Todeszellen im Apfelbaum
- Veröffentlicht am

Erwerbsobstbauern fürchten das Bakterium Erwinia amylovora, das Feuerbrand auslöst, denn die Krankheit lässt sich nur schwer bekämpfen, zumal die Behandlung mit Antibiotika zwischenzeitlich verboten ist. Ein Befall zieht einen Rattenschwanz an Maßnahmen, wie Entfernung befallener Baumteile oder gar die Rodung der Anlage nach sich.
Hoffen auf die Züchtung
Große Hoffnung liegt daher auf der Züchtung neuer resistenter Apfelsorten. Dazu muss vorher klar sein, wie Wirtsbaum und Schaderreger miteinander interagieren. Genau dies wird am Julius Kühn-Institut (JKI) in Dresden untersucht. Dabei konnten die Forscherinnen und Forscher nun nachweisen, dass ein einziges Protein des Bakteriums ausreicht, um Krankheitssymptome beim Apfel auszulösen. Die erstaunliche Wirkung, die dieses eine Protein, losgelöst vom Bakterium, auf den Apfel hat, beschreiben die JKI-Wissenschaftler aus Dresden und Berlin gemeinsam mit ihren US-amerikanischen Partnern in Kearneysville und einer Forschungseinrichtung in Neuseeland in einer wissenschaftlichen Publikation.
Effektorprotein spielt zentrale Rolle
Der Hauptakteur im Krankheitsgeschehen trägt den komplizierten Namen AvrRpt2EA und ist ein so genanntes Effektorprotein. „Mit unseren Experimenten konnten wir zeigen, dass AvrRpt2EA eine zentrale Rolle in der Wirt-Pathogen-Beziehung spielt“, berichtet Dr. Susan Schröpfer vom JKI. Im Allgemeinen werden Effektorproteine vom Bakterium gebildet und über ein spezielles Ausscheidungssystem in die Zellen der Pflanze eingeschleust. „Hier manipulieren sie in anfälligen Pflanzen die Zellfunktionen zugunsten des Bakteriums“, beschreibt Schröpfer die Tricks der Bakterien. „Doch wie das bakterielle Effektorprotein des Feuerbrands in der Pflanze genau wirkt, hatten wir bislang nur unzureichend verstanden“, sagt Professor Dr. Henryk Falchowsky. Der Leiter des JKI-Instituts für Obstzüchtung koordinierte die Zusammenarbeit mit den Partnern in den USA und Neuseeland.
Ein "Bett" aus toten Zellen
Die Pflanzen einer anfälligen Apfelsorte, in denen das Effektorprotein des Feuerbrandbakteriums aktiviert wurde, bildeten schon nach kurzer Zeit totes Gewebe im Bereich der Triebe und die Blätter wurden braun. Diese Krankheitssymptome treten auch bei einer natürlichen Infektion von anfälligen Apfelsorten auf. „In einem nächsten Schritt haben wir die Antwort der Pflanzen auf das fremde Bakterienprotein studiert“, beschreibt Flachowsky das Vorgehen. Dabei zeigte sich, dass das Effektorprotein eine Kettenreaktion anstößt und zwar die Salicylsäure-abhängige Antwort, die die Ausbildung von totem Gewebe fördert, den so genannten Nekrosen. Das legt die Vermutung nahe, dass der Feuerbranderreger, den Apfelbaum als seinen Wirt so manipuliert, dass dieser ihm „ein Bett“ aus toten Zellen bereitet, von denen er sich dann ernährt.
Einige Wildapfelarten besitzen spezielle Resistenzproteine, mit deren Hilfe sie den Feuerbranderreger erkennen und gerichtet die Abwehrreaktion einleiten. Die Dresdner Wissenschaftler konnten in einem bereits vorangegangenen Projekt zeigen, dass das gleiche Effektorprotein ebenfalls eine wichtige Rolle bei der Ausbildung der Resistenz spielt.
Taktik des Erregers noch nicht bis ins Detail geklärt
So entsteht aus den Einzelergebnissen Stück für Stück das Gesamtbild zur Wirkungsweise des Effektorproteins im Speziellen und über die Taktik des Feuerbrandbakteriums im Ganzen. Für die Dresdner Forscher bleiben noch Fragen offen: „Beispielsweise ist noch ungeklärt, wie es dem Bakterium-Effektorprotein in anfälligen Sorten genau gelingt, den Salicylsäure-abhängigen Abwehrweg anzustoßen und welche Wechselwirkungen es mit dem apfeleigenen Resistenzprotein FB_Mr5 in resistenten Apfelwildarten gibt“, sagt Flachowsky mit Blick auf künftige Forschungsprojekte.
Zu diesem Artikel liegen noch keine Kommentare vor.
Artikel kommentierenSchreiben Sie den ersten Kommentar.