Zugpferde in der Landwirtschaft
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Herr Bacher, wie sind Sie zu den Pferden gekommen?
Schon zu Schulzeiten bin ich auf einem Pferdebetrieb als Pferdepfleger aktiv gewesen und habe dort Kontakt zu Hufschmieden gehabt. Dadurch ist der Berufswunsch zum Hufschmied entstanden. Ich habe eine Ausbildung als Maschinenschlosser gemacht mit anschließender Ausbildung als Hufschmied und bin dann in die Forstwirtschaft gerutscht. So kam der erste Kaltblüter auf den Betrieb. Während der Hufschmiedausbildung hatte ich zu Anfang drei Pferde. Für meine Lehrlingswohnung habe ich Brennholz gebraucht und so bin ich auf die Zugpferde gekommen. Ich habe mit meinem damaligen Reitpferd, einem Haflinger, angefangen das Brennholz zu rücken. Das ist schon so lange her, das ist schon gar nicht mehr so präsent. Und so bin ich dann in die Forstwirtschaft gekommen. Wenn man mein erstes Pferd mitrechnet, habe ich seit 1993 Arbeitspferde. 1995 habe ich mich dann im Forstbereich selbständig gemacht.
Wie viele Pferde haben Sie im Einsatz?
Wir haben zehn eigene Pferde, die im Einsatz sind. Acht Noriker und zwei süddeutsche Kaltblüter.
Sie sind dann hauptsächlich in der Forstwirtschaft aktiv oder arbeiten Sie auch in der Landwirtschaft?
Mit den Zugpferden, ja. Wir machen aber auch noch exklusive oder hochwertige Kutschfahrten für Hochzeiten, Jubilare und so weiter. Dafür haben wir sehr repräsentative Kutschen. Wir fahren auf Festzügen und bieten Planwagenfahrten an - der Klassiker für Ausflügler und Gruppen. In geringen Maßen betreiben wir auch Ackerbau oder Pflegearbeiten auf dem Acker mit den Pferden. Insbesondere bei Reihenkulturen wie beim Mais. Für unseren landwirtschaftlichen Betrieb übernehmen wir das Hacken im Mais als Lohnunternehmen. Auf unserem landwirtschaftlichen Betrieb züchten wir schottische Hochlandrinder. Hier schließt sich dann der Kreis in der Landschaftspflege, die maschinell, aber auch mit Pferden durchgeführt wird. Wir machen mit den Pferden Flächenräumungen, Baumfällarbeiten, Biotope, wenn das möglich ist. Somit ist da schon ein Bezug zu Land- und Forstwirtschaft.
Sie sind einer der beiden Vorstandssprecher der Interessengemeinschaft Zugpferde e. V. (IGZ) im Landesverband Baden-Württemberg. Können Sie uns kurz erklären was die IGZ ist und welche Bereiche sie abdeckt?
Die IGZ insgesamt steht für Tierschutz und Naturschutz bezogen auf Zugtiere, würde ich mal sagen. Tierschutz durch die Ausbildung und den Erhalt von Wissen rund um Pferdearbeit. Weil aktiver Tierschutz nur gewährleistet werden kann, wenn jemand ein entsprechendes Wissen hat, wie man einem Pferd keinen Schaden zufügt. Und das ist ein wichtiger Aspekt unseres Vereins, dass man altes Wissen mit neuem Wissen weitergibt. Dazu zählen dann die APRI-Kurse (Ausbildungs-Prüfungs-Richtlinien der IGZ), die dem Tierschutz dienen. Und durch das Weitergeben dieses Wissens kann das Pferd dann sinnvoll eingesetzt werden. Im Naturschutz zum Beispiel. Ein Pferd kann, grob gerechnet, 70.000 Liter Dieselkraftstoff in seinem Arbeitsleben einsparen. Das ist doch immerhin eine ganze Menge. Wenn man dann umrechnet, wenn 100 Pferde laufen, dann kommt ganz ordentlich etwas zusammen. Und das ist ja nur ein sehr geringer Teil. Wenn die Auftragslage besser oder die Nachfrage stärker wäre, könnte man sehr viel mehr Interessenten für die Pferdearbeit gewinnen. Ganz kurz gesagt: die Ziele der IGZ sind Tierschutz und Naturschutz durch Ausbildung, Fortbildung und Weitergabe von Wissen.
Was genau sind Zugpferde und in welchen Bereichen können Zugpferde eingesetzt werden?
Ich würde das jetzt mal nicht so sehr an Zugpferden festmachen, sondern Zugtiere generell, was ja auch unserem Vereinszweck eher entspricht. In unserem Verein gibt es pferdehaltende, eselhaltende, rinderhaltende Betriebe, außerdem gibt es Betriebe mit den entsprechenden Kreuzungstieren wie Maultieren oder Mauleseln, die Arbeiten verrichten, sei es in der Land- oder Forstwirtschaft. Ein gutes Zugtier definiert sich dadurch, dass es sich an Gegebenheiten anpassen kann und vor allem möchte. Manchmal sind Gegenteile wichtig, in denen eine gewisse Geschwindigkeit und Wendigkeit gefordert sind. Es gibt aber auch Tätigkeiten, bei denen eine unerschütterliche Ruhe und Gelassenheit von Nöten sind. Die Tiere, die solche Fähigkeiten mitbringen sich so zu wandeln, sind prädestiniert für verschiedene Einsätze. Mit einem guten Zugtier kann man Transporteinsätze machen, bei denen Geschwindigkeit und Ausdauer das A und O sind. Mit dem gleichen Tier, wenn es als „richtig gut“ bezeichnet wird, lassen sich aber auch Präzisionsarbeiten machen, Hacken in Reihenkulturen beispielsweise. Es ist das Universelle, was so wertvoll ist.
In den Medien wird immer mehr vom Einsatz von Arbeitspferden berichtet. Hauptsächlich geht es um die Arbeit im Wald. Wie viel Pferdeeinsatz gibt es in Land- und Forstwirtschaft oder im Weinbau in Baden-Württemberg?
Es gibt sicher derer sehr viele, die mit Pferden arbeiten, allerdings ist das dann häufig die Eigenbewirtschaftung. Sei es die Heuernte fürs Pferd direkt oder der heimische Kartoffelanbau für die eigene Familie. Lohnarbeiten für die Land- und Forstwirtschaft gibt es eher weniger, wobei die Liste nicht ganz so klein ist. Das sind aber dann alles Personen, die im Haupterwerb nicht selbstständiger Arbeit nachgehen. Und die ihre Freizeit und ihren Urlaub nutzen, um unternehmerisch tätig zu sein. Ich glaube wir sind in Baden-Württemberg noch circa fünf Betriebe, die im Haupterwerb tätig sind und ich würde mal sagen, dass, um jetzt mal bei der fünf zu bleiben, bestimmt 50 Akteure und mehr in bekannter oder unbekannter Natur aktiv sind, mit Pferden in der Land- und Forstwirtschaft. Es sind viele, die sind nicht in der IGZ organisiert, sondern in anderen Vereinen.
Ich würde sagen, es ist weniger vom Betriebsleiter abhängig, sondern vom Auftraggeber, also Förstern und der Forstverwaltung. Es hat ja sehr viele pferdehaltende Betriebe, es hat auch sehr viele Akteure, die zum Beispiel an Wettbewerben teilnehmen. Die nehmen deshalb an Wettbewerben teil, weil sie ihre Interessen nicht zum Broterwerb ausüben können. Also ist das ein Interesse am Erhalt, am Wissen um die Anspannung, die Pferdeerhaltung, dass dann durch die Wettbewerbe ausgelebt wird. Es fehlen die Aufträge, es fehlt die Nachfrage. Insbesondere vom Waldbesitz, der in Baden-Württemberg sehr stark mit dem Staatswald vertreten ist. Es fehlt aber auch an Aufträgen von Naturschutzverbänden. Vor Jahren hat man Landwirtschafts-Erhaltungs-Verbände (LEV) gegründet, die auch mit entsprechend hohen Mitteln ausgestattet wurden. Diese LEV bedienen sich, nahezu ausnahmslos, der Maschinentechnik. Sie vergeben Arbeiten im Naturschutz vorrangig an Maschinen-Betriebe und -Unternehmen, anstatt gezielt auch auf umweltverträgliche Methoden, nämlich Pferdeantrieb, Pferdearbeit zurück zu greifen. Also ich habe da noch keine Anfrage bekommen. Zum NABU haben wir schon Kontakte, aber in sehr geringem Maße. Biotoppflege gehört meiner Meinung nach zwangsläufig in die Hand von Zugtierarbeitsbetrieben, die solche Arbeiten durchführen.
Haben andere Bundesländer höhere Zahlen? Woran liegt das?
Das liegt eventuell an den Betriebsgrößen und vielleicht auch an der Einkommenssituation, das vermag ich jetzt, ohne mit Kollegen gesprochen zu haben, schwerlich zu beurteilen. Und so bald die Betriebe kleiner werden, eher der Selbstversorgung dienen oder der Versorgung nahegelegener Haushalte, Stichwort SoLaWi (Solidarische Landwirtschaft), da entwickelt sich dann mit Sicherheit ein entsprechender Stamm an zugtierhaltenden Betrieben, die sie auch in der Landwirtschaft einsetzen. Baden-Württemberg ist natürlich auch das klassische Maschinenland. Alles ist ziemlich technikaffin und ich denke in strukturschwächeren Gebieten ist dann auch vielleicht das Traditionelle noch stärker vorhanden.
Sehen Sie in diesen Bereichen eine Zukunft, weil ein Umdenken der Bevölkerung stattfindet oder ist das nur eine „Modeerscheinung“, die Ihrer Meinung nach in den kommenden Jahren nachlassen wird?
Ich denke, dass die Zugtierarbeit wieder stärker nachgefragt wird, weil Dinge wie Bio, Umweltschutz, Tierschutz, wieder mehr ins Bewusstsein rücken. Der Wandel hat ungefähr vor fünf bis zehn Jahre stattgefunden. Was die Vermarktung von unseren Hochlandrindern betrifft, kann ich sagen, dass seit den vergangen fünf bis sieben Jahren eine Belebung, eventuell eine Kehrtwende von billig und Quantität zu qualitativ hochwertig stattfindet. Ich denke, dass somit auch eher wieder Türen und Tore geöffnet werden für Betriebe, die tatsächlich deutlich kleiner strukturiert sind. Durch die Direktvermarktung bekommen die Betriebe entsprechende Kunden. Zahlungskräftige Kunden, die man sicherlich auch braucht, weil die Produkte dementsprechend bezahlt werden. Das muss über den Verkaufserlös honoriert werden. Agrarsubventionen reichen dafür bei weitem nicht aus. Es gibt Pferdebetriebe, die deutlich bessere Zahlen schreiben, als maschinengeprägte Betriebe. Natürlich sind die Umsätze sehr viel kleiner, was aber nicht zwangsweise bedeuten muss, dass die Erlöse gleichermaßen entsprechend klein ausfallen müssen. Der Umsatz ist das eine, der Erlös das andere. Da entwickelt sich schon ein Verbraucherbewusstsein und ein dafür entsprechender Markt. Ich kenne jetzt drei Vereinsmitglieder, die sich in ihrem Bereich mittlerweile verändert haben. Sie haben einen Betrieb übernommen, den sie mit Pferdekraft bewirtschaften möchten und dann die Produkte in der Direktvermarktung geradewegs an den Endverbraucher abgeben.
Wie schon erwähnt gibt es Meisterschaften in der Arbeit mit Zugpferden, wie Holzrücken oder Wettpflügen. Wie nah sind diese an der eigentlichen Arbeit in diesen Bereichen angelehnt? Der Holzrückeparcours ist oft sehr großräumig, kein Vergleich zur eigentlichen Arbeit im Bestand.
Natürlich ist der Parcours sehr weiträumig gesteckt, beziehungsweise findet auf der Wiese statt, weil das Ganze für die Zuschauer übersichtlich dargestellt werden soll. Für sie ist es sehr unattraktiv, wenn man nur einen orangenen Helm und das Pferd durch den Wald ziehen sieht. Man möchte ja die Millimeterarbeit, die Fehler, die Erfolge visuell für jeden Zuschauer deutlich machen. Deswegen ist das im Wald natürlich sehr schwierig. Beim Wettpflügen ist zur Realität eigentlich kein Unterschied. Ein Feld ist ein Feld. Eventuell unterscheiden sie sich in der Größe oder dass die Beete entsprechend symmetrisch angeordnet sind. Dass keine asymmetrischen Flächen gepflügt werden müssen entspricht meist nicht der Realität, aber es geht in dem Fall natürlich um die Vergleichbarkeit. Dafür müsste man dann eventuell das Reglement ändern oder dass man vielleicht noch ein dreieckiges Feld pflügen muss, um die Pflügekunst zu zeigen und die Spreu vom Weizen zu trennen. Es wäre natürlich auch vom Naturschutz her sehr schwierig einen Fuhrmannstag alleine nur im Wald abzuhalten, wenn da mehrere Hundert oder gar Tausend durch den Wald laufen und jeder versucht den besten Platz zu ergattern, was da an Trittschäden an Kleinpflanzen oder auch Getier stattfinden würde, das ist nicht vertretbar.
Es werden Kurse angeboten, abgesehen von APRI-Kursen, die dem Interessierten das Wissen vermittelt, wie man mit Arbeitspferden umgeht. Es gibt auch etliche, vor allem Holzrücker, die sich die Grundlagen abgeschaut und selbst beigebracht haben. Sehen Sie dabei eine Gefahr, dass dieser Bereich durch Unfälle oder Ähnliches in ein schlechtes Licht gerückt werden könnte?
Das ist natürlich immer eine Frage des Vorgehens. Ich persönlich bin auch autodidaktisch geprägt, deswegen bin ich wahrscheinlich auch Unternehmer. Wenn sich irgendein Aufgabenfeld bietet, eine Problemstellung auftritt, dann versucht man die anzugehen, ohne jetzt vorher Intensivkurse oder sowas zu belegen. Es kommt natürlich immer auf die Person drauf an. Ich bin in der Landwirtschaft groß geworden, ich bin mit Pferden aufgewachsen. Durch die Arbeit mit Pferden, von der Haltung, über das Ausmisten bis zum Lernen über die Psyche der Pferde war da alles dabei. Deswegen kann man nicht pauschalieren und sagen, dass es unbedingt nur über die Ausbilungsschiene gehen kann. Wenn Personen, die mitten im Leben stehen, diesen Bereich für sich finden ist es natürlich schwierig, wenn diese davor noch keine Erfahrungen gemacht haben. Für sie ist es dann gut, wenn sie das Wissen über intensive Schulungen erfahren. Oder auch sehr junge Personen. Einen Kurs würde ich als Intensivschulung anschauen. In einem Kurs, ähnlich wie in der Ausbildung, hat man einen Schritt absolviert. Jemand, der einen Gesellenbrief hat, ist noch lange kein Meister. Jemand, der einen Pferdelehrgang mitgemacht hat, wird nicht automatisch baden-württembergischer Meister in irgendwelchen Wettbewerben. Er wird mit Sicherheit auch nicht, wenn er sich nicht unternehmerischen Tätigkeiten zuwendet, sofort im Broterwerb die höchsten Zahlen schreiben können. Aber ich denke es ist wichtig, dass solche Medien angeboten werden, in dem Fall Medien auch über Bücher, über aktive Kurse. Ich finde das schon eine wichtige Sache, dass man Menschen, die da Interesse haben, auch Kurse anbietet. Es ist natürlich manches Mal bei Wettbewerben oder in der freien Landschaft so, dass man denkt, diese Person sollte einen Kurs besuchen, bevor sie sich Pferde zulegt oder sich vielleicht doch für ein anderes Haustier entscheiden sollte, aber das war schon immer so. Nicht jeder Mensch kann mit jeder Tierart, aber das sind Dinge, die kann man natürlich in unserer regelungswütigen Welt nicht ganz ausschließen.
Was würden Sie jemandem empfehlen, der Interesse an Zugtieren hat?
Gerade wenn wir mit einem Infostand vom Verein auf Fuhrmannstagen sind, gibt es viele Fragen von Menschen, die mitten im Arbeitsleben stehen und sich dafür interessieren. Auf die Frage, bis wann sie damit beginnen wollen, kommt oft die Antwort, „Wenn ich dann in Rente bin“. Solchen Leuten empfehle ich, wenn das Interesse nur visuell erregt worden ist, dass sie sich bei einem Fuhrmann bewerben sollen, um vielleicht für längere Zeit von ein paar Wochen bis hin zu Monaten, dem Fuhrmann zur Hand gehen können. Fuhrmanntage besuchen und APRI-Kurse sind gut, um herauszufinden, ob diese Arbeit, die Anstrengung auf lange Sicht etwas für einen selbst ist. Lange harte Arbeitstage in der freien Natur, sind die etwas für mich? Wenn Menschen, die im Büro arbeiten oder so, Lust verspüren etwas anderes zu machen, ein Kontrastprogramm wählen, weil sie eben alles haben in ihrer aktiven Zeit, ich denke für solche Leute ist so ein APRI-Kurs oder ein Praktikum über längere Zeit bei einem aktiven Fuhrbetrieb oder pferdehaltenden Betrieb dann schon ein sehr gutes Mittel zur Orientierung.
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