Tipps für den Getreide-Nachbau
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Moderne Öko-Zuchtsorten haben mit ihren Vorteilen die althergebrachten Hofsorten weitgehend verdrängt. Zunehmend rücken auch Populationssorten (CCP) in den Fokus der Züchter. Der Nachbau leistungsstarker Getreidesorten zur eigenen Saatgutgewinnung ist für Biolandwirte aber nach wie vor interessant - insbesondere mit Blick auf das Leitbild des geschlossenen Hoforganismus.
Getreide-Saatgut kaufen oder selber nachbauen?
Vor 35 Jahren gab es noch keine Öko-Getreidesorten und die Anforderungen an die Backqualität waren geringer. Damals spielten Hofsorten im Ökolandbau eine große Rolle. Sie entstanden bei langjährigem Nachbau konventioneller Sorten und passten sich epigenetisch an die lokalen Standortbedingungen an.
Der Aufwand für die Saatgutpflege und steigende Qualitätsanforderungen begünstigten jedoch den Umstieg auf neue Sorten. Das Angebot an ökologisch gezüchteten Sorten verstärkte diese Entwicklung. Heute haben moderne Öko-Zuchtsorten mit ihren agronomischen Vorteilen die klassischen Hofsorten im Anbau weitgehend verdrängt. Für Ökobetriebe mit dem Leitbild des weitgehend geschlossenen Hoforganismus ist der ein- bis zweijährige Nachbau leistungsstarker Getreidesorten zur betriebseigenen Saatgutgewinnung aber nach wie vor interessant.
Recht: Wann ist der Getreidenachbau erlaubt?
Landwirte dürfen bestimmte Arten für den eigenen Bedarf nachbauen, ohne damit gegen das Sortenschutzrecht zu verstoßen (Landwirteprivileg). Synthetische und Hybridsorten sind von dieser Regelung ausgenommen.
"Grundsätzlich ist der Nachbau nur aus der eigenen Ernte und für den eigenen Betrieb möglich." Rechtsanwalt Jens Beismann
Das Privileg gilt nur, wenn der Landwirt die Nachbaubedingungen erfüllt und, je nach Anforderung des Züchters, die Nachbauentschädigung zahlt. Wird er zum Beispiel von der Saatgut-Treuhandverwaltungs GmbH (STV) ordnungsgemäß zur Auskunft über die nachgebauten Sorten aufgefordert, muss er diese erteilen. Das Erntegut zu Saatzwecken an Dritte abzugeben, ist unzulässig!
Recht: Was außerdem für den Öko-Getreidenachbau gilt.
Z-Saatgut bietet hohe Qualität
Als Öko-Saatgut zählen auch konventionelle Sorten, die lediglich ein Jahr auf ökologischen Flächen vermehrt wurden. Öko-Zuchtsorten werden dagegen durch Kreuzung und Selektion auf Ökoflächen entwickelt. Öko- Z- Saatgut bietet mehr Zuverlässigkeit hinsichtlich Krankheitsdisposition, Keimfähigkeit und Triebkraft. Sie unterstützen die Arbeit der Züchter und profitieren vom Zuchtfortschritt.
Der Landhandel bietet Öko-Z-Saatgut an. In Süddeutschland ist die Bioland-Handelsgesellschaft als Vermehrungsorganisationsfirma der zwei bedeutendsten biodynamisch gezüchteten Qualitätsweizensorten ‘Aristaro’ (Dottenfelderhof) und ‘Wiwa’ (Getreidezüchtung Peter Kunz) tätig. In Baden-Württemberg ist die LTZ Augustenberg für die Saatgutanerkennung nach Saatgutverkehrsgesetz zuständig. Die Zertifizierung erfolgt nur, wenn:
- die Sorte zugelassen ist,
- der Feldbestand die festgesetzten Anforderungen erfüllt (Feldbestandsprüfung) und
- das Saatgut den Anforderungen der gesetzlich definierten Beschaffenheit entspricht (Beschaffenheitsprüfung).
Bei der Feldbesichtigung des Vermehrungsbestandes müssen hohe Standards bei Fremdbesatz und Gesundheitszustand erfüllt werden. Für Weizen gelten folgende Standards:
- Keimfähigkeit: Mindestens 92 Prozent der reinen Körner;
- Gesundheit: keine lebenden Schadinsekten oder Milben, keine parasitischen Pilze oder Bakterien in größerem Ausmaß;
- Fremdbesatz: Höchstens vier Körner anderer Arten pro 500-Gramm-Probe. Für Flughafer und Flughaferbastarde gilt die Nulltoleranz;
- Reinheit: Höchstens drei Körner anderer Getreidearten pro 500-Gramm-Probe.
Basis-Saatgut wird von konventionellen Züchtern nur an Saatgutvermehrer geliefert, deren Aufbereiter ein gültiges Audit des Qualitätssicherungssystems für Z-Saatgut (QSS) vorweisen können und einen gültigen Aufbereitungslizenzvertrag haben.
Hochwertiges Getreide-Saatgut für den Nachbau produzieren
Der Saatgut-Nachbau bringt ökonomische Vorteile, birgt aber auch Risiken. Im Nachbau von Weizen, Dinkel und Emmer kann Steinbrand vermehrt werden. Bei Weizen, Gerste und Hafer besteht die Gefahr von Flugbrand. Keimfähigkeit und Triebkraft sind unsicherer. Damit der Nachbau gelingt, sollten Sie deshalb folgende Hinweise beachten:
Fruchtfolge, Feldhygiene, Saat:
Getreide zur Saatguterzeugung sollte nur auf unkrautarmen, gesunden und ertragsstarken Flächen angebaut werden. Pflügen ist empfehlenswert, da Ausfallsamen und Schadpilze vergraben werden sowie der Wurzelraum gelockert wird. So entsteht ein „sauberer Tisch“ für die spätere verstopfungsfreie Striegelarbeit. Getreide eignen sich nicht als Vorfrucht. Besser sind Kleegras oder Körnerleguminosen. Späte Saattermine reduzieren den Unkrautdruck und bringen durch einzelhalmbetonte Bestände größere Körner mit höherem Eiweißgehalt hervor. Spätsaaten besitzen nach Erkenntnissen des biologisch-dynamischen Landbaus eine höhere Reproduktionskraft.
Düngung:
Achten Sie auf ausgewogene Nährstoffverhältnisse nach Bodenanalyse und Ihrer Beobachtung. Zu üppiges Wachstum kann die Qualität mindern. Bringen Sie keine frischen Miste oder Komposte aus. Diese können keimfähige Unkrautsamen und Samen anderer Getreidearten oder -sorten enthalten.
Wildkrautregulierung:
Nicht jedes Wildkraut ist ein Unkraut. Beachten Sie die Zeigerwirkung der Beikräuter auf den Bodenzustand. Manche Arten sind auch bedroht – entwickeln Sie Toleranz! Unkrautregulierung erfolgt im ökologischen Landbau hauptsächlich zwischen den Kulturen: Mit einem steten Wechsel von Winterung und Sommerung, Kleegras und Zwischenfrüchten mit spezialgereinigtem Saatgut sowie einer sauberen Stoppelbearbeitung lässt sich der Unkrautdruck reduzieren. Etwa zehn Tage vor der Saat können Sie bei stabilem Wetter ein falsches Saatbett anlegen und auflaufende Unkräuter bei der Saat erfassen. Striegeln im Vor- und Nachauflauf muss im Keimstadium der Unkräuter erfolgen – dann werden bis zu 90 Prozent der Unkräuter erfasst.
Bestandespflege:
Spätestens beim Übergang in die Gelbreife ist der Vermehrungsbestand auf Steinbrand (Weizen, Dinkel, Emmer) Flugbrand (Weizen, Gerste, Hafer) und Mutterkorn (Roggen) zu inspizieren! Befallene Bestände eignen sich nicht zur Saatgutgewinnung.
Ernte, Reinigung, Lagerung:
Am Feldrand stehen oft ungeeignete Pflanzen. Ernten Sie daher mit kornsauber gereinigtem Mähdrescher eine Schneidwerksbreite vom Rand des Vermehrungsbestands als Konsumgetreide (Vermehrungsbestände optimal dreschen). Reinigen Sie das geerntete Saatgut sofort nach dem Dreschen. Trocknen Sie es, wenn nötig, bei maximal 40°C auf 14 Prozent Wassergehalt. In feuchtem Getreide können sich Fusariumtoxine bilden, die den Keimling schädigen. Sortieren Sie Großkörner als Saatgut aus; bei Weizen zum Beispiel über ein 2,5-mm-Sieb. So lassen sich triebkräftige, gesunde Körner von kleinen, kranken und triebschwachen trennen.
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Keimfähigkeit und Triebkraft:
Saatgut sollte immer auf Keimfähigkeit und Triebkraft überprüft werden – entweder durch Laboranalysen oder eigene Tests. Zählen Sie dazu 100 Körner auf Fließpapier (Keimfähigkeit) und in eine Schale mit Ackererde (Triebkraft) – hier das Saatgut circa zwei Zentimeter mit Erde überdecken. Nach 24 Stunden stellen Sie die Behältnisse für zwei Tage in den Kühlschrank, danach wieder wärmer. Bei hochwertigem Nachbausaatgut muss die Keimfähigkeit über 90 Prozent und die Triebkraft über 80 Prozent liegen.
Keine kranken Körner für den Nachbau!
Gesundes Saatgut ist wichtig für einen erfolgreichen Nachbau. Wer Weizen, Dinkel, Emmer, Gerste, Hafer und Roggen nachbauen will, sollte das als Saatgut vorgesehene Getreide daher stets auf wichtige Krankheiten wie Steinbrand untersuchen (lassen). Tritt ein Befall auf, eignet es sich nicht zur Saatgutgewinnung.
Nachbausaatgut von Weizen, Emmer und Dinkel müssen Sie immer auf Steinbrandsporen untersuchen lassen. Wer hier spart, der spart am falschen Ende. Jedes Jahr landen Dinkel, Weizen oder Emmer mit Steinbrand aufgrund mangelnder Nachbaupflege im Futtertrog oder in Biogasanlagen.
Steinbrand - mehr als 500 Sporen gehören nicht ins Saatgut!
Bei einem Besatz bis zu etwa 500 Sporen können Sie das Saatgut mit öko-zulässigen Mitteln beizen. Partien mit höherem Sporenbesatz sind als Saatgut ungeeignet. Mit Steinbrand befallene Pflanzen drischt man am besten separat und zum Schluss. Die Sporen dürfen nicht ins Lager gelangen.
Beizen empfiehlt sich in folgenden Situationen:
- bei Saatgutvermehrung ab einer Spore; im übrigen Anbau ab zehn Sporen,
- bei zurückliegendem Steinbrandbefall auf der Fläche mit höherem Sporenpotenzial im Boden und in Fruchtfolgen mit hohem Getreideanteil.
Beizmittel für den Ökolandbau
Folgende Beizmittel sind im Ökolandbau zugelassen (Stand April 2021):
- Tillecur für Weizen und Dinkelsaatgut gegen Steinbrand. Das Pflanzenstärkungsmittel auf Basis von Gelbsenfmehl bringt bei Weizen zuverlässig hohe Wirkungsgrade bis 96 Prozent gegen Stink-Steinbrand.
- Cerall für Weizen-, Roggen- oder Triticalesaatgut gegen Fusariumarten, Septoria nodorum und Steinbrand.
- Cedomon für Gerste, Dinkel und Hafersaatgut gegen Fusariumarten, Steinbrand und Septoria nodorum.
Cerall und Cedomon enthalten lebende Bakterien (Pseudomonas) als Gegenspieler zu saatgutbürtigen Pathogenen. Fehler bei der Anwendung der empfindlichen Bakterien-Produkte können die Wirkung vermindern.









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