
Stadt vor Land
Künstliches Licht in der Nacht gepaart mit städtischer Wärme verlängert die Vegetationsperiode in Städten im Vergleich zu ländlichen Gebieten um bis zu drei Wochen.
von Leibniz-Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei (IGB) erschienen am 01.07.2025Städte sind hell, laut und heiß. Insbesondere Gebäude und Beton absorbieren und strahlen Wärme ab. So entstehen städtische Wärmeinseln, in denen die Lufttemperaturen tagsüber und nachts höher sind als in der Umgebung. Die Menge an künstlichem Licht in der Nacht, die sogenannte Lichtverschmutzung, hat in den letzten zehn Jahren in den Städten um sechs bis zehn Prozent pro Jahr zugenommen. Licht und Temperatur beeinflussen die Wachstumsperiode von Pflanzen maßgeblich.? So bewirken beispielsweise eine höhere Beleuchtung und Temperatur, dass Bäume in Städten im Frühjahr früher Knospen ansetzen und blühen und im Herbst später ihre Blätter abwerfen als Bäume in ländlicher Umgebung. Bisher wurde das Ausmaß beider Faktoren jedoch nicht gemeinsam auf Landschaftsebene untersucht.
Forschende analysierten nun Satellitenbeobachtungen aus den Jahren 2014 bis 2020 von 428 Städten der nördlichen Hemisphäre und fanden heraus, dass die Lichtemission des nächtlichen Kunstlichts exponentiell steigt, je näher man einem städtischen Zentrum kommt. Der statistische Abgleich zeigte außerdem, dass die erhöhte Lichtmenge den Beginn und insbesondere das Ende der Vegetationsperiode in Städten stärker zu beeinflussen scheint als die Temperaturdifferenz zwischen ländlichen und städtischen Gebieten. Zusammen bewirken beide Stressfaktoren, dass die Vegetationsperiode in den untersuchten Städten im Durchschnitt 12,6 Tage früher beginnt und 11,2 Tage später endet als in ländlichen Gebieten. Für die Pflanzen werde der Winter also gewissermaßen verkürzt. Dies kann den Energie- und Wasserhaushalt von Pflanzen belasten, die in zunehmend trockenen Städten zudem mit Wassermangel zu kämpfen haben.
Die Forschenden vermuten, dass die Auswirkungen des künstlichen Lichts auf die Vegetationsperiode künftig weiter zunehmen werden. Aktuell werden aus Energieeffizienzgründen beispielsweise weltweit Straßenbeleuchtungen auf LED-Beleuchtung umgestellt. Das führe oft – aufgrund von Rebound-Effekten – zu höheren Lichtemissionen. Schon kleine Veränderungen – wie eine bessere Ausrichtung des Lichts durch ein verändertes Leuchtendesign, sowie eine Anpassung der Lichtstärke und Wellenlänge, könnten die Lichtverschmutzung deutlich reduzieren, so die Forscher.
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