschlag für die Abnehmer der teilnehmenden Erzeugerbetriebe (sogenanntes „Tierwohlentgelt“) zum Jahresbeginn 2024.

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Das Bundeskartellamt unterstützt eigenen Angaben zufolge im Gegenzug eine unverbindliche Empfehlung für die Finanzierung der mit den Tierwohlkriterien verbundenen Mehrkosten. „Mittlerweile hat sich die Initiative Tierwohl am Markt etabliert und das wird sich nun auch im weiterentwickelten Finanzierungsmodell widerspiegeln. Ein einheitlicher Aufschlag für Tierwohl erscheint nicht als unerlässlich für die Durchsetzung der Initiative und die Einhaltung von Tierwohl-Kriterien. Das Ende des einheitlichen Aufschlags und die Einführung eines Empfehlungssystems illustrieren, dass es an der Schnittstelle von Nachhaltigkeit und Wettbewerb möglich ist, eine ausbalancierte Lösung für die wettbewerbliche Finanzierung von Mehrkosten zu finden. Wir begrüßen diesen Schritt“, machte Andreas Mundt, Präsident des Bundeskartellamtes, hierzu deutlich.

Einheitlicher Aufschlag pro verkauftem Kilogramm Fleisch

Die Initiative Tierwohl ist ein Branchenbündnis aus Landwirtschaft, Fleischwirtschaft und Lebensmitteleinzelhandel. Die Initiative möchte Tierhalter für die Verbesserung der Haltungsbedingungen honorieren. Finanziert wird die Initiative hauptsächlich von den vier größten Lebensmitteleinzelhandelsunter-nehmen, Edeka, Rewe, Aldi und der Schwarz-Gruppe (Lidl, Kaufland). Kernelement der Initiative ist bis zum Ende dieses Jahres die Zahlung eines einheitlichen Aufschlages pro verkauftem Kilogramm Fleisch an die teilnehmenden Tierhalter (Tierwohlentgelt). Die Initiative gibt es bei der Erzeugung von Geflügel-, Rind und Schweinefleisch.

Das Bundeskartellamt ist mit der Initiative Tierwohl seit 2014 befasst und hat in den vergangenen Jahren vor allem Verbesserungen in Hinblick auf die Kennzeichnung der Produkte und damit die Erkennbarkeit für Verbraucher, dass das angebotene Fleisch tatsächlich von einem teilnehmenden Betrieb mit verbesserten Standards stammt, erwirkt. Das Amt hatte den einheitlichen Preisaufschlag trotz wettbewerblicher Bedenken in der Einführungsphase der Initiative toleriert und der Initiative dabei allerdings aufgegeben, das Finanzierungsmodells perspektivisch wettbewerblicher auszugestalten.

Im Agrarbereich hat sich seit dem 7. Dezember 2021 auf europäischer Ebene mit der Gemeinsamen Marktordnung (GMO) der Rechtsrahmen für die kartellrechtliche Beurteilung von Initiativen zur Umsetzung von Nachhaltigkeitsstandards verändert. Unerlässliche Wettbewerbsbeschränkungen, die darauf abzielten, einen höheren Nachhaltigkeitsstandard anzuwenden, als er durch europäisches oder nationales Recht vorgeschrieben ist, können nach Artikel 210a GMO von einer speziellen Kartellrechtsausnahme profitieren.

Aus Sicht des Bundeskartellamtes ist die Unerlässlichkeit des verbindlichen Tierwohlentgelts aufgrund der zwischenzeitlichen Etablierung der Initiative Tierwohl, ihres hohen Verbreitungsgrades sowie der Existenz von Konkurrenzlabeln ohne verbindliche Preiselemente jedoch zu bezweifeln. Die Initiative Tierwohl habe das Bundeskartellamt zudem über die geplante Beibehaltung des sogenannten Ferkelfonds, in den Einzelhandel und Schlachtbetriebe bestimmte Beträge einzahlen, informiert. Dieses Modell soll mehr ferkelhaltende Betriebe zur Umsetzung der Tierwohl-Kriterien bewegen und eine durchgängige Nämlichkeit von den Sauenhaltung bis zur Ferkelmast ermöglichen. Das Bundeskartellamt werde auch diese Fondslösung weiterhin tolerieren.

Hintergrundinfo

Bislang musste die Vorschrift des Artikel 210a GMO vor allem für die nationalen Wettbewerbsbehörden im Rahmen ihrer Gesamtwürdigung berücksichtigt werden. Ab Ende 2023 besteht nun auch die Möglichkeit, zur Auslegung der Freistellungsvorschrift des Artikel 210a GMO eine Stellungnahme der Europäischen Kommission einzuholen, nachdem diese die finalen Leitlinien zu Artikel 210a GMO erlassen hat. Das Bundeskartellamt will einem solchen Verfahren eigenen Angaben zufolge nicht vorgreifen. Viele schwierige Auslegungsfragen seien in diesem Zusammenhang noch offen und die Europäische Kommission befindee sich gerade in der Konsultationsphase zu Leitlinien zu dieser Vorschrift.

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