"Düngeverordnung mit Geld nicht heilbar"
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Dass seit Wochen Bäuerinnen und Bauern auf die Straße gehen, ist für den 60-jährigen Schweinehalter aus Niederbayern eine Folge davon, dass von der Politik viele Probleme auf den Höfen ignoriert, politische Entscheidungen aufgeschoben oder nur mit Blick auf gesellschaftliche Strömungen und Umfragewerte getroffen wurden. Gerade die mediale Darstellung der Landwirtschaft zeichne vielfach ein Zerrbild. Erbrachte Leistungen würden ignoriert, Nahrungsmittel verramscht und die Politik sehe dem Treiben des Lebensmittelhandels tatenlos zu und öffne über das Mercosur-Abkommen noch die Grenzen für Erzeugnisse aus aller Welt. Ungeachtet unter welchen Produktionsstandards diese in den Drittländern erzeugt werden. Dafür würden hierzulande die Vorgaben und Auflagen für die Betriebe ständig angehoben. Wenn Politik und Gesellschaft nicht aufpassen, verursacht das keinen Strukturwandel, sondern einen Strukturbruch. Und dieser betrifft gerade die bäuerlichen Strukturen, die die Gesellschaft aber am ehesten toleriert, erklärte Heidl.
Praxistaugliche Vorgaben
Anstelle dieses „parteipolitischen Klamauks“ bräuchten die Bauern praxistaugliche Vorgaben sowie eine fairen Umgang mit der Landwirtschaft. „Die jetzt vom Koalitionsausschuss beschlossene Bauernmilliarde - der Begriff gefällt mir gar nicht – ist ein wichtiges Signal, aber Geld allein löst die Herausforderungen nicht. Die DüV ist mit Geld nicht heilbar“, sagte Heidl am 31. Januar im gut besuchten Bad Buchauer Kurzentrum. Hier gebe es eine Reihe fachlicher Mängel bei der Verschärfung des Düngerechts. So fehlte eine einheitliche Messmethodik als Grundlage für alle weiteren Entscheidungen. Ein Unding sei auch das geplante Verbot der Düngung von Zwischenfrüchten außer zu Futterzwecken. „Dann kann im Sommer keine Gülle mehr ausgebracht werden und im November sind die Lager voll“, schimpfte Heidl. Fragwürdig sei auch der Vorschlag, dass auf Ackerflächen in den roten Gebieten nur noch 80 Prozent der von den Pflanzen benötigten Nährstoffe ausgebracht werden dürften.
Mit Blick auf die Gemeinsame Agrarpolitik, warnte der der DBV-Vizepräsident davor, jetzt auf Brüsseler Ebene alles in Frage zu stellen. Die Erste Säule müsse ihre Einkommenswirksamkeit behalten. Eine Modifizierung über die ersten Hektar sei sinnvoll und komme kleineren Betrieben zugute. „Höllisch aufpassen“ müsse man bei den Eco-Schemes: Länder mit starken Agrarumweltprogrammen in der Zweiten Säule könnten Fördertatbestände verlieren, wenn vergleichbare Programme Bestandteil der Eco-Schemes würden.
Zusammenstehen wichtig
Positiv wertete Walter Heidl das Zusammenstehen der Bauern gegen den Druck von außen. Die Formierung von Land schafft Verbindung (LsV) zur Mobilisierung des Berufsstandes über die sozialen Medien habe Öffentlichkeitswirkung gezeigt und der Politik signalisiert, dass sie künftig vorsichtiger agieren müsse. Er sieht in der LsV eine sehr gute Ergänzung zur fachlichen Arbeit des Bauernverbandes. Diese Einschätzung hatte auch Kreisvorsitzender Gerhard Glaser in seiner Eröffnung des Bauerntages geäußert. Der Druck von der Straße habe nach außen gewirkt und nach innen das Wir-Gefühl gestärkt, sagte er unter Beifall.
Bauern haben ihre Hausaufgaben gemacht
Als besonders Leidtragende des Klimawandels habe die Landwirtschaft im Gegensatz zur Autoindustrie, Fliegerei oder Tourismus ihre Klima-Hausaufgaben gemacht und seit dem Kyoto-Protokoll ihren Klimagasanteil um 30 Prozent gesenkt. „Dafür haben unsere Familienbetriebe mehrere Hundert Millionen Euro in neue, tiergerechte Ställe und Güllelager investiert und erbrächten jede Menge Umweltleistungen. So beteiligen sich im Landkreis Biberach fast 640 Betriebe an FAKT. Im Rahmen der Landschaftspflegerichtlinie gibt es 191 Verträge, der Umfang von Greening- und ökologischen Vorrangflächen beziffert sich auf über 7600 Hektar und es gibt rund 50 Kilometer Blühstreifen. „Wir sind mitten drin in der Agrarwende“, sagte Glaser, aber anscheinend interessiere das kaum jemand. Dafür gebe es Vorwürfe, die Bauern sollten doch erst mal mit Tier- und Umweltschutz anfangen. Zum Glück sei die Situation in der Region deutlich besser als anderswo, denn, so Glaser, unsere Mitbürger wissen zunehmend, was sie an ihren heimischen Bäuerinnen und Bauern haben. Weil diese äußerst vertrauenerweckend arbeiten – konventionell wie bio.
Landkreis als Verbündeter
Unterstützung bekommen die Betriebe auch vom Landkreis, machte der Biberacher Landrat, Dr. Heiko Schmid deutlich. Um die Biodiversität voranzutreiben, hat der Kreis seine hierfür bereitgestellten Mittel von 30.000 auf 50.000 Euro angehoben. Auch die Zuschüsse für das Projekt „Lernort Bauernhof“ wurden von 30 auf 50 Euro pro Stunde aufgestockt. „Öffnen Sie Ihre Höfe, denn die Kinder von heute sind Ihre Kunden von morgen“, appellierte er an die Versammlung.
Ums Geld geht es derzeit auch in Brüssel, berichtete Europaabgeordneter Norbert Lins in einem Grußwort. Für die Gemeinsame Agrarpolitik sei 2020 ein entscheidendes Jahr, da derzeit der Finanzrahmen abgesteckt werden. Immerhin gehe es darum, rund 30 Milliarden Euro nach unten auf etwa zehn Millionen Betriebe zu verteilen.Damit eine „grünere“ Agrarpolitik gemacht werden könne, brauche es einen stabilen Finanzrahmen.
Vielfältige Verbandsaktivitäten
Einen Einblick in die Verbandsaktivitäten des 3600 Mitglieder zählenden KBV Biberach-Sigmaringen gab Geschäftsführer Niklas Kreeb. Hier nahm die Öffentlichkeitsarbeit rund um das Volksbegehren Pro-Biene sowie Aktionen und Gespräche mit Verbrauchern einen breiten Raum ein. Außerdem wurden auf den Geschäftsstellen in Biberach und Riedlingen über 13.000 Einzelberatungen durchgeführt.
Auf ein Jahr voller Aktivitäten verwies Landfrauenvorsitzende Doris Härle. So haben über 7800 Frauen und auch Männer das Veranstaltungsangebot wahrgenommen. Das Themenspektrum reichte von Gesundheit und Sport bis hin zur Wirtschaftspolitik und digitale Medien.
Auch die 15 jungen Leute im Agrargesprächskreis beschäftigen sich mit diversen fachlichen Themen, berichtet Junglandwirt Michael Maucher aus Bad Waldsee. Themen waren etwa die Landschaftspflege oder die Umsetzung des Eckpunktepapiers. Für ihn sind der Zusammenhalt und der Einsatz für die bäuerlichen Belange eine wichtige Zukunftsaufgabe. Dann könne man viel erreichen.
Umrahmt wurde die Mitgliederversammlung von der Schülerkapelle Biberach und einer Einlage von Mundartdichter Hugo Breitschmid.
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