Heimische Eiweißquellen nutzen
Das bundesweite Netzwerk LeguNet vermittelt Praxiswissen durch Modellbetriebe. Ackerbauer und Schweinezüchter Andreas Müller aus Backnang hat auf Einladung des LTZ Augustenberg seine Erfahrungen im Leguminosenanbau mit Kollegen und Berufsschülern geteilt.
von Ulrike Amler erschienen am 08.07.2025Soja ist auf unserem Standort eine Kultur, die vom Glück abhängt“, verleiht Andreas Müller der Eiweißpflanze gleich zu Beginn der Vorstellung auf seinem Betrieb ein schlechtes Urteil. Er stellte Ende Juni im Rahmen des Netzwerks LeguNet, als Demonstrationsbetrieb mit viel Erfahrung, seine Futterleguminosen vor. Auf sieben Hektar (ha) baut er in diesem Jahr den wichtigsten Eiweißträger in der Tierhaltung selbst zum wiederholten Mal an. Nächstes Jahr soll es weniger Soja werden, „außer die Winterackerbohne“, auf die Müller jetzt vermehrt setzt, „enttäuscht völlig.“ Danach sieht es jedoch nicht aus.
Futter für Schweine selbst erzeugen
Andreas Müller bewirtschaftet rund 100 Hektar (ha), davon 70 ha Ackerland. Den Eiweißfutterbedarf für 130 Zuchtsauen und die Schweinemast im geschlossenen System kann er zu 20 bis 30 Prozent aus dem Anbau von Futterleguminosen decken. Die Vermarktung der Schweine erfolgt über regionale Metzger im Rahmen von QS und QSBW. „Wir werben in der Vermarktung auch für heimische Eiweißfuttermittel“, ergänzt der Tierhalter.
Seit dem Jahr 2016 setzt Müller auf den Anbau von Futterleguminosen. Dem Betrieb wurde mit der Teilnahme am Modell- und Demonstrationsvorhaben (MuD) Tierschutz „Ringelschwanz“ deutlich, wie wichtig die Futterqualität in der Sauenhaltung und in der Schweinemast ist. In dieser Zeit hat der Betrieb die Schweinehaltung „komplett umgedreht“, wie Müller es plakativ beschreibt.
Boden aufnahmefähig für Wasser machen
Schon der Vater von Andreas Müller hat sich zu dieser Zeit mit der regenerativen Landwirtschaft beschäftigt und ab 2018 wurde der Ackerbau auf dieses Anbauprinzip umgestellt. Den Pflug holt Müller nur noch in Ausnahmefällen aus der Maschinenhalle. Für den Landwirt hat die fünfgliedrige Fruchtfolge mit Körnermais, Winterweizen, Gerste und Leguminosen wie Soja, Grünfuttererbsen, Ackerbohnen oder Luzerne, sowie Roggen und Raps, zahlreiche Vorteile.
„Außerdem kommen“, so Müller, „auf alle Flächen Zwischenfrüchte (ZF), und wenn es nur für drei Wochen ist.“ Das Saatgut dafür, beispielsweise Erbsen und Hirse, baut er, meist auf kleineren Restflächen, zum Teil selbst an. Die Leguminosen bringen viel Biologie in den Boden, hat der Erzeuger beobachtet. Die Niederschläge am Standort kämen mittlerweile unregelmäßig und oft heftig. Seine Böden könnten durch die regenerative Bewirtschaftung auch bei Starkregen viel Wasser aufnehmen und würden kaum abgeschwemmt. Müller hat bereits eine hohe Versickerungskapazität gemessen. „Wir hätten bei Starkregen weniger schwere Hochwasser, wenn die Versickerungsleistung der Böden überall besser wäre“, ist er überzeugt. So würden auch die Lettenböden in der Backnanger Bucht zu Verdichtungen neigen, was die Leguminosenmüdigkeit begünstigen kann.
Herausforderungen und Anpassungen im Sojaanbau
Andreas Müller zeigt an einer zurückgetauschten Fläche die Schwächen des Sojaanbaus auf seinem Betriebsstandort auf. Sie ist noch uneben vom langjährigen Spargelanbau der Vorjahre. Bei niedrigem Schotenansatz ist das ein Problem beim Drusch. „Hülsenfrüchte wollen wir auf einem ebenen Acker dreschen“, erklärt der Landwirt, der selbst drischt. Auch die gleichmäßig tiefe Saatgutablage ist im Direktsaatverfahren schwieriger. Andreas Müller arbeitet mit einer Zinkensämaschine Horsch Sprinter mit 6 Meter Arbeitsbreite, die er mit Schneidscheiben ausrüsten will. Diese hat er auf Empfehlung von Kollegen in einer WhatsApp-Gruppe für regenerative Landwirtschaft gebraucht erstanden.
Die Aussaat der Sorte Cantate in 25 Zentimeter Reihenabstand erfolgte bei Bodentemperaturen von 10 bis 12 Grad, etwa Anfang Mai. Im kommenden Jahr will er in einen Grünroggenbestand als winterharte Zwischenfrucht säen. Diesen walzt Müller nach der Blüte, noch vor dem Auflaufen der Sojabohnen. Unter der Matte fühlten sich jedoch Schnecken wohl. Bei verzögertem Auflaufen würden Tauben die Sojapflänzchen im Keimblattstadium überfallen und gelegentlich nur noch 5 Pflanzen pro Quadratmeter hinterlassen, berichtet der Landwirt.
Die Erträge der Sojabohne sind witterungsbedingt stark schwankend. „Wir hatten schon 4 Tonnen pro Hektar bei 40 Zentimeter Pflanzenhöhe und nur 2,5 Tonnen pro Hektar im 120 Zentimeter hohen Bestand“, meint Müller. Sojabohnen benötigen vor allem in der Kornfüllungsphase im Juli ausreichende Niederschläge. Nicht immer seien die jedoch vorhanden, wenngleich die Backnanger Bucht im langjährigen Mittel mit durchschnittlich 800 Millimeter gut versorgt sei.
Ein weiterer Aspekt lässt Müller Abstand von Soja nehmen: Die Toastanlage in 5 Kilometer Entfernung sei aus QS ausgestiegen, und so kann er sein Erntegut dort, obwohl die Anlage weiterhin auch Bio-Soja toasten dürfe, nicht mehr zur Verfütterung im eigenen Betrieb aufbereiten lassen. Um nicht „zum Transportunternehmer zu werden“, wie er schmunzelnd anfügt, hat er sich in der Not einen Belüftungsboden auf einen 8 Tonnen-Anhänger gebaut und kann in einer benachbarten Biogasanlage das Erntegut innerhalb eines Tages von 20 Prozent auf 14 Prozent heruntertrocknen. Müller benötigt für die Schweine im Jahr 120 Tonnen Hochproteinfuttermittel.
Hoffnungsträger Winterackerbohnen
„Meine Hoffnungen ruhen nun auf kältetoleranten Winterackerbohnen“, erklärte Müller. Auch die Sommerackerbohne zeige Schwächen, und so musste er sie heuer umbrechen. Sie schwächelt bei großer Frühjahrstrockenheit schon beim Auflaufen. Kommt zur Blüte die für den Standort typische Frühsommerhitze, wirft sie Blüten und Schoten ab.
Erfreulich sei dagegen die Entwicklung der Winterackerbohnen, die er in einer Aussaatstärke von 150 Körner pro Quadratmeter oder 200 Kilogramm pro Hektar 6 bis 8 Zentimeter zusammen mit Weizen als Untersaat in einer Aussaatstärke von 50 Kilogramm pro Hektar für eine rasche Winterbegrünung unter das Maisstroh sät. Im Herbst führt er eine Vorauflaufbehandlung mit Stomp Aqua durch. Wenn die Ackerbohnen im Frühjahr anfangen zu wachsen, spritzt Müller den Weizen in einer zweiten Herbizidbehandlung mit Fusilade Max heraus, weil der Winterweizen dann unnötige Konkurrenz sei. Die Winterackerbohnen könnten die Winterniederschläge besser ausnutzen. Dann düngt er auch mit Huminsäure zur Verbesserung des Ton-Humus-Komplexes. Das Spurenelement Molybdän ist unerlässlich für die Enzymsteuerung der Knöllchenbakterien. Der Zielertrag liegt zwischen 4 und 5 Tonnen pro Hektar auf dem Standort. „Wenn die Ackerbohnen sich gut dreschen lassen, sind sie mir lieber als Sojabohnen“, zieht Andreas Müller Bilanz.
Mit dem Anbau von Grünfuttererbsen zur Erzeugung von Zwischenfrucht-Saatgut nutzt Müller kleine Ackerschläge. Er sät Anfang März lilablühende Sorten mit hohem Bitterstoffanteil – weißblühende Erbsen seien Mimosen – mit 50 Kilogramm pro Hektar. Sie hätten neben dem Nutzen für die Bodenfruchtbarkeit auch eine sehr gute unkrautunterdrückende Wirkung. Der Ertrag liegt bei rund 3 Tonnen pro Hektar.
Ursachen und Vorbeugung der Leguminosenmüdigkeit
Eine wichtige Frage für die Teilnehmenden war die nach der sogenannten Leguminosenmüdigkeit, einem der Hauptgründe für mangelnde Ertragsstabilität und Wirtschaftlichkeit beim Anbau von Körnerleguminosen. „Die kenne ich überhaupt nicht“, bekennt Müller und macht deutlich, wie wichtig hier ein optimales Kohlenstoff-Stickstoff-Verhältnis (C:N-Verhältnis) bei der Gülledüngung sei. Deshalb forciert er über den Zwischenfruchtanbau mit Gräsern wie Hirse auch den Humusaufbau im Boden. Dabei orientiert er sich an der natürlichen Zusammensetzung einer Wiese mit einem Gräser-Leguminosen-Kräuter-Verhältnis von 60-20-20. Müller sichert den Eiweißertrag mit SSA-Dünger bei 24 Prozent Schwefel-Gehalt (S) in Getreide und Mais ab.
Er mahnt: „Die Leguminosenmüdigkeit kommt auch durch Schwefelmangel aufgrund von Sulfatauswaschungen.“ So seien in den 1980er Jahren noch 50 Kilogramm über die Luft in die Böden eingetragen worden. Heute seien es nur rund 5 Kilogramm. Auch die Kalkung dürfen Produzenten nicht vergessen. Selbst auf seinen Lettenböden würde der Kalk schneller ausgewaschen, als er aus dem anstehenden Gestein nachgeliefert werden könnte.
Leguminosen haben aggressive Wurzelexsudate, die sogar Aluminium3+-Ionen lösen könnten und so zur pH-Wertabsenkung und veränderter Nährstoffverfügbarkeit führten. Dann seien auch Spurenelemente wie Mangan nicht mehr verfügbar. „Ohne Pflug hole ich verlagerte Nährstoffe nicht mehr hoch“, gibt Andreas Müller zu bedenken. Eine umfassende Bodenuntersuchung für Einzelflächen lohnt aus seiner Sicht in jedem Fall.

Eine lohnende Herausforderung
Auf den Leguminosenanbau will Müller nicht mehr verzichten, sieht aber klare Vor- und Nachteile einzelner Kulturen. Der späträumenden Sojabohne bescheinigt er einen schlechten Vorfruchtwert. Nach Ackerbohnen erntete er dagegen gute Wintergerste. „Leguminosen sind speziell und auf jedem Standort anders“, bestätigt auch Gundula Jahn und ermutigt die Teilnehmenden, sich beraten zu lassen. Der Anbau lohne sich besonders für Tierhalter, aber auch für alle anderen.
Das bundesweite Modellnetzwerk LeguNet greift den Bedarf an heimischen Eiweißfuttermitteln und eiweißreichen Produkten für die menschliche Ernährung auf. Es soll den Anbau, die Verarbeitung und Verwertung von Körnererbsen, Ackerbohnen, Lupinen und Soja im Rahmen der deutschen Eiweißstrategie fördern.
LeguNet vernetzt Akteure aus Forschung, Beratung, Züchtung, Erzeugung, Verarbeitung, Handel und Verbänden regional und überregional. Eine wichtige Rolle nehmen Best-Practice-Beispiele in Modellbetrieben ein. Sie geben als Multiplikatoren ihre Praxiserfahrungen an Kollegen weiter. Sie ergänzen die Anbauempfehlungen aus der Beratung und teilen ihre Erfahrungen bei der betriebseigenen Verwertung der Leguminosen in der Tierfütterung oder bei der Vermarktung.
In Baden-Württemberg koordinieren die Regionalmanagerinnen Gundula Jahn und Franziska Stöhr am Landwirtschaftlichen Technologiezentrum Augustenberg (LTZ) die zahlreichen Aktivitäten des Netzwerkes.
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