Fallstricke bei der Beschäftigung von Saisonkräften
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Der Klassiker bei der Beschäftigung von Saisonkräften ist die kurzfristige Beschäftigung, um Sozialabgaben zu sparen. Nachdem es für die Entfristung von der Politik grünes Licht gab, können die Erntehelfer nun weiterhin drei Monate beziehungsweise 70 Arbeitstage pro Kalenderjahr beschäftigt werden.
Wann gilt was?
Doch wann gilt welche Zeitgrenze? Nicole Spieß klärte auf. Der Drei-Monats-Zeitraum greift, wenn mindestens an fünf Arbeitstagen pro Woche gearbeitet wird. Die 70 Arbeitstage-Regelung gilt, wenn Saison-Arbeitskräfte an weniger als fünf Arbeitstagen pro Woche beschäftigt werden. Wird die kurzfristige Beschäftigung jedoch auf mehrere Zeiträume aufgesplittet, so treten bei der Zusammenrechnung dieser Beschäftigungszeiten an die Stelle der drei Monate 90 Kalendertage. Dabei wird jeder Monat, unabhängig davon wie viele Tage er tatsächlich zählt, mit 30 Kalendertagen angesetzt. Nachteilig kann dies für einen Arbeitgeber im Monat Februar sein. Denn bei den anzurechnenden Arbeitstagen wird, sofern dies über einen Monat hinweg erfolgt, also ein Zählmonat und kein kalendarischer Monat zugrunde gelegt wird, auch der Februar mit 30 Kalendertagen angesetzt.
Die Referentin veranschaulichte dies an einem Beispiel: Eine Beschäftigung vom 22. 2. bis 26. 3 wird mit 35 Kalendertagen angesetzt. Basis der Berechnung sind dabei der Zeitmonat vom 22. 2. bis 21. 3 mit 30 Kalendertagen (!) und der Teilmonat ab 22. 3. bis 26. 3. mit 5 Kalendertagen.
Kurzfristig nur bei nicht berufsmäßiger Tätigkeit
Kurzfristige Beschäftigungen sind nur dann versicherungsfrei, wenn sie nicht berufsmäßig ausgeübt werden. Das schränkt den möglichen Kreis der zu Beschäftigten ein auf
- Arbeitsnehmer mit versicherungspflichtiger Beschäftigung (auch während eines bezahlten Urlaubs)
- Selbstständige
- Beamte
- Personen, die ein freiwilliges Jahr oder den Bundesfreiwilligendienst absolvieren
- Hausfrauen und Hausmänner
- Studierende und Schüler
- Schulabgänger zwischen Abitur und Studium
Nur versicherungspflichtig beschäftigt werden können dagegen
- alle in einer versicherungspflichtigen Beschäftigung stehenden Arbeitnehmer während eines unbezahlten Urlaubs
- Arbeitssuchende
- Sozialhilfeempfänger
- Asylbewerber
- Personen in Elternzeit
- Schulabgänger bis zur Aufnahme einer Beschäftigung oder einer Ausbildung
- Studierende nach Abschluss des Studiums vor Eintritt ins Berufsleben
„Berufsmäßig ist damit im Prinzip alles, was für den Arbeitnehmer von nicht untergeordneter Bedeutung ist“, mahnte die Geschäftsführerin des Arbeitgeberverbandes zur Vorsicht. Deshalb gelte es beispielsweise genau aufzupassen bei Schülern mit Studienabsicht. Hier sei es ratsam, sich eine Kopie vom Bewerbungseingang an einer Uni geben zu lassen, um auf der sicheren Seite zu sein. Auch der Status eines Hausmannes oder einer Hausfrau wird vom Sozialversicherungsträger in einigen Regionen bereits kritischer hinterfragt, weshalb weitere Nachweise – wie beispielsweise den Arbeitsvertrag des Partners der Saisonkraft oder dessen Rentenbescheid – hilfreich sein können. Selbstständige sollten ihren Status am besten über einen Gewerbeschein nachweisen. „Ich kann nur dazu ermutigen, denn wenn bei Betriebsprüfungen Unregelmäßigkeiten festgestellt wurden, drohten in der Vergangenheit nicht selten Nachzahlungen in fünfstelliger Höhe“, warnte Spieß.
Mindestlohn steigt in zwei Stufen
Dass der Mindestlohn nun binnen zwei Jahren zweimal steigt, obwohl ursprünglich von der Mindestlohnkommission anders angekündigt, bedauerte die Sozialreferentin. Für dieses Jahr wurde der Mindestlohn auf 9,19 Euro pro Stunde festgesetzt und damit entsprechend der Tarifentwicklung erhöht. Im nächsten Jahr steigt er auf 9,35 Euro. Daraus resultiert für die Sonderkulturbetriebe eine erhebliche Belastung. Allerdings führe die Politik als Argument immer wieder ins Feld, dass trotz Einführung des Mindestlohns, sich an den Anbauverhältnissen keine gravierenden Änderungen ergeben hätten.
Etwas entschärft wurden die im Arbeitszeitgesetz vorgesehenen Aufzeichnungspflichten über die Arbeitszeit. Dies sei jetzt nur noch für geringfügig entlohnte Arbeitskräfte vorgeschrieben. Für mitarbeitende Ehegatten, eingetragene Lebenspartner, Kinder oder Eltern des Unternehmers entfällt die Aufzeichnungspflicht. Detaillierte Hinweise dazu gibt es auf der Homepage der Zollverwaltung. Nach dem Arbeitszeitgesetz ist die werktägliche Arbeitszeit auf acht Stunden ohne Pausen festgesetzt, die maximale Arbeitszeit pro Woche liegt bei 48 Stunden. Eine Verlängerung auf bis zu zehn Stunden täglich ist zulässig, wenn binnen sechs Monaten oder 24 Wochen ein Ausgleich der Arbeitszeit auf durchschnittlich acht Stunden erfolgt . In Notfällen, etwa bei drohenden Unwettern, seien auch mehr als zehn Stunden zulässig. Dieses Unwetterereignis sollte aber durch entsprechende Wetterberichte belegt werden können, riet die Referentin.
Arbeitgeberverband hat gut verhandelt
Weniger Probleme mit dem Arbeitszeitgesetz hätten Arbeitgeber, die Mitglied seien im Arbeitgeberverband für Land- und Forstwirtschaft Baden-Württemberg. Nachdem fünf Jahre an Regelungen gefeilscht wurde, sei nun ein Rahmentarifvertrag unter Dach und Fach. Danach seien mehr als zehn Stunden pro Tag erlaubt während der Bestell- und Erntezeit sowie wenn dies witterungsbedingt erforderlich sei. Die Grenze von 60 Wochenstunden dürfe aber nicht überschritten werden.
Während die vom Arbeitszeitgesetz geforderten Pausen weniger Probleme bereiten, können Ruhezeiten schon eher zum Stein des Anstoßes werden. Laut Arbeitszeitgesetz sind bei mehr als sechs Stunden andauernder Beschäftigung Pausen von einmal 30 Minuten oder zweimal 15 Minuten einzuhalten. Geht die Arbeitszeit über neun Stunden hinaus, erhöht sich die vorgeschriebene Pause auf 45 Minuten.
Bei der Ruhezeit ist nach dem Arbeitszeitgesetz vorgeschrieben, dass zwischen zwei Arbeitstagen eine Pause von elf Stunden einzuhalten ist. In der Landwirtschaft kann diese Zeit auf bis zu zehn Stunden gekürzt werden, wenn eine andere Ruhezeit auf mindestens zwölf Stunden innerhalb eines Monats verlängert wird. Nach dem neuen Rahmentarifvertrag des baden-württembergischen Arbeitgeberverbandes für Landwirtschaft und Forsten kann diese Ruhezeit auf bis zu acht Stunden verkürzt werden.
Gespräche mit Drittstaaten
Angesichts der steigenden Probleme, ausreichend Saisonkräfte zu bekommen, werden Forderungen nach Öffnung des Arbeitsmarktes für Angehörige aus Drittländern lauter. Dafür gebe es durchaus positive Signale von der Politik, wusste Spieß zu berichten. Erste Gespräche mit der Ukraine seien erfolgt, allerdings seien die dortigen Behörden nicht allzu sehr daran interessiert. Denkbar wäre auch die Ausweitung auf den Westbalkan oder in fernere Länder, meinte die Referentin.
LKK trotz Erhöhung noch günstig
Die Beitragserhöhung von durchschnittlich 14 Prozent zur Landwirtschaftlichen Krankenkasse (LKK) zum Jahreswechsel hat bei vielen Betrieben zu Unmut geführt. Dafür zeigte Lars Wissmann von der Sozialversicherung für Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau (SVLFG) Verständnis. Die Gründe sind vielschichtig, wie er erläuterte. Dazu zählen neben der erforderlichen Deckung und steigenden Leistungsausgaben rückläufige Mitgliederzahlen und die gesetzlich festgesetzte Erhöhung des Beitrags zur Pflegeversicherung. Außerdem machte er deutlich, dass die Beiträge bereits im vergangenen Jahr hätten steigen müssen. Um dies zu verhindern, wurden Betriebsmittel in Höhe von rund 22 Millionen Euro eingesetzt. Dass die Beiträge bereits in den letzten Jahren stets gestiegen sind, begründete Wissmann mit der Angleichung auf Bundesebene nach Gründung der bundesweiten SVLFG. Davor sei die LKK Baden-Württemberg extrem günstig gewesen. Doch trotz des zwischenzeitlich erreichten Ausgleichs habe die LKK im Durchschnitt immer noch günstige Beiträge bei mittlerweile vergleichbaren Leistungen. Für Ehegatten und Kinder sei die Versicherung vorteilhaft, da auch bei eigenem Einkommen aus der Land- und Forstwirtschaft eine beitragsfreie Mitversicherung möglich sie. Als weiteren Vorteil nannte Wissmann die günstige Möglichkeit einer freiwilligen Versicherung.
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