Reifenabrieb im Gemüse
Chemische Stoffe aus Reifenabrieb, sogenannte Additive, finden ihren Weg in die Nahrungskette. Das zeigt eine Studie eines internationalen Forschungsteams der Universität Wien. Die Konzentrationen waren zwar gering, der Nachweis dennoch eindeutig.
von Universität Wien erschienen am 24.06.2024Die Wissenschaftler der Uni Wien untersuchten Gemüse aus der Schweiz und Israel und stellten chemische Rückstände aus Reifenabrieb fest. Reifenadditive werden so über die Nahrung aufgenommen. Manche dieser Stoffe und deren Transformationsprodukte können ökologische und toxikologische Risiken darstellen. Autoreifen bestehen aus einer komplexen Mischung von Materialien, die ihre Leistung und Haltbarkeit verbessern. Hierzu gehören fünf bis 15 Prozent chemische Additive, welche hunderte von Substanzen umfassen, zum Beispiel Antioxydanzien, Antiozonierungsmittel, Vulkanisierungmittel, Antialterungsmittel und viele mehr, um die vielseitigen Eigenschaften eines modernen Reifens zu ermöglichen.
„Die Toxizität von Reifen- und Straßenabriebpartikeln hängt mit ihren organischen Zusatzstoffen, den Additiven, und den damit verbundenen Umwandlungsprodukten zusammen“, erklärt Anya Sherman, Doktorandin am CeMESS und Erstautorin der aktuell veröffentlichten Studie. Die aus Autoreifen gewonnenen Verbindungen gelangen durch atmosphärische Ablagerung, Bewässerung mit aufbereitetem Abwasser und die Verwendung von Klärschlamm als Dünger in die Landwirtschaft. „Dort können sie von Pflanzen aufgenommen werden und so auch den Menschen erreichen“, fügt Thilo Hofmann hinzu, Leiter der Forschungsgruppe.
Schließlich rechneten die Forschenden die Messwerte aus dem Gemüse auf die Aufnahme dieser Stoffe mit der Nahrung hoch. „Wir haben auf Basis dessen, was Menschen in der Schweiz und Israel essen, die Aufnahme pro Tag berechnet“, erzählt Sherman. Die Konzentrationen der Reifenadditive im Blattgemüse sind zwar insgesamt gering, aber vorhanden und sind von der Größenordnung vergleichbar mit Medikamentenrückständen, die ebenfalls auf Umwegen in die Nahrungskette gelangen.
Von der Straße, auf die Pflanze, in den Körper
Bereits im Jahr 2023 konnten die Wissenschaftler zeigen, dass Additive aus Autoreifen prinzipiell von Pflanzen aufgenommen werden können. „Die Frage war jedoch, ob dies nur in unserer mechanistischen Laborstudie passiert, oder auch im Freiland“, erklärt Erstautorin Anya Sherman. Daher analysierten die Wiener Umweltwissenschaftler nun in der aktuellen Studie, ob Salatpflanzen die von Reifenabrieb abgebebenen Chemikalien unter natürlichen Wachstumsbedingungen aufnehmen. Ursprungländer der Blattgemüse in den Schweizer Proben aus dem Supermarkt waren Italien, Spanien sowie die Schweiz. In den israelischen Proben Feldgemüse aus Israel direkt nach der Ernte.
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