Digitalisierung kommt voran
Die Digitalisierung in der Landwirtschaft war auch eines der Leitthemen bei der Jahreshauptversammlung des Kreisbauernverbandes Biberach-Sigmaringen am Freitag, 25. Januar 2019 im Kursaal von Bad Buchau (Landkreis Biberach). Sowohl der Kreisvorsitzende und LBV-Vizepräsident Gerhard Glaser als auch der Biberacher Landrat Dr. Heiko Schmid als Gastredner widersprachen entschieden einer kürzlichen Äußerung von Bundesbildungsministerin Anja Karlizek, der Mobilfunkstandard G5 sei „nicht an jeder Milchkanne notwendig“.
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Kaum eine Branche ist schon heute so durchdigitalisiert wie die Landwirtschaft, begründete Glaser seine Forderung nach einem umfassenden Ausbau der digitalen Infrastruktur. Dies sei schon deshalb unverzichtbar, weil der „erbarmungslose internationale Wettbewerb“, dem die Betriebe nur einmal ausgesetzt seien, keine Abstriche an die Effizienz zulasse.
Schnelles Internet bis in den letzten Winkel
Die Landwirtschaft im Kreis Biberach hat einen tiefgreifenden Strukturwandel hinter sich und stehe heute vor der Aufgabe, sich neu aufzustellen und an den Bedürfnissen von Verbrauchern und Gesellschaft entlang weiterzuentwickeln, erklärte Landrat Dr. Schmid. Der ländliche Raum, und dafür sei der Kreis Biberach ein gutes Beispiel, habe sich in punkto Wirtschaftskraft, Arbeitsplätze und Bevölkerungszahlen positiv entwickelt. Davon aber habe die Landwirtschaft, so Schmid, nur teilweise profitiert. Der Verlust landwirtschaftlicher Nutzfläche sei nur ein Beispiel. Deshalb sieht er es als seine Aufgabe an, die Entwicklung der Landwirtschaft im Landkreis zu begleiten und zu gestalten.
„Jeder Betrieb braucht einen Zugang zu G5 an jeder Milchkanne, um die Produktionsprozesse auf dem Acker und in Srtall zu optimieren“, bekräftigte Schmid. Weil diese unverzichtbare Forderung „im eklatantem Widerspruch zu den zahlreichen Funklöchern“ stehe, habe der Landkreis ein Programm aufgelegt, um eine flächendeckende Verfügbarkeit bis in den letzten Winkel zu garantieren. Dabei handle es sich bei einem Finanzvolumen von rund 30 Millionen Euro um eines der größten Vorhaben, das der Landkreis je geschultert habe. Weil zu Nutzung der bereitgestellten Hardware auch die dazugehörige Software in Form von Aus- und Weiterbildung gehöre, wolle sich der Landkreis ebenso engagiert um seine landwirtschaftlichen Schulen kümmern.
Lebensmittel sind mehr wert
Landrat Schmid sprach sich dafür aus, dass die Verbraucher für Lebensmittel so viel zahlen, wie sie wert sind; und vor allem für regionale und für Bioprodukte kann das seiner Ansicht noch durchaus mehr sein. Die Verbraucher hätten schon lange nicht mehr nur den Anspruch satt zu werden, sondern würden ein immer vielfältigeres und differenzierteres Angebot verlangen. Die Preise dagegen könnten die Bauern nicht satt machen. Laut einer Umfrage wären 60 Prozent der Konsumenten im Kreis Biberach bereit, für regionale Lebensmittel mehr Geld auszugeben. Nicht zuletzt aus diesem Grund seien Bestrebungen allemal erfolgversprechend, möglichst viel Wertschöpfung im Landkreis zu halten. Dies soll unter anderem mit der Initiative Biomusterregion gelingen.
Die Konkurrenz um die Flächennutzung will der Landrat als Moderator begleiten. Landwirte, Kommunen und Naturschutz ringen um die nicht vermehrbare Fläche, ist sich Schmid bewusst. Einerseits sei die Zunahme von Bevölkerung und Wirtschaftskraft positiv für einen ländlich geprägten Kreis. Andererseits müsse die Inanspruchnahme landwirtschaftlich genutzter Flächen mit Sorge betrachtet werden. Wichtig sei, dass ein Interessenausgleich in ausgewogener Form stattfinde.
Landwirtschaft verbessert ständig ihre Umweltparameter
Nach Aussage des Kreisvorsitzenden Gerhard Glaser ist die gesellschaftliche Diskussion über die Zukunft der Landwirtschaft von „enormen Irritationen“ geprägt, durch die die Betriebe drohten, unter die Räder zu kommen. Während einerseits, so Glaser, auch von „sogenannten Umweltparteien“ versucht werde, „durch lautstarke Knebelung der heimischen Landwirtschaft die unheilbaren Sünden der anderen Sparten zu vertuschen, schaut unsere Brot-und-Spiele-Gesellschaft lustig zu, wie etwa Massentourismus am Himmel oder auch das drastisch zunehmende ´Heilix Blechle` mithelfen, das Klima zu ruinieren.
Während hier zu Lande die Landwirtschaft als Klimasünder dämonisiert werde, seien Tag für Tag Wiesen, Äcker und Insekten „Stickoxid und Co. aus Flug- und Straßenverkehr ausgesetzt. Tatsache aber sei, dass die heimische Landwirtschaft alle für sie relevanten Umweltparameter ständig verbessert, von der Bodenfruchtbarkeit über das Tierwohl und die Grundwasserqualität bis zu Qualität der Lebensmittel. „Aktuell gibt´s weiter zu tun, aber tendenziell sind wir hier schon klasse“, bekräftigte der LBV-Vizepräsident.
Gegen das Zerrbild in der Öffentlichkeit
„Ich bin es leid, dass Bauern immer als Prügelknaben der Nation herhalten müssen“, erklärte der CDU-Landtagsabgeordnete Klaus Burger. Insbesondere im Vorfeld der Grünen Woche werde die Aufmerksamkeit von bestimmten Organisationen und den Medien dazu genutzt, ein negatives Zerrbild der Landwirtshaft zu zeichnen. Eine eindeutige Meinung hat Burger zum Wolf: „Unsere immer dichter besiedelte Region bietet keine Grundlage für ein gedeihliches Zusammenleben“.
Für den SPD-Bundestagsabgeordneten Martin Gerster ist es unverständlich, wieso aus Baden-Württemberg so wenige Anträge auf die unter anderem von ihm im Haushaltsausschuss freigegebene Dürrehilfe gestellt wurden. Er forderte einen raschen Ausbau der digitalen Infrastruktur im ländlichen Raum und hält dies für unverzichtbar, um Wertschöpfung in der Region zu halten. Die Landwirte forderte er auf, zur Abwehr des Insektensterbens intensiv mit den Imkern zusammen zu arbeiten.
Starker Kreisverband
Aus dem Bericht von Geschäftsführer Niklas Kreeb geht hervor, dass der Bauernverband Biberach-Sigmaringen momentan 3628 Mitglieder berät. Die Zahl der Antragsteller zum Gemeinsamen Antrag ist in beiden Landkreisen im Jahr 2018 um zirka 1,9 Prozent zurückgegangen.
Im LandFrauenverband Biberach Sigmaringen sind nach Angabe der Vorsitzenden Doris Härle aktuell 1350 Mitglieder organsiert. Den Landfrauen liegt der Erhalt und die Verbesserung der Lebensqualität im ländlichen Raum besonders am Herzen. Deshalb, so Härle, fordern sie:
Der Erhalt der flächendeckenden, qualitätssichernden gesundheitlichen Vorsorge von Frauen, Männern und Kindern.
Die Stärkung der Hebammen und der Versorgungssituation im ländlichen Raum.
Den Ausbau der Betreuungs- und Pflegeangebote für die immer älter werdende Gesellschaft.
Die Verwendung von regionalen und saisonalen Lebensmitteln in allen öffentlichen Einrichtungen.
Die Eindämmung des Flächenverbrauchs und Umsetzung von zielführenden Ausgleichsmaßnahmen.
Den Erhalt einer flächendeckenden Landwirtschaft.
Die Verbesserung der Wertschätzung und Förderung der heimischen Landwirtschaft, ob biologisch oder konventionell.
Mehr Transparenz für ein besseres Image
Auch der stellvertretende Kreisvorsitzende Hubert Hopp bedauerte in seinem Schlusswort, dass vor jeder Grünen Woche „eine andere Sau durchs Dorf getrieben wird“. Eine objektive Berichterstattung bleibe dabei auf der Strecke. Sein Rat für ein besseres Image: Noch mehr Transparenz, noch mehr den Bürgern und Medien erklären durch Hoftore öffnen, Schulklassen einladen oder nachhaltiges Wirtschaften positiv darstellen.
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