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Agrarflächenverbrauch

„Ein Tempo erreicht, das einem Angst macht.“

Immer mehr Acker- und Grünlandflächen gehen Landwirten durch Siedlungsmaßnahmen verloren. Hierzulande sind es täglich rund sieben Hektar, die von der landwirtschaftlichen Nutzung verschwinden. Vor dem Hintergrund eines geplanten neuen Gewerbegebiets und der Ausweisung weiterer Baugebiete im Landkreis Biberach hat der Bauernverband Biberach-Sigmaringen in einem Gespräch mit Pressevertretern den „ständig zunehmenden Flächenfraß“ kritisiert.

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Für einen maßvolleren Umgang mit den davon bedrohten Agrarflächen sprachen sich jetzt (v.l.) Gerhard Glaser, Vizepräsident des Landesbauernverbandes (LBV) und Vorsitzender des Kreisbauernverbandes (KBV) Biberach-Sigmaringen, Heinz Scheffold, stellvertretender Vorsitzender des KBV Biberach-Sigmaringen, Kreisgeschäftsführer Niklas Kreeb und Hubert Hopp, stellvertretender Vorsitzender des KBV Biberach-Sigmaringen auf einer Pressekonferenz aus.
Für einen maßvolleren Umgang mit den davon bedrohten Agrarflächen sprachen sich jetzt (v.l.) Gerhard Glaser, Vizepräsident des Landesbauernverbandes (LBV) und Vorsitzender des Kreisbauernverbandes (KBV) Biberach-Sigmaringen, Heinz Scheffold, stellvertretender Vorsitzender des KBV Biberach-Sigmaringen, Kreisgeschäftsführer Niklas Kreeb und Hubert Hopp, stellvertretender Vorsitzender des KBV Biberach-Sigmaringen auf einer Pressekonferenz aus.Ast
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Das Thema haben wir seit Jahren ganz oben auf der Tagesordnung. Mittlerweile hat der Flächenfraß jedoch ein Tempo erreicht, das einem Angst machen kann“, sagte der Vorsitzende des Kreisbauernverbandes (KBV) Biberach-Sigmaringen und Vizepräsident des Landesbauernverbandes (LBV) in Baden-Württemberg, Gerhard Glaser. Im Zuge des interkommunalen Gewerbegebiets (IGI Risstal), das vor den Toren der oberschwäbischen Stadt ausgewiesen werden soll, gingen in absehbarer Zeit weitere 15 Hektar verloren. Insgesamt, so war vorvergangene Woche in dem Gespräch in der Biberacher KBV-Geschäftsstelle zu hören, könnten es bis zu 45 Hektar sein, die der neue Gewerbestandort auf Dauer benötigt.

Druck auf Landwirte steigt

Die Region Biberach boomt. Große Firmen wie Boehringer Ingelheim, Handtmann und Liebherr haben sich dort nieder gelassen und weiten ihre Produktion im Zuge des Wirtschaftsbooms aus. Das sorgt für Arbeitsplätze. Die Nachfrage nach Wohnungen und Häusern steigt. Als Folge davon wächst der Druck auf freie Grundstücke und landwirtschaftliche Flächen. „Der Bedarf an Siedlungs-, Industrie- und Verkehrsflächen ist enorm“, erläuterte Glaser. Und das in einer Region, in der auch landwirtschaftliche Betriebe in der jüngeren Vergangenheit kräftig gewachsen sind. Hinzu kommt, erläuterten die Vorstandsmitglieder Heinz Scheffold und Hubert Hopp, dass auch die Energiewende auf früheren Agrarflächen stattfinde. So würden Ackerflächen beispielsweise für Photovoltaik-Parks umgenutzt. Umso wichtiger sei es, die teils auseinander driftenden Interessen wieder unter einen Hut zu bringen und den enorm gestiegenen Flächenverbrauch auf ein Normalmaß zurück zu führen.
Die Zahl landwirtschaftlich genutzter Flächen im Landkreis Biberach ist rückläufig. Von 1979 bis 2016 sind die Acker- und Grünlandflächen in der Region um rund drei Prozent zurück gegangen, erläuterte der Geschäftsführer des KBV Biberach-Sigmaringen, Niklas Kreeb, und verwies auf Zahlen des Statistischen Landesamtes Baden-Württemberg. Bei den landwirtschaftlich genutzten Flächen im Stadtgebiet Biberachs fiel die Abnahme mit knapp 21 Prozent noch deutlich höher aus. Landesweit sind es seit 1979 8,5 Prozent weniger Acker- und Grünlandflächen.

Versiegelung eindämmen

„In den Ballungsräumen gehen immer mehr landwirtschaftlich genutzte Flächen verloren. Das sollte uns alarmieren“, machte Kreeb deutlich. Umso mehr müsse ein Umdenken stattfinden. An die Bundes- und Landespolitik appellierten die Verbandsvertreter, mit der wertvollen Ressource Agrarflächen künftig maßvoller umzugehen. Derzeit seien die Wachsstumsschritte überhitzt. „Wir verlangen ganz dringend ein gesetzlich verankertes Erhaltungsgebot für landwirtschaftliche Flächen“, sagte Glaser. Dieses Gebot sollte gleich hoch sein wie jene Gebote, die für Wald- und Naturschutzgebiete, festgeschrieben worden sind. Dass die Landwirtschaft eine Bedrohung für den Artenschutz sei, kritisierte der KBV-Vorsitzende in diesem Zusammenhang. „Die Landwirtschaft ist noch am ehesten Heimat für zahlreiche Pflanzen und Tiere“. Werden hingegen immer mehr Flächen zubetoniert, verlieren auch immer mehr Insekten, Vögel und Pflanzen ihren Lebensraum.
Wie könnte die Lösung aussehen, die die Interessen von Industrie und Landwirtschaft vereint? Die Verbandsvertreter sprachen sich für beispielsweise für verdichtetes Bauen aus. So könnten Firmen Parkhäuser für die Fahrzeuge ihrer Mitarbeiter bauen, anstatt große Parkplätze zu betonieren. Weiterhin könnte man neue Industrieflächen auf dem Gebiet ehemals genutzter Kiesgruben ausweisen. Laut Kreisgeschäftsführer Kreeb sollte man zudem bei geplanten neuen Wohngebieten zunächst prüfen, ob nicht innerorts durch den Abbruch leer stehender Häuser neue Bauplätze entstehen könnten. Immer mehr Ortskerne  gäben zwischenzeitlich ein trostloses Bild ab. Diese aufzuwerten, bevor auf der grünen Wiese neue Plätze für Wohnhäuser ausgewiesen würden, könnte sich diesbezüglich als sinnvoll erweisen.

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