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Interview mit der Geschäftsführerin des Zentrums Ökologischer Landbau

Dünger aus der Biotonne?

Dr. Sabine Zikeli ist Geschäftsführerin des Zentrums Ökologischer Landbau an der Universität Hohenheim. Im Rahmen des EU-Projekts Organic-Plus befasst sie sich unter anderem mit Fragen der Düngung, die für biozyklisch-vegan wirtschaftende Betriebe interessant sind. Sie findet, dass sich Grünschnittkompost gut für die Düngung eignen würde. Restrisiken wie die Fremdstoffbelastung blieben aber immer. Biotonnenkomposte seien dagegen schwierig, weil die Leute alles Mögliche in die Biotonne werfen.
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Infos zum laufenden Projekt Nutri@Ökogemüse zur Düngung im Ökogemüseanbau: www.nutri-oekogemuese.de

Wie sehen die Forschungen zur biozyklisch-veganen Produktionsweise an der Universität Hohenheim aus?

Unser Projekt Organic-Plus hat sich mit alternativen Düngemitteln im Ökolandbau beschäftigt. Wir haben gezielt Düngemittel ausgewählt, die mit dem bioveganen Anbau kompatibel sind, sprich betriebsinterne Dünger wie Kleegras, Kleegraspellets und betriebsexterne Dünger wie Tofumolke. Parallel gab es derzeit ähnliche Versuche im Projekt Nutri@Ökogemüse.

Was ist die Hauptschwierigkeit in Bezug auf Düngung und Bodengesundheit beim veganen Anbau?

In einem traditionellen tierhaltenden Ökolandbausystem gibt es ein internes Recycling: Der Nährstofffluss geht vom Acker in den Stall, wo Protein für die menschliche Ernährung produziert wird, dieses fließt aus dem Betrieb. Gleichzeitig habe ich Dünger in Form von Mist und Gülle, der zurückgeführt wird. Der Dünger ist mobil und kann überall in der Fruchtfolge eingesetzt werden. Bei einem veganen Anbausystem hingegen gibt es die Möglichkeit der tierischen Verwertung nicht. Der Stickstoff an sich ist dabei nicht das Problem. Ich brauche aber Kleegras, um ihn zu fixieren. Ich kann das Kleegras mulchen, allerdings verbleibt der vom Klee fixierte Stickstoff dann nur auf dieser Fläche. Alternativ kann ich das Kleegras silieren, so gewinnt man einen mobilen Dünger.

Bei Phosphat, Kalium und anderen Nährstoffen ergibt sich im veganen Anbau aber ein grundsätzliches Prob-lem. In der Ökotierhaltung existieren Nährstoffflüsse, die von außen über die Tierfütterung ins System einfließen. Diese sind mal größer, mal kleiner – das kommt auf die Tierart an. Bei Geflügel und Schweinen sind sie größer als beim Rind. Außerdem wird immer ein Teil der Nährstoffe intern über die tierischen Ausscheidungen rezykliert. In einem rein veganen System fehlen die Flüsse von außen, die Nährstoffe gehen aber mit dem Erntegut vom Betrieb. An dieser Stelle muss man den Kreislauf schließen.

Wie kann es gelingen, den Kreislauf zu schließen?

Da wird man über kurz oder lang auf Düngemittel aus dem städtischen Raum zurückgreifen müssen.

Über was reden wir da konkret? Abfälle aus der Biotonne sind beispielsweise nicht vegan.

Das ist das Problem – theoretisch ginge das auch über menschliche Reststoffe, sprich Fäkalien. Oder es ginge über Grünschnittkompost oder Reststoffe aus der Lebensmittelerzeugung, wie zum Beispiel Tofumolke.

Was steht dem im Wege? Warum wird das nicht in größerem Stil gemacht?

Beim Grünschnittkompost könnte es Schwierigkeiten mit Fremdstoffbelastung, zum Beispiel Plastikteilchen geben. Dieses Risiko ist allerdings bei diesem Material sehr gering. Meiner Ansicht nach sind Biotonnenkomposte viel schwieriger, weil die Leute alles Mögliche in die Biotonne schmeißen. Bei den Reststoffen aus der Lebensmittelverwertung gibt es unterschiedliche Restriktionen. In unseren Versuchen mit Tofumolke gab es zum Beispiel das Problem, dass sie relativ niedrige Nährstoffgehalte, aber sehr hohe Wasseranteile hat. Man müsste sie nochmal aufbereiten, um sie gut als Dünger einsetzen zu können.

Gibt es Kulturen, die besonders geeignet oder ungeeignet sind für den viehlosen Anbau?

Das kann man pauschal nicht sagen. Gemüse ist grundsätzlich herausfordernd bei der Düngestrategie, weil es viele Nährstoffe, vor allem Stickstoff und Kalium, braucht. Bei der Vermarktung von Gemüse kommt es eben stark auf die Optik an, viel stärker als beispielsweise beim Getreide, das gedroschen und vom Verbraucher als Mehl gekauft wird. Kohl kaufe ich als Kohlkopf oder Grünkohl. Wenn dieser nicht ausreichend mit Stickstoff versorgt ist, schlägt sich das in der Farbe nieder. Auf der anderen Seite haben diese Kulturen einen relativ hohen Deckungsbeitrag – der Landwirt kann also mehr in eine optimale Nährstoffversorgung investieren.

Was ist Ihre persönliche Meinung: Halten Sie einen bioveganen Anbau für sinnvoll?

Ich persönlich finde es schwierig, die Tiere aus der Landwirtschaft auszuschließen. Zum einen, weil die Tierhaltung das Potenzial bereithält, Reststoffe auch über das Tier zu veredeln: Ölpresskuchen kann man als Dünger einsetzen, aber man kann ihn eben auch über das Tier veredeln. Auch sind die Kreisläufe in einem viehhaltenden Betrieb deutlich einfacher zu schließen als in rein veganen Systemen. Außerdem gibt es Flächen, wie die Bergregionen im Allgäu, die absolutes Grünland sind und ohne Tierhaltung gar nicht für die Landwirtschaft nutzbar sind. Klar – wir müssen die Tierzahlen stark reduzieren, und wir Menschen müssen viel mehr Leguminosen essen. Aber einen kompletten Verzicht auf Tiere halte ich für schwierig.

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