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Erzeuger können ihren Milchpreis absichern

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Über ein Jahr lang haben die Hohenloher Molkerei und Prof. Dr. Holger Thiele vom ife-Institut an der Entwicklung des börsenbasierten Festpreismodells gearbeitet. Ende April 2019 war es dann soweit. Die Plattform ging online. Wie die Milchpreisabsicherung funktioniert und was dahintersteckt, erläuterte Thiele auf der Generalversammlung der Molkerei Ende Mai in Wolpertshausen.
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In dem über die Börse abgesicherten Festpreismodell können Milcherzeuger maximal 30 Prozent ihrer monatlich erzeugten Milchmenge absichern", so Prof. Dr. Holger Thiele, ife-Institut.
In dem über die Börse abgesicherten Festpreismodell können Milcherzeuger maximal 30 Prozent ihrer monatlich erzeugten Milchmenge absichern", so Prof. Dr. Holger Thiele, ife-Institut.Borlinghaus
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Die Hohenloher Molkerei, Schwäbisch Hall, ist die erste Molkerei in Süddeutschland, die ein börsenbasiertes Festpreismodell eingeführt hat. E rste Molkerei in ganz Deutschland war die Osterhusumer Meierei in Witzwort, Schleswig-Holstein. Wie Thiele berichtete, werden die Milchpreise heute zu rund 80 Prozent über den Weltmarkt bestimmt, während bis 2007 dieser Einfluss nur bei 27 Prozent lag. Für Holger Thiele Grund genug, in Sachen Preisabsicherung etwas zu unternehmen. Zumal die Preisschwankungen im Weltmilchmarkt meist höher sind, als in vielen anderen Produktmärkten wie Weizen, Soja, Rindfleisch, Kaffee oder Tee.

Teilnahme selbst ohne Vorwissen

Warum für den Milcherzeuger kein Risiko besteht: Für das angebotene Modell benötigen die Milcherzeuger kein Börsenwissen. Auch müssen die Landwirte keine Sicherheiten und Nachschüsse stellen. Ein Liquiditätsrisiko besteht nicht. Um kein Risiko einzugehen, bietet die Molkerei nur Festpreise an, die an der Börse abgesichert sind. Das Absicherungsgeschäft übernimmt die Molkerei. Es handelt sich um eine Serviceleistung der Molkerei. Durch die Festpreise für Teilmengen (maximal 30 Prozent der Milchmenge eines Betriebes) über mehrere Monate nach vorn, lässt sich das Preisrisikio für die gesamte Milchmenge des Betriebes um 15 bis 30 Prozent reduzieren.

Ziel der Absicherung: Das Festpreisangebot zielt nicht auf höhere Milchpreise ab. Es soll vielmehr einen Beitrag zur Stabilisierung der Milchpreise leisten.

Kosten: Die anfallenden Kosten tragen nur die Landwirte, die an der Absicherung teilnehmen. Die Kosten werden vom Börsenwert abgezogen. Im Schnitt liegen sie bei 0,5 bis 0,7 Cent pro kg Milch. Je weiter die Absicherung nach vorne geht, desto höher sind die Kosten, weil die Molkerei die Sicherheitsleistung stellen muss und die anderen Betriebe, die nicht mitmachen, nicht belastet werden dürfen. Würde der Milcherzeuger alleine, ohne die Molkerei an die Börse gehen, wären die Kosten zwar etwas geringer. Dazu müsste er allerdings ein eigenes Konto eröffnen, eine Bürgschaft hinterlegen, genügend Liquidität vorhalten und über ein solides Börsenwissen verfügen.

Preis auf der Homepage der Molkerei: Beim Börsenpreis, den der Landwirt im Internet auf der Homepage der Molkerei sieht, sind die Kosten bereits abgezogen. Der Landwirt muss also nur seine Qualitäts- und Mengenstaffeln und S-Zuschlag individuell berechnen lassen (siehe Beispiel in der Tabelle).

Betriebsindividueller Festpreis

So wird der Preis berechnet: In der Beispielrechnung vom 20. Mai für den Julipreis 2019 lag das Festpreisangebot bei 33,1 Cent pro kg. Bereinigt durch die Fett- und Eiweißkorrektur, plus den S-Zuschlag ergibt sich bei Landwirt 1 ein Festpreis von 34,5 Cent netto. Bei Landwirt 2 liegt der Auszahlungspreis für die abgesicherte Milch bei 33,71 Cent pro kg. Das heißt: Jeder, der überlegt den Preis abzusichern, muss vorher aus dem Börsenfestpreis (hier 33,1 Cent), den speziellen Absicherungspreis für seinen Betrieb ausrechnen (34,5 Cent bei Landwirt 1, 33,7 Cent bei Landwirt 2). Diese Preise ändert sich von Monat zu Monat, in erster Linie, weil sich die Festpreise ändern, teilweise auch weil die Fett- und Eiweißwerte leicht variieren. Die Cloud-Plattform bietet die Möglichkeit, den individuellen Milcherzeugerpreis (netto und brutto) anzeigen zu lassen.

Warum das Festpreismodell auch für Betriebe in Süddeutschland in Frage kommt: In Süddeutschland liegen die Milchpreise meist um rund 2 Cent über dem Bundesdurchschnitt und der Börsenmilchpreis orientiert sich in der Tat lediglich an den Butter- und Magermilchpulverpreisen in Standardqualität. Dieser Preis für die Grundverwertung von Rohmilch liegt um rund zwei Cent niedriger als der reguläre Auszahlungspreis. Im Süden gibt es je nach Molkerei und je nach Art der Verwertung einen ganzen „Blumenstrauß" an verschiedenen Aufschlägen, die an der Börse nicht abgebildet werden können, sagt Thiele. Im Festpreismodell für die Hohenloher Molkerei, so Thiele, werden diese spezifischen Zuschläge berücksichtigt und sind damit auch im Angebotspreis mit enthalten. Berechnet werden diese internen Zuschlagskosten vom ife-Institut, nicht von der Molkerei.

Preise langfristig sichern: Zur Preisabsicherung für Januar oder Februar 2020 lagen im Mai 2019 die finalen Preise des letzten Handelstermins bei 33,3 Cent. Leider kamen in der Anlaufphase nur Angebote für eine Milchmenge von 83.000 kg Kontrakte zusammen. Das war zu wenig, um an der Börse einen Kontrakt je Monat abzuschließen. So kam letztlich kein Geschäft zustande", berichtet Joel Küstner, der für Hohenloher Molkerei den Börsenhandel organisiert (siehe Interview).

Butter- und Magermilchkontrakte

Mindestmenge: Für die Molkerei beträgt die Mindestmenge pro Monat circa 100.000 kg Rohmilch, dies entspricht einem Butter- und zwei Magermilchkontrakten. Liegt man darunter, kommt es zu keiner Preisabsicherung. Liegen man darüber, zum Beispiel bei 150.000 kg, werden 100.000 kg abgesichert. Die übrigen 50.000 kg können nicht abgesichert werden, diese Menge wird den Anbietern anteilsmäßig abgezogen.

„Prüfen Sie das Festpreisangebot Ihrer Molkerei mit der gebotenen Kritik und werden Sie entsprechend Ihrer Kostenstruktur auf Ihrem Betrieb selber aktiv. Sie müssen sehen, ob Sie mit den Festpreis Ihre Kosten abdecken oder in schwierigen Situationen zumindest die Liquiditätsschwelle halten können," so Thiele.

Die Milcherzeuger der Hohenloher Molkerei wurden über die bevorstehende Einführung bereits auf den Milcherzeugerversammlungen und übers Rundschreiben informiert. „Wir kommen mit der Möglichkeit, einen Teil der Milchmenge über die Warenterminbörse abzusichern, einer Forderung auch von Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner und jüngst dem Parlamentarischen Staatssekretär Hans-Joachim Fuchtel nach, der sich ebenfalls für eine Absicherung des Milchpreises an der Börse aussprach. Mein Ziel war immer, dass wir als erste Molkerei in Süddeutschland unseren Milchbauern einen neuen Baustein für ihr betriebliches Risikomanagement bieten, um in volatilen Märkten besser bestehen zu können", meinte der Geschäftsführende Vorstand Martin Boschet.

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