Ausnahmen für bodennahe Gülleausbringung
Seit Oktober 2017 hat eine „Arbeitsgruppe Technik“ beim Ministerium Ländlichen Raum (MLR) in Stuttgart auf Anregung des Landesbauernverbandes (LBV) Vorschläge für richtlinienkonforme Ausnahmen von den Vorschriften zur bodennahen Gülleausbringung ausgearbeitet. Eine Umsetzung durch die zuständigen Ministerin, außer dem MLR das Umweltministerium (UM), steht immer noch aus.
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Die derzeit geltende Düngeverordnung sieht vor, dass auf bestelltem Ackerland ab Februar 2020 und auf Grünland, Dauergrünland oder mehrschnittigem Feldfutterbau ab Februar 2025 flüssige organische Düngemittel und flüssige organisch-mineralische Düngemittel, einschließlich flüssiger Wirtschaftsdünger, mit wesentlichem Gehalt an verfügbarem Stickstoff oder Ammoniumstickstoff, nur noch streifenförmig auf den Boden aufgebracht oder direkt in den Boden eingebracht werden dürfen.
Gründe für Ausnahmen
Gleichzeitig sind hiervon Ausnahmen möglich, wenn zum Beispiel andere Ausbringverfahren mit vergleichbar geringen Ammoniakemissionen angewandt werden. Weitere Gründe für Ausnahmen der bodennahen Ausbringung können vorliegen, wenn die Einhaltung der oben genannten Vorgaben auf Grund der naturräumlichen oder agrarstrukturellen Besonderheiten des Betriebes unmöglich oder unzumutbar ist. Ein Ausnahmefall liegt insbesondere dann vor, wenn ein Einsatz der für die Einhaltung der Vorgaben erforderlichen Ausbring-Geräte aus Sicherheitsgründen ausscheidet.
Bereits Mitte des Jahres 2017 wurde auf Anregung des Landesbauernverbandes beim MLR eine „Arbeitsgruppe Technik“ installiert, die mögliche richtlinienkonforme Ausnahmeregelungen der oben genannten Vorschriften entwickeln sollte. Die Arbeitsgruppe, an der Vertreter des LBV, der Maschinenringe sowie Vertreter der Landwirtschaftsbehörden teilnahmen, hat Lösungen erarbeitet, die aus Sicht der Teilnehmer eine praktikable Umsetzung ermöglichen würden. Diese liegen seit Juli 2018 vor.
Zusatzmittel werden kritisich gesehen
Nach Auskunft des Umweltministeriums (UM) werden Ausnahmeregelungen für flüssige Düngemittel mit Zusatzmitteln, wie zum Beispiel Gesteinsmehle, Kohlen oder auch Säure (Schwefelsäure) bislang nicht genehmigt, da eine emissionsmindernde Wirkung für Ammoniak bei der Ausbringung nicht ausreichend oder nicht sicher nachgewiesen werden kann. Auch die Ansäuerung von Gülle und die dadurch erzielte Verminderung von Ammoniakverlusten werden von den baden-württembergischen Behörden als kritisch eingestuft.
Nach Angaben und Informationen des Landwirtschaftszentrums Aulendorf (LAZBW) bewirkt die Zugabe von zum Beispiel Schwefelsäure während der Lagerung, dass der Güllelagerbehälter rechtlich nicht mehr als JGS-Anlage eingestuft werden kann. Eine Zugabe direkt bei der Ausbringung wäre möglich, sei aber sehr teuer und nur in Kombination mit bodennaher Ausbringtechnik wirklich sinnvoll.
Weitere Untersuchungen notwendig
Aus Sicht des LBV ist die Landesregierung aufgefordert, hier weitere Untersuchungen mit wissenschaftlicher Begleitung durchzuführen, um aussagekräftige und abgesicherte Ergebnisse zu erzielen, die nachvollziehbare Aussagen für die Praxis ermöglichen.
Die „Arbeitsgruppe Technik“ hat verschiedene Vorschläge für mögliche Ausnahmegenehmigungen der vorgeschriebenen Auflagen vor allem im Bereich der naturräumlichen oder agrarstrukturellen Besonderheiten des Betriebes erarbeitet. Diese sehen vor, Ausnahmen von der bodennahen Ausbringung zuzulassen für
- kleine Betriebe unter 15 Hektar (ohne Streuobstwiesen, Kleinflächen, Grünlandflächen mit einer Hangneigung auf mehr als 30 Prozent der Fläche, Weideflächen mit maximal 100 Kilo N/ha aus Wirtschaftsdüngern tierischer Herkunft sowie spezielle Sonderkulturflächen);
- Streuobstwiesen (30 Bäume pro Hektar);
- Kleinflächen unter zehn Ar;
- Grünlandflächen mit einer Hangneigung von mehr als 20 Prozent auf mehr als 30 Prozent der Fläche sowie
- Grünlandflächen mit mehr als 35 Prozent Hangneigung und Einsatz von Hochdruckseitenverteilern nach definierten Voraussetzungen (Abstand, Häufigkeit, TS der Gülle).
Beratungsempfehlung: Bei Befreiung von bodennaher Ausbringungstechnik sollte generell mit vermindertem Druck großtropfige verdünnte Gülle (< 5 % TS) mit geeigneter herkömmlicher Gülletechnik ausgebracht werden.
Umweltministerium sieht noch Abstimmungsbedarf
Auf Nachfrage des LBV, wann mit der Umsetzung dieser Vorschläge zu rechnen sein, teilte das UM mit, dass es diesen Eckpunkten grundsätzlich zustimmen könne, jedoch auch den Aspekten des Natur- und Umweltschutzes Rechnung tragen müsse. Deshalb sei eine weitere enge Abstimmung mit dem MLR notwendig, um die Regelungen so auszugestalten, dass sowohl den Interessen der Landwirtschaft als auch den Belangen des Natur- und Umweltschutzes entsprochen würde.
Aus Sicht des LBV ist es nicht nachvollziehbar, dass die Ausgestaltung von Ausnahmeregelungen seit über einem Jahr auf sich warten lässt, obwohl entsprechende Vorschläge auf dem Tisch liegen. Die landwirtschaftlichen Betriebe erwarten zu Recht Planungssicherheit für möglicherweise notwendige Investitionen und dass die Abstimmung der beiden zuständigen Landesministerien schnellstmöglich mit dem Ergebnis praktikabler Lösungen erfolgt.
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