Leichtmodule für Anlagen mit Schutzsystemen
Obst oder Strom? Bei Agri-PV geht beides. Zur Montage der Solarmodule mussten bei den bisherigen Obst-Modellanlagen erst teure Stahlunterkonstruktionen erstellt werden. Das könnte sich mit neuen Leichtmodulen nun erübrigen, die an einem bereits bestehenden Schutzsystem angebracht werden. Auf dem Obstbaubetrieb von Familie Vöhringer in Berg-Aichach im Kreis Ravensburg wurde vor Kurzem eine Demoanlage vorgestellt.
von Brigitte Werner-Gnann erschienen am 11.04.2025Die Idee klingt so einfach wie plausibel: Warum erst eine teure Stahlunterkonstruktion erstellen, wenn in der Obstanlage bereits eine Schutzeinrichtung vorhanden ist? Bislang verwehrte das Gewicht der verwendeten Solarmodule die Umsetzung dieses Ansatzes. Doch nun scheint die Realisierung der Idee möglich. Das zumindest zeigt die Demoanlage, die auf dem Betrieb in Aichach über zwei Kirschreihen auf einer Länge von gut 40 Metern installiert wurde. Verbaut sind dort Leichtbaumodule auf Folienstreifen, die über ein Joch am First der bereits bestehenden Schutzeinrichtung angebracht wurden. Die Module sind 40 cm breit und zwei Meter lang. Sie wiegen weniger als fünf Kilogramm je Quadratmeter und haben eine installierte Leistung von 420 Kilowatt pro Hektar.
Projekt aufs Gleis gesetzt
Vorangetrieben wurde dieses Projekt namens VOEN e-crops von der in Fronreute ansässigen Firma VOEN Überdachungssysteme in Zusammenarbeit mit dem Freiburger Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme ISE. Das Projekt, das im Oktober 2023 startete, läuft noch bis September dieses Jahres und wird über Invest BW, ein Programm des baden-württembergischen Wirtschaftsministeriums, gefördert.
Ziel war neben einer Neubau- eine Nachrüstlösung für Solarmodule auf bestehenden Unterkonstruktionen für Hagelnetze oder Folienüberdachungen, wie Leo Vöhringer bei der Vorstellung der Demoanlage erklärte. Damit sollen Kosten gesenkt und Ressourcen geschont werden. „Wir wollten eine Anpassung von Agri-PV an die Kultur erreichen und nicht umgekehrt“, erläuterte der Obstbauer und Projektbetreuer der Firma VOEN.
Für das Ziel, flexible Solarmodule in Kombination mit Witterungsschutzsystemen zu installieren, standen eine Vielzahl von Fragen zur Klärung an, wie Felix Balser, Projektleiter beim Fraunhofer ISE, erläuterte. So galt es, geeignete Solarzellen und Module zu entwickeln und deren Anbindung an das Schutzsystem zu überlegen. „Es sollte möglichst viel solare Fläche entstehen, wobei die Pflanzen gleichzeitig nicht zu stark beschattet werden dürfen“, beschreibt er die Anforderungen an eine Kompromisslösung. Dazu wurden Silizium-Solarzellen entwickelt, deren Leichtbauausführung dennoch Mindestanforderungen an die mechanische Stabilität erfüllen. Um das Gewicht zu reduzieren, wurde beispielsweise auf der Vorderseite eine Polymerfolie verwendet.
Befestigung in zwei Varianten
Ferner sollte es eine flexible Anbringung der Module mit Schnellverschluss auf den Folienstreifen geben. So kann die Trägerfolie gegebenenfalls ausgetauscht werden. Getestet werden in der Demoanlage nun zwei Varianten: Einmal wurden die Module mit zwei Klettstreifen befestigt. Für die zweite Ausführung wird ein Klettstreifen in Kombination mit einem Reißverschlusssystem am First geprüft. Praktischer Nebeneffekt bei beiden Lösungen ist, dass die Schutzfolie der Anlage den Winter über unter dem Moduldach zusammengerollt verstaut werden kann und nicht mehr extra verpackt werden muss.
Neben den technischen Komponenten gilt es in der restlichen Projektlaufzeit noch weitere Fragen zu klären. Dies betrifft die geforderte Nachhaltigkeitsbetrachtung sowie die Herstellungskosten und die Wirtschaftlichkeit mit Blick auf Stromertrag und Erntemenge an Kirschen.
Rechtliche Fragen
Parallel dazu sind noch rechtliche Fragen zu klären. So ist für bauliche Anlagen eine Baugenehmigung erforderlich, wobei im Außenbereich zusätzliche Anforderungen gelten. Oliver Hörnle, beim Fraunhofer ISE ebenfalls für Agri-PV in Sonderkulturen zuständig, gibt sich zuversichtlich. „Der Rechtsrahmen wird sich weiterentwickeln“, meint er und verweist darauf, dass in Paragraf 35 Baugesetz die Nutzung solarer Strahlungsenergie durch besondere Solaranlagen bereits aufgenommen wurde. Einfachere Umsetzungen erwartet er künftig auch für Landschaftsschutzgebiete und bei der Forderung nach Ökopunkten beziehungsweise Ausgleichsflächen, nicht zuletzt deshalb, weil sich mit Agri-PV die Flächenkonkurrenz entschärfen lässt.
Unterdessen entwickeln sich die technischen Komponenten für Agri-PV-Anlagen zum Einbau in bestehende Witterungsschutzsysteme bereits weiter. So gibt es weitere Fortschritte bei den Leichtbaumodulen, die eine höhere Leistung als die in der Demoanlage verbauten aufweisen.



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