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Interview mit Hermann Färber

Borchert hat hohe Priorität

Hermann Färber steht dem neu formierten Bundestagsausschuss für Landwirtschaft, Ernährung und Heimat vor. Bereits in der vergangenen Legislaturperiode hatte der CDU-Politiker den Vorsitz des Ernährungsausschusses inne. Der 62-jährige Landwirtschaftsmeister gehört seit 2013 dem Bundestag an. Seither vertritt er den Wahlkreis Göppingen als direkt gewählter Abgeordneter in Berlin. 

von age erschienen am 26.05.2025
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Herr Färber, 29 Ja-Stimmen bei Ihrer Wahl zum Ausschussvorsitzenden, eine Enthaltung. Das letzte Mal hatten Sie die volle Punktzahl. Was haben Sie falsch gemacht? Färber: Ich habe mir auch schon den Kopf zerbrochen. Im Ernst, ich bin mehr als zufrieden, trotz der einen Enthaltung. Das Ergebnis erfüllt mich mit großer Demut. Ich bin mir meiner Verantwortung gegenüber dem Ausschuss bewusst. Wie sicher waren Sie in den vergangenen Wochen, dass Sie den nach Ihren Worten „Traumjob in der Politik“ noch mal vier Jahre ausüben dürfen?  Färber: Die Auswahl erfolgt in einem dreistufigen Verfahren. Die Fraktion entscheidet, welche Ausschussvorsitze sie möchte. Dann geht es darum, wer dafür infrage kommt und schließlich erfolgt die Wahl im Ausschuss selbst. Sicher ist da gar nichts.  Ihre Arbeit als Vorsitzender ist anerkannt. Warum mussten Sie da zittern?  Färber: Gezittert habe ich nicht. Aber niemand hat einen Anspruch auf ein parlamentarisches Amt, ich auch nicht. Bei uns Schwaben kommt hinzu, wir sind von Hause aus zurückhaltend und hauen nicht auf den Putz, wenn es um die Postenverteilung geht.  Der Sprecherposten für Agrarpolitik war in der Union bislang immer einem Landwirt vorbehalten. Diesmal ist mit Johannes Steiniger aus Rheinland-Pfalz ein Lehrer für Mathematik und Politik zum Zuge gekommen. Wie ist das zu erklären?  Färber: Beim Auswahlverfahren in der Union spielt der regionale Proporz eine wichtige Rolle. Möglichst jedes Bundesland sollte bei der Besetzung von politischen Ämtern angemessen berücksichtigt werden. Johannes Steiniger hat sich für den Vorsitz der Arbeitsgruppe interessiert und den Zuschlag erhalten. Er ist ein junger Kollege, und ich bin sicher, dass er sich schnell einarbeiten wird.
Zur Person
Hermann Färber
Landwirtschaftsmeister und Mitglied im Bundestag.
Die Zahl der Landwirte in der Union ist seit Längerem rückläufig. Geht das einher mit schwindendem politischen Einfluss?  Färber: Nicht zwangsläufig. Wir müssen aber sehen, dass es diese Entwicklung nicht nur bei Landwirten gibt, sondern auch bei Handwerkern. Es ist eben sehr schwer, neben der Abgeordnetentätigkeit einen Betrieb zu führen. Das ist schon einiges zu organisieren, oft geht es gar nicht. Ich habe das Glück, dass meine Kinder in unseren Betrieb eingestiegen sind und mir damit ermöglichen, hauptberuflich Politik zu machen. Wird sich der Rückzug von Günther Felßner auf die Neigung von Landwirten oder Landwirtinnen auswirken, in die Politik zu gehen? Färber: Ich befürchte, das wird einige erst recht davon abhalten. Warum soll man sich das antun? Die Aktivisten sind in die Privatsphäre eingedrungen und Familienmitglieder angegangen. Sie haben damit Grenzen des Anstands und des Respekts überschritten. Das ist völlig inakzeptabel und darf nicht Schule machen. Andernfalls nimmt die Demokratie Schaden. Sie sind bekannt dafür, dass Sie immer wieder auch den Dialog mit Nichtregierungsorganisationen suchen. Wird sich das ändern?  Färber: Nein. Ich werde mich auch künftig keinem vernünftigen Gespräch verschließen. Voraussetzung ist, man begegnet sich mit gegenseitigem Respekt. Das gilt in beide Richtungen. Ich weiß sehr wohl zu unterscheiden zwischen denen, die an einem sachlichen Austausch interessiert sind, und anderen, die auf Polemik und öffentlichkeitswirksame Auftritte setzen. In der Landwirtschaft gibt es große Erwartungen an einen Politikwechsel. Mit einem CSU-Bundeslandwirtschaftsminister, einer unionsgeführten Koalition und neun schwarzen Länderagrarministern müsse das doch was werden, sagen nicht wenige. Erwarten die zu viel?  Färber: Zunächst, jeder weiß, die Union hat nicht die absolute Mehrheit. In einer Koalition muss man Kompromisse machen. Das vorweggeschickt, zeigt der Koalitionsvertrag, dass uns das aus Sicht der Landwirtschaft an einigen Stellen sehr gut gelungen ist. Die Agrardieselrückerstattung wird wieder eingeführt, der Wolf kommt ins Jagdrecht, Bürokratie wird abgebaut, die Stoffstrombilanz gestrichen, genehmigte Ställe sollen Bestandsschutz bekommen. Und wir haben beschlossen, dass es keinen politischen Mindestlohn geben wird, sondern in der Mindestlohnkommission darüber entschieden wird. Die ihn aber auf 15 Euro festlegen kann… Färber: Ich kenne die Kritik aus der Landwirtschaft und hätte mir eine Lösung für Saisonarbeitskräfte gewünscht. Das war nicht durchsetzbar. Ich schließe aber nicht aus, dass wir in der Koalition diesen Punkt noch einmal aufgreifen werden. Die Empfehlungen weisen eindeutig in Richtung mehr pflanzliche Ernährung. Wir brauchen mehr heimisches Obst und Gemüse. Mit 15 Euro Mindestlohn werden wir es nicht schaffen, die Produktion im Land zu halten. Eine stärker pflanzenbetonte Ernährung ist nach Auffassung von Ernährungswissenschaftlern und Medizinern geboten. Wie haben Sie die Aussage von CSU-Chef Markus Söder aufgenommen, nun sei Schluss mit der „Tofu-Tümelei“, angesagt sei der Leberkäse?  Färber: Für mich zählt das zu der Sorte Sprüche, die die Welt nicht gebraucht hätte. Jeder soll essen können, was ihm schmeckt, worauf er Lust hat und was seiner Gesundheit zuträglich ist. Für mich als Landwirtschaftspolitiker ist wichtig, dass die Menschen hochwertige heimische Lebensmittel kaufen können und auch bereit sind, die Produktionsstandards zu bezahlen, die sie erwarten. Es gibt keine höchsten Standards zum niedrigsten Preis. Beim angestrebten Umbau der Tierhaltung lässt der Koalitionsvertrag offenbar unterschiedliche Interpretationen zu. „Wir stellen die notwendigen Mittel für den tierwohlgerechten Stallbau auf Grundlage staatlicher Verträge dauerhaft bereit.“ Ist nach Ihrer Lesart die Unterstützung laufender Tierwohlkosten darin enthalten?  Färber: Sie ist zumindest nicht ausgeschlossen.  Das sehen maßgebliche Vertreter in der Unionsfraktion anders… Färber: Wir werden die Diskussion noch einmal führen müssen. Am Ende brauchen wir ein Konzept für eine Förderung, die den Betrieben einen Umbau in Richtung mehr Tierwohl ermöglicht. Ich kann mir nicht vorstellen, dass dafür allein eine Investitionsförderung ausreicht.
„Es gibt keine höchsten Standards zum niedrigsten Preis.“ Hermann Färber
Ist das Borchert-Konzept für Sie noch relevant?  Färber: Für mich hat Borchert immer noch eine hohe Priorität. Wir werden noch einmal darüber reden müssen, ob eine langfristige Finanzierung laufender Tierwohlkosten rechtssicher möglich ist und ob Änderungen am Konzept erforderlich sind. Etwaige rechtliche Bedenken müssen wir ernst nehmen und eingehend prüfen. Wir sollten meines Erachtens nicht außer acht lassen, dass die Empfehlungen der Borchert-Kommission breite Unterstützung gefunden haben, von den Bauern bis zu den Tierschützern. Diesen Konsens sollten wir nicht leichtfertig aufkündigen. Klar ist für mich auch, mehr Tierwohl, wie es von den Menschen gewünscht wird, ist allein über den Markt nicht zu erreichen.  Der Ausschuss trägt wie das Ministerium die Bezeichnung „Landwirtschaft, Ernährung und Heimat“. Bedeutet die Reihenfolge für Sie eine politische Gewichtung? Färber: Nein. Landwirtschaft und Ernährung waren bisher schon unsere Themen, ebenso wie die ländliche Entwicklung. Auf diesen Bereich werden wir ein besonderes Augenmerk legen. Wir werden uns stärker als Anwalt der Menschen im ländlichen Raum positionieren, wohlwissend, dass Heimat nicht nur auf dem Land ist, sondern ebenso gut in der Stadt. Wir werden daran arbeiten, dass wir dem Ziel gleichwertiger Lebensverhältnisse in Stadt und Land näherkommen. Sie haben in Ihrer Abgeordnetenzeit bereits zwei schwarz-rote Koalitionen mitgemacht. In der Agrarpolitik gab es nur selten Einvernehmen zwischen dem unionsgeführten Landwirtschafts- und dem SPD-geführten Umweltministerium. Warum sollte das diesmal besser laufen?  Färber: Wenn ich diese Zuversicht nicht hätte, dass wir das gemeinsam was hinbekommen, könnte ich gleich einpacken. Die Stimmung im Land hat sich gedreht. Wir können uns weder Stillstand noch gegenseitige Blockaden leisten, sondern müssen die Wirtschaft wieder zum Laufen bringen, auch die Landwirtschaft. Darin sind wir uns mit der SPD einig. Wir wollen nicht zurück beim Umwelt- und Klimaschutz. Aber wir müssen mit Augenmaß vorangehen. Die Koalitionsverhandlungen haben gezeigt, dass wir auf einen Nenner kommen und was zustande bringen können. Ich bin überzeugt, wir werden einiges für die Landwirtschaft und die ländlichen Räume umsetzen. 
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