HPAI-Impfung: Kommt bald die Zulassung?
Wie die StIKo Vet am 24. Januar 2024 mitteilte, bereiten die zuständigen Behörden in Deutschland in einer Bund-Länder-Arbeitsgruppe den Einsatz von Impfstoffen gegen die hochpathogene Aviäre Influenza (HPAI) vor.
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Paradigmenwechsel bei der EU-Kommission
Im Juni 2023 erläuterte die StIKo Vet in einer ausführlichen Stellungnahme die Möglichkeiten der Impfung gegen hochpathogene, aviäre Influenzaviren (HPAIV). Mit der Durchführungsverordnung 2023/361/EU hatte die Europäische Kommission einen Paradigmenwechsel in der Bekämpfung der Geflügelpest vollzogen. Zuständige Behörden können seitdem die Impfung von Geflügel gegen HPAIV – begleitet von strengen Überwachungsmaßnahmen – genehmigen, so die StIKo Vet.
Der Grund für den Paradigmenwechsel sei gewesen, dass die Viren mittlerweile dauerhaft in Zugvogel- und zunehmend auch in heimischen Vogelarten zirkulieren. Trotz europaweiter Bekämpfungsmaßnahmen verendeten weiterhin unzählige Wildvögel an dem Virus und aufgrund von Ausbrüchen in Geflügelbetrieben muss eine hohe Anzahl an Tieren gekeult werden. Die StIKo Vet hatte deswegen in der Stellungnahme die rechtliche Möglichkeit, Geflügelbestände durch eine effektive Impfprophylaxe zusätzlich vor HPAIV schützen zu können, uneingeschränkt begrüßt.
Niederlande: Positive Tests mit rekombinanten HVT-H5 Impfstoffen
Zwar stehe nach wie vor kein geeigneter, regulär zugelassener Impfstoff gegen aktuell zirkulierende HPAI-Viren zur Verfügung. Im letzten Jahr wurden aber zwei rekombinante HVT-H5 Impfstoffe, Vectormune der Firma Ceva und HVT-H5 (COBRA) der Firma Boehringer Ingelheim Vetmedica, am Wageningen Bioveterinary Research Institut in den Niederlanden an Hühnern getestet.
Die immunologisch HPAIV-naiven Tiere wurden am ersten Lebenstag immunisiert und nach acht Wochen mit einem aktuellen, heterologen H5N1-Challengevirus infiziert. Alle geimpften und direkt infizierten sowie alle geimpften Kontakt-Tiere überlebten den Versuch. Bei keinem der geimpften Tiere (unmittelbar infiziert oder Kontakt) sei eine kloakale Virusausscheidung beobachtet worden, berichtet die StIKo Vet und verweist auf die niederländische Impfstudie.
Frankreich: Impfstoffe erfolgreich an Enten getestet
Da HVT-Impfstoffe bei Wassergeflügel nicht eingesetzt werden können, wurden durch die zuständige französische Behörde ANSES zwei weitere Impfstoffe in Enten getestet. Der eine Impfstoff, Duck H5-SRV vaccine®, ist ein RNA Replicon Impfstoff, der von der Firma Ceva entwickelt wurde. Der zweite, Volvac B.E.S.T. AI+ND®, basiert auf rekombinant in Insektenzellen exprimiertem H5-Antigen und wurde von Boehringer Ingelheim entwickelt.
In diesen Versuchen wurden Entenküken zweimal unter Feldbedingungen im Abstand von 28 bzw. 18 Tagen parenteral geimpft und jeweils im Alter von sieben und elf Wochen einer Belastungsinfektion unterzogen. Auch wenn die geimpften Tiere nach Belastung Virus ausschieden, war die Virusausscheidung im Vergleich zu ungeimpften, infizierten Kontrolltieren aber signifikant reduziert. Dieser Effekt war im Alter von sieben Wochen, d. h. drei Wochen nach Abschluss der Immunisierung, deutlich ausgeprägter als nach elf Wochen.
In einem zweiten Versuchsdurchgang wurde die Virusübertragung von geimpften, infizierten Tieren auf geimpfte Kontakttiere im Alter von sieben Wochen untersucht. Im Vergleich zu ungeimpften Kontrolltieren schieden die infizierten, geimpften Tiere – unabhängig vom verwendeten Impfstoff – nur einen Bruchteil der Virusmenge aus. Auch in diesem Versuch konnte weder bei den geimpften, direkt inokulierten noch bei den geimpften Kontakttieren eine kloakale Virusausscheidung festgestellt werden.
StIKo Vet geht von Impfstoff-Zulassungen aus
Sowohl im Infektionsversuch mit Hühnern als auch im Entenversuch lag der R0-Wert der geimpften Vögel deutlich unter eins. Entsprechend der Einschätzung der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit sei dies eine Voraussetzung, die ein zukünftiger HPAIV-Impfstoff erfüllen müsse.
Insgesamt bewertet die StIKo Vet die Impf-Ergebnisse als erfolgversprechend. Die StIKo Vet geht deshalb davon aus, dass bald entsprechende Impfstoffe zugelassen werden. In Deutschland bereiten sich die zuständigen Behörden in einer Bund-Länder-Arbeitsgruppe derzeit auf den Einsatz der zu erwartenden, regulär zugelassenen Impfstoffe vor. Gleichzeitig warnt die StIKo Vet davor, von einer vollständigen Immunität der Tiere nach einer HPAIV-Impfung auszugehen.
Frankreich lässt Enten seit 2023 mit Ausnahmegenehmigung impfen
In Frankreich, wo insbesondere der Bereich der Entenmast existenziell von HPAI bedroht sei, wurden vergangenes Jahr fünf HPAIV-Impfstoffe per Ausnahmegenehmigung nach Artikel 110 (2) der europäischen Tierarzneimittel-Verordnung 2019/06 zugelassen. Eine Liste der Impfstoffe wurde auf Homepage der französischen Zulassungsbehörde (ANSES) veröffentlicht.
Im Oktober 2023 führte das französische Landwirtschaftsministerium eine verpflichtende HPAIV-Impfung für Mastenten ein. Eingesetzt werden können dabei die beiden oben beschriebenen, mittlerweile per Ausnahmegenehmigung zugelassenen Impfstoffe, Volvac B.E.S.T. AI+ND® und Duck H5-SRV vaccine®. Eine ausführliche Erläuterung der französischen Impfstrategie kann auf der Homepage des französischen Landwirtschaftsministeriums eingesehen werden.
Eintragsgefahr: USA stoppte europäische Enten-Importe
Die USA hatten als unmittelbare =Reaktion auf die Impfungen noch im Oktober 2023 den Import von Lebendgeflügel aus Frankreich sowie Enten, Enteneier und Entenprodukten aus der EU sowie Island, Norwegen, der Schweiz und Lichtenstein untersagt. Dieser Schritt wurde mit der erhöhten Gefahr einer unerkannten Viruszirkulation in geimpften Beständen und damit mit einer erhöhten Eintragsgefahr in die Vereinigten Staaten begründet. Obwohl die USA selbst derzeit mit einer Vielzahl von HPAIV-Ausbrüchen in Geflügelhaltungen konfrontiert sei, könne die StIKo Vet die Sorge der US-amerikanischen Behörden grundsätzlich nachvollziehen.
StIKo Vet betont Bedeutung von Überwachungsmaßnahmen
In ihrer Stellungnahme hat die StIKo Vet daher auf die besondere Bedeutung stringent umgesetzter Überwachungsmaßnahmen in Impfbetrieben hingewiesen. Wie das in der EU-Verordnung geforderte hohe Maß an Überwachungssicherheit bei vertretbarem Aufwand gewährleistet werden könne, werde derzeit weiter diskutiert.
Noch gebe es offene Fragen: So sei weiter unklar, welche Tiergruppen oder in welchen Regionen geimpft werden sollte. Ein flächenhafter Einsatz von HPAIV-Impfstoffen gerade im Bereich der Klein- und Hobbyhaltung werde aufgrund des aktuell erforderlichen Überwachungsaufwands kaum umsetzbar sein, so die Einschätzung der StIko Vet. Auch sei noch nicht vollständig geklärt, ob eine Virusprävalenz von fünf Prozent mit einem Konfidenzniveau von 95 Prozent mittels Tränkebeprobung detektiert werden könne.