Fünf neue Solarenergiedörfer in Deutschland in 2018
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Während bundesweit der Wärmesektor das Sorgenkind der Energiewende ist, machen zahlreiche Dörfer vor, wie die Umstellung auf erneuerbare Energien auf einen Schlag zu meistern ist. Immer häufiger setzen Dorfgemeinschaften dabei auf die Kombination Sonne und Holz, wobei im Sommer eine große Solarthermieanlage die Wärmeversorgung vollständig übernimmt. Ging in den vergangenen zwei Jahren jeweils ein solches Netz an den Start, so wird im Jahr 2018 bis zum Jahresende die Zahl der deutschen Solar-Bioenergie-Dörfer um fünf auf insgesamt acht wachsen.
Neu im Club sind Randegg und Liggeringen in Baden-Württemberg, Mengsberg in Hessen, Breklum in Schleswig-Holstein und Ellern in Rheinland-Pfalz. Während Breklum und Randegg ihre Einweihungsfeiern schon hinter sich haben, laufen in Liggeringen, Mengsberg und Ellern die letzten Vorbereitungen zur vollständigen Inbetriebnahme von Wärmenetz und Solar-Heizzentrale. In all diesen Dörfern wird übers Jahr zu rund 80 Prozent CO2-neutral mit Holzhackschnitzeln geheizt, während ein Fünftel der Energie für Heizung und Warmwasser von der Sonne kommt. Dabei bleibt der Holzkessel in den Sommermonaten ganz ausgeschaltet. Dann übernimmt die Solarthermieanlage die Restwärmeversorgung des Dorfes.
Steckbriefe der fünf neuen Dörfer
Solarenergiedorf Liggeringen, Ortsteil der Stadt Radolfzell, Baden-Württemberg
- Betreiber: Stadtwerke Radolfzell GmbH
- Inbetriebnahme: 2018
- Hausanschlüsse: 90 (erster Bauabschnitt)
- Netzlänge: 5 km
- Kollektorfläche: 1.100 m² (erster Bauabschnitt)
- Kollektortyp: Hochtemperatur-Flachkollektoren
- Erwarteter Jahresertrag: 470 MWh/a
- Solarer Deckungsanteil: 20 %
Solarenergiedorf Randegg, Ortsteil der Gemeinde Gottmadingen, Baden-Württemberg
- Betreiber: Solarcomplex AG
- Inbetriebnahme Wärmenetz: 2009
- Inbetriebnahme Solarthermie: 2018
- Hausanschlüsse:150
- Netzlänge: 6,6 km
- Kollektorfläche: 2.400 m2
- Kollektortyp: CPC-Vakuumröhrenkollektoren
- Erwarteter Jahresertrag: 1100 MWh/a
- Solarer Deckungsanteil: 20 %
Solarenergiedorf Mengsberg, Ortsteil der Stadt Neustadt, Hessen
- Betreiber: Bioenergiegenossenschaft Mengsberg BEGM eG
- Inbetriebnahme: 2018
- Hausanschlüsse: 150
- Netzlänge: 9 km
- Kollektorfläche: 3.000 m2
- Kollektortyp: Hochtemperatur-Flachkollektoren
- Erwarteter Jahresertrag: 900 MWh/a
- Solarer Deckungsanteil: 17 %
Solarenergiedorf Breklum, Schleswig-Holstein
- Betreiber: BürgerGemeindeWerke Breklum e.G.
- Inbetriebnahme: 2018
- Hausanschlüsse: 42 (erster Bauabschnitt)
- Netzlänge: 3,8 km
- Kollektorfläche: 652 m2 (erste Ausbaustufe)
- Kollektortyp: CPC-Vakuumröhrenkollektoren
- Erwarteter Jahresertrag: 289 MWh/a (erster Bauabschnitt)
- Solarer Deckungsanteil: 8 %
Solarenergiedorf Ellern, Ortsteil der Gemeinde Rheinböllen, Rheinland-Pfalz
- Inbetriebnahme: 2018
- Hausanschlüsse: 105
- Netzlänge: 5,3 km
- Kollektorfläche: 1.245 m2
- Kollektortyp: CPC-Vakuumröhrenkollektoren
- Erwarteter Jahresertrag: 555 MWh/a
- Solarer Deckungsanteil: 15 %
Mit Sonnennutzung Holz sparen
Als im Jahr 2013 in Büsingen das erste deutsche Solar-Bioenergie-Dorf mit einem Kollektorfeld von rund 1000 Quadratmetern an den Start ging, ahnten nur wenige, dass dies zur Blaupause für viele andere Projekte werden könnte. Denn damals wurden neue Bioenergiedörfer in der Regel auf Basis einer Bioenergieanlage versorgt. Deren Betreiber verdienten ihr Geld über den durch das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) garantierten Stromverkauf. Die Verteilung der Abwärme war lediglich ein Zusatzgeschäft.
Inzwischen allerdings ist dieses Geschäftsmodell durch Änderungen im EEG für neue Biogasanlagen unattraktiv geworden. Dorfgemeinschaften, die ihre Wärmeversorgung umstellen wollen, denken deshalb eher über die Kombination von Solarthermie und Biomasse und im hohen Norden auch zunehmend über Windenergie nach.Vielfältig sind auch die Möglichkeiten, den Betrieb der Wärmenetze zu organisieren. In Mengsberg und Breklum haben sich dafür lokale Bürgerenergiegenossenschaften gebildet, während in Ellern und Liggeringen ein kommunaler Versorger als Betreiber fungiert. Inzwischen bieten sich allerdings auch professionelle Ökoenergieunternehmen, die ursprünglich im Strombereich entstanden sind, als Wärmenetzbetreiber an.
Durch größere Speicher könnten höhere Solaranteile erzielt werden
Thomas Pauschinger, Mitglied der Geschäftsleitung beim Steinbeis Forschungsinstitut Solites in Stuttgart, der dort unter anderem das Projekt Solnet 4.0 zur Förderung solarer Wärmenetze leitet, sieht bei der Wärmewende in Deutschlands Dörfern inzwischen einen klaren Trend zur Sonne: „Es liegt auf der Hand, dass sich die Solarthermie in immer mehr Energiedörfern als verlässlicher und wirtschaftlicher Wärmeerzeuger durchsetzt, denn solche Anlagen sind eine zukunftssi¬chere Investition und genießen bei den Bewohnern eine hohe Akzeptanz.“ Mit der aktuellen Technik sei dabei noch mehr möglich als der heute in Deutschlands Solardörfern übliche 20-Prozent-Anteil, so Pauschinger: „Wir rechnen damit, dass die Solarthermie zukünftig nicht nur den Sommerbedarf solcher Wärmenetze deckt, sondern durch größere Speicher auch höhere Solaranteile erzielt.“
Weitere Infos
Weitere Informationen zum Einsatz großer Solarthermieanlagen in Dörfern, Quartieren und Städten, finden sich auf der Internetseite www.solare-waermenetze.de. Das Steinbeis Forschungsinstitut Solites bietet für interessierte Kommunen Erstberatungen an.
Das Projekt Solnet 4.0 wird vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie sowie Unternehmen der Solarthermiebranche gefördert. Projektpartner sind der AGFW - Effizienzverband für Wärme, Kälte, KWK, das Steinbeis Forschungsinstitut Solites, die Bröer & Witt GbR und das Hamburg-Institut.
Über Solites
Solites steht für Forschung, Entwicklung, Beratung und Marktbereitung für solare und zukunftsfähige thermische Energiesystemen mit einem Schwerpunkt auf solarthermischen Großanlagen in der Nah- und Fernwärmeversorgung sowie großen Wärmespeichern. Solites ist ein Forschungsinstitut im Unternehmensverbund der Steinbeis-Stiftung, einem der weltweit erfolgreichsten Dienstleister im Wissens- und Technologietransfer.
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