Landwirte nehmen ihre Meisterbriefe entgegen
- Veröffentlicht am

Fachschule, Meisterarbeiten, Betriebsbeurteilungen, Lehrlingsunterweisung und Fallstudien zur Mitarbeiterführung liegen hinter den jungen Landwirtschaftsmeistern. „Sie haben bewiesen, dass Sie für neue Aufgaben qualifiziert sind und Verantwortung für den Betrieb, die Familie und für die Ausbildung junger Menschen übernehmen wollen“, sagte Reimer bei der Meisterfeier an der Akademie für Landbau und Hauswirtschaft in Kupferzell.
Weil sich die jungen Meister in den kommenden Jahren am Markt behaupten müssen, legte Reimer in seiner Festansprache den Schwerpunkt auf die gesellschaftliche Entwicklung. „Der Markt spiegelt wider, wie sich die Gesellschaft entwickelt“, merkte Reimer an. „Die Widersprüchlichkeit der Verbraucher macht den Landwirten zu schaffen“, erklärte Reimer, der selbst aus der Landwirtschaft kommt und einen land- und forstwirtschaftlichen Betrieb hat. Einerseits würden die Verbraucher zum Discounter rennen und fordern auf der anderen Seite von den Landwirten Prämienprodukte und Bioware. Darüber hinaus beklagen sie deren angeblich nicht ausreichende umwelt- und tierwohlgerechte Wirtschaftsweise. In seinem Festvortrag stellte der Stuttgarter Regierungspräsident zu diesem widersprüchlichen Verbraucherverhalten den Zusammenhang mit der gesellschaftlichen Entwicklung her.
Nicht allein in Europa, sondern auch innerhalb Deutschlands verschärfe sich der gesellschaftliche Wandel. Nach Reimers Darstellung müssen sich in ganz Deutschland knapp 18 Prozent der Vollzeitbeschäftigten mit einem Brutto-Monatslohn von 2000 Euro und weniger begnügen. Dieser Prozentsatz liege in Baden-Württemberg zwar nur bei zwölf Prozent, in Mecklenburg-Vorpommern dagegen bei 37 Prozent und in Brandenburg bei 35 Prozent. Den „Fahrstuhl-Effekt“, den Soziologe bei der gesellschaftlichen Entwicklung in den Sechziger- bis Achtzigerjahre ausmachten, gibt es nicht mehr. Damals profitierten alle von der wirtschaftlichen Entwicklung. Heute sei dagegen vom „Paternoster-Effekt“ die Rede. Bei diesem System geht es auf der einen Seite nur hoch, wenn es auf der anderen heruntergeht.
Reimer beruft sich auf das von Soziologen beschriebene Auseinanderdriften des Mittelstandes, der in den einstmals zu 80 Prozent vorhandenen und gut bezahlten Industriejobs sein Geld verdient hat. Der Bruch vollzog sich mit dem Rückgang industrielle Jobs auf einen Anteil von nur noch 20 Prozent und dem Anstieg der Dienstleistungsjobs auf mehr als 50 Prozent, die ungerechterweise relativ schlecht bezahlt werden. Darüber hinaus haben etwa 40 Prozent der deutschen Bevölkerung keine Vermögensansprüche ‑ weder Haus noch größere Ersparnisse.
Als „Superjahrgang“ bezeichnete Abteilungspräsident Dr. Kurt Mezger die Meisterprüfungsteilnehmer 2018, von denen alle 19 bestanden haben. Die Noten liegen im Durchschnitt der vergangenen Jahre. Die beste Note war 1,7 „und das heißt was bei der Meisterprüfung“, hob Dr. Mezger vom Stuttgarter Regierungspräsidium hervor.
Die Landwirtschaftsmeisterinnen und -meister 2018
Folgende Meisterinnen und Meister der Landwirtschaft des Jahres 2018 nahmen aus den Händen von Regierungspräsident Wolfgang Reimer ihren Meisterbrief entgegen: Christian Bauer, Michelfeld, Schwäbisch Hall; Florian Bausch, Kupferzell-Beltersrot, Hohenlohekreis; Lukas Berberich, Hardheim-Rütschdorf; Neckar-Odenwald-Kreis; Jochen Brenneis, Hardheim-Vollmersdorf, Neckar-Odenwald-Kreis; Jan Conradt, Vaihingen/Enz-Horrheim, Kreis Ludwigsburg; Axel Eberhardt, Frankenhardt, Kreis Schwäbisch Hall; Andreas Fladt, Höchst im Odenwald; Michael Fuchs, Rainau-Dalkingen, Ostalbkreis; Markus Gronbach, Zweiflingen-Pfahlbach, Hohenlohekreis; Maria Magdalena Gruber, Sulzbach-Murr, Rems-Murr-Kreis; Tommy Herrmann, Mudau-Reisenbach, Neckar-Odenwald-Kreis; Falk Jungmann, Spechbach, Neckar-Odenwald-Kreis; Katja Knödler, Michelfeld-Büchelberg, Kreis Schwäbisch Hall; Peter Magenau, Sulzbach/Murr-Lautern, Rems-Murr-Kreis; Janosch Müller, Mühlhausen-Tairnbach, Rhein-Neckar-Kreis; Thomas Regler-Lanzinner, Utzmemmingen, Ostalbkreis; Fabian Schöwe, Markgröningen, Kreis Ludwigsburg; Philipp Siefert, Vielbrunn/Michelstadt, Odenwaldkreis und Dominik Utz, Schrozberg-Heuchlingen, Kreis Schwäbisch Hall.
Für ihre herausragende Prüfungsleistung bekamen eine Auszeichnung: Maria Magdalena Gruber, Falk Jungmann und Jan Conradt, der mit einer Gesamtnote von 1,7 die beste Prüfung abgelegt hat.
Gesprächsrunde bei der Feier
Aus eigener Erfahrung gab der Vizepräsident des Landesbauernverbandes Klaus Mugele den jungen Meistern ein Stück weit Orientierungshilfe. In der Diskussionsrunde danach befragt, würde er sich in der Schweinhaltung nach Betrieben umschauen, die bereits mit neuen Haltungssystemen arbeiten, Erfahrungen gesammelt und möglicherweise bereits „Lehrgeld“ bezahlt haben. Wer hier zwischen den Erwartungen, der Umsetzbarkeit und dem erforderlichen Einsatz vergleicht, kann seine Chancen und Möglichkeiten besser einschätzen. Positiv bewertete Mugele den Trend aus einigen Bereichen des Landes, wo sich für den Beruf des Landwirts immer mehr junge Leute interessieren, die nicht aus der Landwirtschaft kommen. „Der Bedarf wird da sein.“
Den eingeschlagenen Weg hin zur regionalen Vermarktung sieht Meisterabsolvent Axel Eberhardt durch die Betriebsplanung seines Sauenvermehrungs- und Mastbetriebs bestätigt.
Den Trend der Betriebe, sich wieder breiter aufzustellen, um die Nachfrage der kaufkräftigen Kundschaft zu bedienen, machte Georg Enssle aus. Der langjährigen Leiter des Backnanger Landwirtschaftsamtes gilt als „Urgestein“ der landwirtschaftlichen Bildung: Ihm sprach Dr. Mezger bei der Meisterfeier seinen besonderen Dank für das langjährige Engagement aus.
Zu diesem Artikel liegen noch keine Kommentare vor.
Artikel kommentierenSchreiben Sie den ersten Kommentar.