Ausstiegswelle bei Sauenhaltern und Schweinemästern hält an
In der aktuellen politischen Diskussion um den Umbau der Nutztierhaltung zeigt eine neue Umfrage der Interessengemeinschaft der Schweinehalter Deutschlands (ISN) das Lagebild auf den schweinehaltenden Betrieben. Trotz einer guten wirtschaftlichen Situation, so die ISN in einer Pressemitteilung, halte die Ausstiegswelle bei Sauenhaltern und Schweinemästern unvermindert an. Während die verbleibenden Betriebe in der Schweinemast vermehrt in höhere Haltungsformen investieren wollen, zeichne sich ein dramatischer Strukturbruch in der Sauenhaltung ab.
von Pressemitteilung ISN Quelle Pressemitteilung ISN, 15. Juli 2025 erschienen am 15.07.2025Bereits zum sechsten Mal seit 2018 hat die ISN nun in einer Umfrage Ferkelerzeuger und Schweinemäster aus ganz Deutschland zur Zukunft der Schweinehaltung befragt. Ausgewertet wurden hierfür 541 personalisierte Fragebögen. Insgesamt halten die befragten Betriebe über 123.000 Sauen und 1,05 Millionen Mastschweine. Das entspricht circa 9 Prozent (%) beziehungsweise 7 % des Schweinebestandes in Deutschland. Die Umfrage kommt zu den folgenden Ergebnissen:
- Die strukturellen Veränderungen in der Schweinehaltung, die sich schon in den zurückliegenden Umfragen herauskristallisiert haben, gingen unvermindert weiter. Nur rund 65 % der Schweinemäster und 56 % der Sauenhalter geben trotz der ökonomisch positiven Einordnung der aktuellen Lage an, in den nächsten zehn Jahren weiter Mastschweine beziehungsweise Sauen halten zu wollen. Besonders kleinere Betriebe blieben auf der Strecke. Die amtlichen Viehzählungsergebnisse bestätigten diese Entwicklung. So haben in den vergangenen zehn Jahren 41,5 % der Schweinemäster und 50,6 % der Sauenhalter (Mai Viehzählung 2025) das Handtuch geworfen. Im gleichen Zeitraum sind die durchschnittlichen Bestände in der Mast um rund 25 % und in der Sauenhaltung um circa 40 % größer geworden.
Hohe Investitionen für den Umbau nötig
- Vor dem Hintergrund der hohen Anzahl bereits ausgestiegener Sauenhalter alarmiere, so die ISN, ein weiteres Ergebnis zur Ferkelerzeugung aus der aktuellen Umfrage: Aufgrund geänderter Haltungsvorgaben, deren Umsetzungsfristen demnächst auslaufen, stehen Sauenhalter derzeit vor der Entscheidung, ob sie zur Umsetzung der gesetzlichen Vorgaben hohe Investitionen von teils mehreren Millionen Euro in ihre Ställe tätigen, oder ob sie stattdessen die Sauenhaltung einstellen. Im Ergebnis wollen rund 30 % der Sauenhalter aus der Ferkelerzeugung aussteigen, weitere 30 % seien sich noch im Unklaren. Das heißt: Nur 40 % der sauenhaltenden Betriebe haben sich bislang für den Umbau entschieden.
- Dabei wird die wirtschaftliche Ausgangslage für Investitionen, um die neuen Haltungsvorgaben umzusetzen und sich auf die geänderten Anforderungen des Marktes einzulassen, von den Landwirten durchaus positiv gewertet. So wurden die Absatz-, Vermarktungs- und Erlösperspektiven im Mittel in der aktuellen Umfrage positiver eingeschätzt als in den vergangenen Jahren.
- In der Schweinemast zeigt die Umfrage eine anstehende Verschiebung der Haltungsformen, in denen Schweine gemästet werden. Auch wenn der Hauptanteil der Mastschweine in fünf Jahren noch in den Haltungsformen 1 (Stall) und 2 (Stall + Platz) gehalten wird, gehen die Plätze in der Haltungsform 1 um ein Viertel zurück. Die Mastplätze in Haltungsform 2 steigen leicht an. Die Umfrage zeigt weiter, dass im Zuge der Verschiebung signifikant höhere Anteile in den höheren Haltungsstufen (Frischluftstall, Auslaufstall und Bio) von bis zu 12 % der Mastplätze realistisch sind – sofern der Umbau der Ställe nicht weiterhin durch sich widersprechende rechtliche Vorgaben ausgebremst werde. Genau das sei aber derzeit aber der Fall: Seit der Vorjahresumfrage hat sich der Anteil der höheren Haltungsstufen in der Schweinemast kaum erhöht und liege weiter bei rund 3,5 %.
Langwierige Genehmigungen und jede Menge Bürokratie
- Was die Entwicklung beim Umbau der Schweinehaltung bremst, stellen die Tierhalter auch in dieser Umfrage heraus: langwierige Genehmigungsverfahren, mangelhafte Verlässlichkeit der Vorgaben und zu viel Bürokratie. Die Bewertung der Landwirte habe sich diesbezüglich gegenüber dem Vorjahr nicht verbessert.
ISN Geschäftsführer Dr. Torsten Staack ordnet die Ergebnisse der Umfrage dabei wie folgt ein: „Zunächst einmal bestätigen die neuen Umfrageergebnisse, dass erheblicher Handlungsbedarf besteht, um die Entwicklung eines wichtigen Wirtschaftszweiges zu sichern. Denn die Schweinehaltung ist das Herzstück einer ganzen Wertschöpfungskette. Insofern war die Verschiebung des Tierhaltungskennzeichnungsgesetzes bis März 2026 richtig. Es zeigt sich aber auch, dass diese Zeit nun intensiv genutzt werden muss, um dieses Gesetz und alle damit in Verbindung stehenden Regelungen grundlegend anzupassen, um die Praktikabilität herzustellen. Denn wenn der Umbau der Tierhaltung gelingen und der Anteil der Tiere in höheren Haltungsstufen spürbar steigen soll, ist es entscheidend, dass der Zugang der Schweinehalter zu den höheren Haltungsstufen auch tatsächlich ermöglicht wird. Dass die Landwirte hier bereitstehen, zeigen die Umfrageergebnisse deutlich. Letztendlich braucht es einen unbürokratischen Wachstumsbooster, wie er von Seiten der Bundesregierung auch für andere Teile der Wirtschaft angekündigt wurde.“
Strukturbruch droht
Fakt sei aber auch, so Staak, dass ein Umbau der Tierhaltung nur gelingen könne, wenn die Schweinehaltung hierzulande nicht wegbricht. Das gilt für die Schweinemast, ganz besonders aber für die Sauenhaltung. Hier drohe ein dramatischer Strukturbruch. Aufgrund der geänderten Haltungsvorgaben in diesem Bereich seien die Tierhalter gezwungen zu entscheiden, ob sie in ihren Stall investieren oder aussteigen. Aber Millionenbeträge investieren, um den Sauenbestand im günstigen Fall zu halten und um dann immer noch Ferkel nach gesetzlichem Standard zu erzeugen, sei angesichts der ausländischen Konkurrenz, die kostengünstiger erzeugen kann, kein überzeugender Businessplan.
„Ohne Unterstützung werden wir weite Teile der deutschen Ferkelerzeugung verlieren. Unsere Analysen zeigen, dass ein Viertel kurzfristig durch Ferkelimporte aus benachbarten EU-Staaten ersetzt werden könnte. Noch hat die neue Bundesregierung die Möglichkeit, hier gegenzusteuern. Beispielsweise müssen die Fördermaßnahmen des Bundes so ausgerichtet werden, dass Sauenhalter – und natürlich auch die Schweinemäster – diese zur Teilfinanzierung ihrer Investitionen überhaupt abrufen können“, so das Fazit von Dr. Torsten Staack.
Zu diesem Artikel liegen noch keine Kommentare vor.
Artikel kommentierenSchreiben Sie den ersten Kommentar.