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Tag der Milch in Leupolz

Aus Gras Milch und Fleisch erzeugen

Milch ist nicht nur lecker, sondern auch gesund, stellte Klaus Burger (MdL, CDU) gleich zu Beginn der Betriebsbesichtigung klar. Der Vorsitzende des Arbeitskreises „Ernährung, Ländlicher Raum und Verbraucherschutz hatte zum Tag der Milch am 1. Juni auf den Bioland-Bauernhof von Jakob Sigg nach Leupolz in Wangen im Allgäu (Landkreis Ravensburg) eingeladen.

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Betriebsleiter Jakob Sigg (links) stellt den Besuchern seine Milchviehhaltung vor. Mit auf dem Bild sind seine Partnerin Verena Mennig sowie die beiden CDU-Abgeordneten Raimund Haser und Klaus Burger (rechts).
Betriebsleiter Jakob Sigg (links) stellt den Besuchern seine Milchviehhaltung vor. Mit auf dem Bild sind seine Partnerin Verena Mennig sowie die beiden CDU-Abgeordneten Raimund Haser und Klaus Burger (rechts).Borlinghaus
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„Ohne die Milch und die Milchkühe gäbe es keine Kulturlandschaft, wie wir sie kennen. Jeder, der einen Liter Milch trinkt, pflegt einen Quadratmeter Landschaft“, rief Burger weiter zum Milchkonsum auf. Er lobte die Arbeit der Bäuerinnen und Bauern und begrüßte unter den Gästen unter anderem Ortsvorsteher Anton Sieber, Albrecht Siegel, Landratsamt, Landwirt Marcel Renz, Waldemar Westermayer, Landwirt und langjähriger MdB und Vorsitzender des Bauernverbandes Allgäu-Oberschwaben sowie zahlreiche Kolleginnen und Kollegen aus der CDU-Fraktion, wie den örtlichen Abgeordneten Raimund Haser, Vorsitzender des Arbeitskreises Umwelt, August Schuler (MdL) aus Ravensburg sowie die parlamentarische Beraterin Christina Klaiber und Christian Natterer, Kreisvorsitzender Ravensburg.

Junglandwirt übernimmt

Familie Sigg bewirtschaftet ihren Betrieb mit knapp 100 Milchkühen seit 2006 biologisch. Zuvor im Landkreis Biberach angesiedelt, hat der Großvater von Jakob Sigg im Jahr 1966 die Hofstelle in Leupolz gekauft, die der Vater Klaus Sigg weiterentwickelt hat. 2002 wurde der Stall erweitert und umgebaut. Der Stall ist offen und gut durchlüftet. Gemolken wird mit Unterstützung von drei 450-Euro-Kräften im Swing-Over-Melkstand mit zweimal 16 Plätzen. Vor vier Wochen durfte Jakob Sigg, der auch Vorsitzender des Agrargesprächskreises ist, den Betrieb offiziell übernehmen und kann nun in der dritten Generation neu durchstarten, so der Plan. Die Kühe - Holstein Frisian, Red Holstein, Holstein Frisian gekreuzt mit Brown Swiss - geben im Schnitt 8500 Liter Milch pro Kuh und Jahr und liegen mit einer Nutzungsdauer von 72 Monaten über dem Durchschnitt der Milchviehbetriebe im Land. Gefüttert werden sie mit Gras und Heu sowie einer hofeigenen Getreidemischung. Für die Tiere gibt es täglichen Weidegang.  Mit dem ersten Schnitt dieses Jahr zeigte sich Sigg sehr zufrieden.

Besonderheiten und Vermarktung

Sonnenstrom spielt bei Sigg eine große Rolle. Er hat über 150 KW starke Fotovoltaikanlagen auf den Gebäudedächern installiert und kann mit dem erzeugten Strom unter anderen auch die Heutrocknung laufen lassen. Da Sigg auf seinem Betrieb selbst keinen Ackerbau betreibt, hat er auch kein eigenes Stroh, weshalb bei ihm die Einstreu in den Liegeboxen des Laufstalls aus Sägespänen (zwei Drittel) und aus Urgesteinsmehl (ein Drittel) besteht. Kälber, die zur Ergänzung der Herde benötigt werden, zieht Sigg selber auf. Die anderen werden über einen Viehhändler verkauft, beziehungsweise es wird ein Teil des Jungviehs ausgelagert auf einen Pensionsbetrieb in Wolfegg. Das Getreide für die eigene Hofmischung kauft Sigg über andere Bioland-Kollegen zu, sagt er. Die rund 700.000 Kilogramm Milch gehen an die Käserei Bauhofer in Kofeld, einen kleinen Teil der Milch verarbeitet Sigg zu Käse, den er direkt ab Hof verkauft, die Biestmilch wird in Teilen an die Colostrum Technologies GmbH, Königsbrunn, verkauft.

Kälber selber aufziehen?

Landwirt Marcel Renz stellte das Projekt „EIP-Milchviehkälber – Wertschätzung durch Wertschöpfung“ vor. Hier geht es um die Problematik des Verbringens von nicht abgesetzten männlichen Kälbern aus der Milchviehhaltung in Regionen außerhalb Baden-Württembergs. Renz machte deutlich, dass Tierschutz und Tierwohl einen hohen Stellenwert haben und dass insbesondere die Molkereien allein schon aus Imagegründen verstärkt darauf achten, dass bei der Tierhaltung und bei den Tiertransporten keine Verstöße stattfinden. Jeder Transport, der schiefläuft, wird den Landwirten in die Schuhe geschoben. Hier müsse man aufpassen. Laut Renz würde ein Großteil der Gastronomie-Betriebe rund um den Bodensee argentinische Steaks anbieten. Aus unserer Region gebe es zu wenige Anbieter. Heimische Ware sei im Gegensatz zur argentinischen Steaks zu wenig standardisiert.

Fleischqualität verbessern

Bei den sogenannten Grain Food-Steaks (Getreidefütterung) sei die Marmorierung des Fleisches bislang immer noch besser als bei den Gras Food-Steaks. „Wir müssen uns aber daran erinnern, wie die Kuh früher gefüttert wurde. Früher hatte sie nur Gras“, so Renz. Entsprechend dieser Erkenntnis laufen derzeit Versuche mit viel Weide und einer längeren Wachstumszeit für die Kälber und Rinder, in der Hoffnung, die Fleischqualität zu verbessern. Projektpartner sitzen am Schlachthof in Überlingen und bei der Metzgerei Buchmann. „Wir wollen eine ganz tolle Qualität herausbringen“, ist Renz zuversichtlich. Das Problem seien die hohen Aufzuchtkosten dieser Kälber, insbesondere im Biobereich. Ein Fresser-Kalb, drei bis vier Monaten alt, das an der Mutterkuh trinken konnte, sollte etwa 700 bis 750 Euro bringen.

Chancen in der Mast

„Da wird es für den Mäster schwer, hier noch Geld zu verdienen“, erläuterte Renz. Ohne ein Markenprogramm sind die Chancen für die Vermarktung eher gering. Ziel müsse auch sein, die Futterrationen noch günstiger zu halten. Unterm Strich sieht Renz eine gute Chance für die Gras betonte Fütterung, wie sie der Biolandbetrieb Sigg praktiziert. Keine Chance sieht er in der Vermarktung von Kalbfleisch. „Unsere Chance in Süddeutschland sehe ich in der Rindermast aus der Milchviehhaltung heraus, gerne mit Kreuzungskälbern“, so Renz. Das Kastrieren der männlichen Kälber würde die Aufzucht der Ochsen deutlich erleichtern, weil diese Tiere dann auch besser auf die Weide könnten. Die Nachfrage sei grundsätzlich gegeben.

Landwirtschaft leistet wertvollen Beitrag zum Klimaschutz

Raimund Haser betonte die Beständigkeit der Region Allgäu-Oberschwaben. „Wir werden einer der letzten Regionen sein, in denen noch Fichten gepflanzt und Kühe gehalten werden können, ohne künstliche Bewässerung und dank der natürlichen Ressourcen“, zeigte sich Haser optimistisch. Gleichwohl befinde man sich strukturbedingt oftmals im Nachteil gegenüber anderen Regionen in Nord- und Ostdeutschland. „Durch unsere Strukturen sind wir teurer als die anderen“, so Haser. Deshalb sei die Gefahr groß, Marktanteile zu verlieren an Wettbewerber, die es in einigen Jahren vielleicht gar nicht mehr am Markt geben wird. Umso wichtiger sei es jetzt, langfristig zu denken und die Landwirtschaft in der Region zu halten. Dazu gehört auch, die Klimabilanzen im geschlossenen Kreislauf ganzheitlich zu betrachten. Dann nämlich werde man feststellen, dass die Landwirte einen wertvollen Beitrag zum Klimaschutz leisten, so Haser.  

Hohe Kosten und fallende Preise

Im Jahr 2021/2022 erwirtschafteten die Haupterwerbsbetriebe im Land ein ordentliches Ergebnis von 59.877 Euro. Das war ein deutliches Plus gegenüber dem vorherigen Wirtschaftsjahr 2002/21 mit 45.694 Euro. Nach den hohen Milchpreisen im zweiten Halbjahr 2022 bis zu 60 Cent pro kg liegt das Problem derzeit darin, dass die Produktionskosten weiter auf einem hohen Niveau von rund 48 Cent verharren, während der Milchauszahlungspreis seit Jahresbeginn deutlich gefallen ist und seit April 2023 wieder unter 50 Cent pro kg liegt. Hauptgrund für den Preiseinbruch sehen die Marktbeobachter in der gestiegenen Anlieferungsmenge bei einer gleichzeitig eher verhaltenen und in Teilen auch zurückgehenden Nachfrage im Lebensmitteleinzelhandel. 

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