Hauk verteidigt Eckpunktepapier
- Veröffentlicht am

Rund hundert Schlepper, teils mit erleuchteten grünen Kreuzen und Spruchbändern versehen, die vor der Rotachhalle in Ailingen aufgereiht waren, ließen erahnen, dass dies keine einfache Informationsveranstaltung für den Landwirtschaftsminister werden würde. Doch Hauks Atem war lang und seine Botschaft in der Diskussionsveranstaltung eindeutig: Er sieht keine Alternative zum Eckpunktepapier, das vom Kabinett beschlossen und in den nächsten Monaten in Gesetzesform gegossen werden soll. Mehr als einmal unterstrich er, dass dies gerade den Obstbaubetrieben am Bodensee eine Zukunft sichert.
„Wäre das Volksbegehren „Pro Biene“ gekommen, war klar, dass dies an die Existenz der Landwirtschaft geht“, stellte er fest mit dem Hinweis auf rund 30 Prozent der Landesfläche, die unter Schutz steht. Ab dem Jahr 2021 wäre dort Pflanzenschutz verboten gewesen, ob chemisch-synthetisch oder biologisch. Dieses Verbot wäre ab 2025 um weitere 20 Prozent ausgeweitet worden mit einer flurstücksscharfen Abgrenzung. „Kein Pflanzenschutz im Obstbau aber wäre das Ende gewesen“, unterstrich er. Zweiflern, ob die notwendigen 770.000 Unterschriften erreicht worden wären, hielt er entgegen, dass neben den Initiatoren des Volksbegehrens auch kampagnenerfahrene Organisationen wie der BUND und der NABU zu den Unterstützern zählten.
Verantwortung liegt beim Land
Um das Volksbegehren auf Eis zu legen, musste den Unterstützern ein entsprechendes Angebot gemacht werden. Mit dem im Eckpunktepapier genannten Ziel einer Reduktion um 40 bis 50 Prozent bei chemisch-synthetischen Pflanzenschutzmitteln bis zum Jahr 2030, das in Wortmeldungen mehrfach kritisiert wurde, sieht sich der Landwirtschaftsminister dennoch auf dem richtigen Weg. Zum einen sei dies eine Vorgabe, für die das Land und nicht der Einzelbetrieb verantwortlich sei. Zum anderen stünden dabei neben der Landwirtschaft auch andere Anwender in der Pflicht wie etwa die Bahn und Kommunen. „Wir wollen Handreichungen geben, werden aber keinem Einzelbetrieb genaue Vorgaben machen. Verbote wird es nicht geben“, sicherte Hauk zu.
Integrierte Produktion im Obstbau längst Standard
Er räumte ein, dass es im Obst- und Weinbau schwierig sei, das Reduktionsziel zu erfüllen. „Auf zwei Prozent der Fläche sorgen Sie für ein Drittel der Gesamtwertschöpfung der Landwirtschaft in Baden-Württemberg. Auf 40 Prozent der Pflanzenschutzmittel zu verzichten, werden Sie nicht können. Deshalb ist es ein globales Ziel“, versicherte er. Damit seien auch die massiven Einschränkungen in Schutzgebieten vom Tisch, zumal die dort vorgesehene Vorschrift zur integrierten Produktionsweise im Obstbau längst Standard ist. Nur in Naturschutzgebieten gelte dann noch das Verbot von chemisch-synthetischen Pflanzenschutzmitteln. Aber auch hier seien Ausnahmen möglich, sollten Betriebe in ihrer Existenz bedroht sein.
Um die angestrebten Reduktionsziele zu erreichen, machte der Minister eine überschlägige Rechnung auf. So soll ein Verbot von Pflanzenschutzmitteln in Hausgärten acht Prozent Einsparung bringen. Mit sieben Prozent kalkuliert er aus dem Umstieg weiterer Betriebe auf den Bioanbau. Technische Fortschritte in Folge der weiteren Digitalisierung der Landwirtschaft sollen zehn Prozent und eine modernere Applikationstechnik bis zu 15 Prozent bringen. „Die letzten zehn Prozent werden in zehn Jahren dann auch noch machbar sein“, meinte er. Dabei kündigte er an, dass es Anreizprogramme geben soll, vornehmlich über die zweite Säule. Geplant ist beispielsweise in FAKT mehr Angebote für Ackerbau sowie den Obst- und Weinbau zu machen. Ferner kündigte Dr. Konrad Rühl, Leiter der Abteilung Landwirtschaft im Ministerium Ländlicher Raum, Überlegungen an für ein Förderprogramm zur Applikationstechnik und zur mechanischen Bodenbearbeitung.
Datenerhebung in einem Betriebsnetz
Um eine Basis für die Reduktionsziele zu schaffen, ist ein Betriebsnetz mit 150 bis 200 Betrieben über alle Kulturen hinweg vorgesehen. Parallel dazu soll ein Netz von 25 bis 30 Demonstrationsbetrieben eingerichtet werden, die gut betreut und von den Landesanstalten beraten Einsparpotenziale beim Pflanzenschutz ausloten, bevor diese in die breite Praxis eingeführt werden. Sollten die Reduktionsziele nicht erreicht werden, sei der Adressat das Land und die Landesregierung, nicht der einzelne Betrieb, betonte der Landwirtschaftsminister.
Nachfrageorientierter Ausbau des Bioanbaus
Abgemildert sieht Hauk auch die Forderungen zum Ausbau des Bioanbaus in Baden-Württemberg. Statt der im Volksbegehren genannten 50 Prozent wurde im Eckpunktepapier ein Ziel von 30 bis 40 Prozent bis zum Jahr 2030 genannt. Im Gesetz soll formuliert werden, dass dies nachfrageorientiert zu erfolgen hat.
Es müsse aber auch Schluss damit sein, den Insektenschwund allein der Landwirtschaft anzulasten. Die Landwirtschaft habe nicht mehr Anteil daran als jeder andere Bürger auch. Deshalb sollen Schottergärten verbannt, Kommunen zur Anlage von Blühflächen angehalten und die Lichtverschmutzung eingedämmt werden, indem eben nicht mehr jedes touristisch attraktive Bauwerk nachts angestrahlt werde. „Landwirtschaft ist Teil der Lösung und nicht Teil des Problems“, sagte Hauk unter Beifall des Publikums.
Zukunftsängste belasten
Bei der von Pressespecherin Isabel Kling moderierten Diskussion kam immer wieder zum Ausdruck, wie sehr die Landwirte unter der mangelnden Wertschätzung ihrer Arbeit leiden, wie sehr sie überzogene Forderungen der Gesellschaft und Politik belasten und welche Existenzängste sie plagen, um auch noch in Zukunft ihr Auskommen auf den Betrieben zu haben. Belegte Leistungen, wie etwa die Zunahme bedrohter Wildbienenarten im ProPlanet-Projekt nach der Anlage von Blühflächen würden ignoriert.
Zu Beginn der Veranstaltung hatte Dr. Manfred Büchele, Geschäftsführer des Kompetenzzentrums Obstbau Bodensee (KOB), zudem auf das wirtschaftliche schwierige Umfeld der Obstbaubetriebe verwiesen. Trotz der Hilfen des Landes habe das Frostjahr 2017 seine Spuren hinterlassen. Dazu kamen die schlechten Auszahlungspreise der Ernte 2018 und das in einem Markt, der seit Jahren hart umkämpft sei. Trotz anderslautendem Bekunden kauften Verbraucher aber nach wie vor in erster Linie nach dem Preis. Viele Vorwürfe der Gesellschaft gegenüber der Landwirtschaft hielten wissenschaftlichen Untersuchungen nicht stand, meinte Büchele. Die Landwirte wüssten, dass die Zusammenhänge in der Natur komplex seien und dass sie nicht gegen die Natur arbeiten können.
Neue Sorten in Aussicht
In einem Impulsreferat beleuchtete Dr. Christian Scheer vom KOB die bereits seit Jahren praktizierten Pflanzenschutzmaßnahmen im Rahmen der IP, durch die der Einsatz chemisch-synthetischer Mittel bereits reduziert und toxische Produkte ersetzt wurden. Michael Glaser vom LTZ Augustenberg wies auf Einsparpotenziale durch die Optimierung der Applikation, den Einsatz moderner Sprühtechnik sowie abdriftarmer Düsen hin. Sortenexperte Dr. Ulrich Mayr vom KOB ging auf robuste und resistente Sorten ein. Eine Ursache für den nur begrenzten Marktzugang resistenter Sorten sieht er in den Forderungen des Lebensmittelhandels. Dieser verlangte für die Bioproduktion die gleichen Sorten wie für die IP. Dies könnte sich allerdings in Zukunft ändern, nachdem die Züchtungskooperation mit der UEB Prag, die auch von Obstbauern finanziell unterstützt wird, erste Früchte trägt. Dabei sollen diese Sorten dann nicht gemanagt werden, sondern frei zugänglich sein.
Zu diesem Artikel liegen noch keine Kommentare vor.
Artikel kommentierenSchreiben Sie den ersten Kommentar.