Keine normalen Jahre mehr
Der Deutsche Raiffeisenverband (DRV) passt seine jüngste Ernteschätzung an den Wetterverlauf an und senkt die Ertragsprognose für Getreide und Raps.
von Redaktion erschienen am 30.05.2025In der aktuell dritten Schätzung kommentiert der DRV-Getreidemarktexperte Guido Seedler: „Die Witterungsverhältnisse der vergangenen Wochen haben eines gezeigt: Frühere Ausnahmen sind heute die Regel. Es gibt keine normalen Jahre mehr. Wir erleben immer häufiger stärkeren Frost und milde Temperaturen in direktem Wechsel. Zudem bleiben ausreichende Niederschläge oft aus – dies gilt auch in diesem Jahr. Das bedeutet Stress für die Pflanzen.“
Durch das warme Frühjahr seien die Raps- und Getreidebestände deutlich weiterentwickelt als im Mittel der Jahre. Das erweise sich in diesem Jahr als Herausforderung in vielen Anbauregionen. Durch die Nachtfröste sind in verschiedenen Regionen Deutschlands die Rapsblüten und Getreideähren teilweise erfroren. Seedler: „Der Raps kann Frostschäden im weiteren Wachstum durch Blüten an Seitentrieben kompensieren. Anders das Getreide: Es bildet nur eine Ähre aus. Erfriert sie, bleibt der Ertrag aus. Viele Gartenbesitzer haben dieses Phänomen in den vergangenen Jahren bei ihren Obstbäumen erlebt. Erfriert die Blüte, ist die Ernte dahin.“
Dauerproblem Regenmangel
Seit 2018 musste die Landwirtschaft jedes Jahr um ausreichende Niederschläge im Sommerhalbjahr bangen, schreibt der Verband. Der Dürremonitor des Helmholzentrums verzeichne auch in diesem Jahr eine nahezu flächendeckende Dürre in Deutschland. Die Niederschläge der vergangenen Tage hätten diesen Angaben zufolge für etwas Entspannung gesorgt, es müssten aber weitere folgen. Der DRV passt seine Ernteprognose witterungsbedingt nach unten an. Beim Raps erwartet er aktuell 3,8 Millionen Tonnen. Das entspricht einem Plus von knapp 6 Prozent zum Vorjahr. Beim Getreide sinken die Erwartungen um rund 1,2 Millionen Tonnen auf 40,7 Millionen Tonnen. Sollten diese Menge geerntet werden, wäre die heimische Versorgung rechnerisch gedeckt.
Allerdings sei offen, welche Mengen für den Drittlandexport zur Verfügung stehen. In den vergangenen Jahren exportierte Deutschland jeweils mehrere Millionen Tonnen Weizen. Seedler hebt hervor: „Exporte schaffen zusätzliche Einnahmen für die Landwirtschaft und leisten gleichzeitig einen Beitrag zur Sicherung der weltweiten Ernährung. Eine ausreichende Welternährung hat auch sicherheitspolitische Bedeutung. Seedler weist darauf hin: „Bei einer weiterhin wachsenden Weltbevölkerung steigt die Gefahr von Kriegen um Wasser und Nahrung. Wir müssen daher nachhaltig mehr agrarische Rohstoffe erzeugen.“
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