Stressabbau für das Wild im Staatswald
Gerade im Winter reagieren heimischen Wildtiere besonders sensibel auf Störungen. Um die Tiere zu schützen, wurden im Schönbuch fünf Wildruhezonen ausgewiesen. ForstBW erinnert daran Hunde im Zugriffsbereich zu halten und die Wege nicht zu verlassen.
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Wer im Spätwinter und angehenden Frühjahr in den Staatswäldern von ForstBW unterwegs ist, trifft an manchen Stellen auf zeitlich begrenzte oder auch dauerhafte Wegsperrungen oder Hinweisschilder auf die Ruhebereiche von Wildtieren.
So auch im Schönbuch, einem Naturpark mitten im Land. Im eingezäunten Bereich des Waldgebietes findet man immer wieder Schilder, die auf Wildruhezonen hinweisen.
Störung erzeugt Stress beim Wild
Dr. Rudi Suchant, Abteilungsleiter des Wildtierinstituts der Forstlichen Versuchs- und Forschungsanstalt Baden-Württemberg (FVA): „Werden Wildtiere durch menschliche Aktivitäten gestört, ändern sie nicht nur ihr Verhalten, sondern reagieren auch mit körperlichen Veränderungen. Unter anderem werden mehr Stresshormone ausgeschüttet und der Herzschlag passt sich an.“
Häufig flüchten die Tiere, wenn sie gestört werden, und verbrauchen dabei sehr viel Energie. Passiert das in einzelnen Bereichen des Lebensraumes regelmäßig, meiden sie diese Regionen künftig. Der Raum, der dem Wild dann noch zur Verfügung steht, schrumpft. Das kann sich langfristig auf die körperliche Verfassung und die Fortpflanzung der Tiere auswirken. Gerade für Rotwild, das unter anderem in den Staatswäldern im Schwarzwald und Schönbuch vorkommt, ist es immens wichtig, dass es ungestört äsen und wiederkäuen kann.
Wildruhezonen nach Landeswaldgesetz
Rotwild und andere Wildarten benötigen Rückzugsmöglichkeiten, in denen sie ganzjährig ungestört ihrem natürlichen Tagesrhythmus nachgehen können. Deshalb wurden mit Verordnung des Regierungspräsidiums Tübingen vom 14.08.2008 auf Grundlage von Paragraf 38 Abs. 1 Satz 4 LWaldG insgesamt fünf Wildruhezonen im Schönbuch mit einer Größe von rund 550 Hektar ausgewiesen. Diese Gebiete dürfen Waldbesuchende während des ganzen Jahres nur auf den befestigten und besonders gekennzeichneten Wegen betreten. Wer vorsätzlich oder fahrlässig die gesperrten Wildruhegebiete betritt, begeht eine Ordnungswidrigkeit.
Zwingen Störungen das Rotwild, räumlich auszuweichen, kann dies dazu führen, dass die Tiere nicht mehr an ihre bevorzugten Äsungsflächen kommen. Um diesen Mangel auszugleichen, greifen sie verstärkt auf Nahrung zurück, die sich im Wald auch im Winter findet: Knospen und Rinde junger Bäume.
Die Schäden, die das Rotwild durch seine Nahrungsumstellung an den Knospen und Rinden verursacht, bereiten der Waldwirtschaft Probleme. Die Bäume wachsen langsamer oder sterben ab. Dadurch können sogar ganze Baumarten aus einzelnen Gebieten verschwinden. In Zeiten des Klimawandels ist der Waldumbau im Staatswald hin zu stabileren Baumarten an vielen Stellen jedoch eine der wichtigsten Aufgaben von ForstBW.
Schneller Erfolg der Wildruhezonen im Staatswald
Im Schönbuch zeigte sich der Erfolg der Wildruhezonen schnell. Auf diesen Flächen stellte das Rotwild innerhalb weniger Jahre seinen Rhythmus um und ist inzwischen tagaktiv. Auch Waldbesuchende bekommen das Wild dadurch manchmal an ausgeschilderten Beobachtungspunkten zu Gesicht.
Götz Graf Bülow von Dennewitz, Leiter des Forstbezirks Schönbuch erklärt: „Die Wildruhezonen werden von der überwiegenden Mehrheit der Waldbesuchenden akzeptiert. Es gibt im Bereich der öffentlichen Beobachtungspunkte sogar eine Art Sozialkontrolle, da die Tierbeobachter:innen natürlich keine Störungen dulden. Umgekehrt scheint sich das Rotwild an die Besucher zu gewöhnen, sofern deren Verhalten über Besucherlenkung für das Wild berechenbar bleibt.“
Weitere Wildruhezonen findet man im Südschwarzwald (circa 2000 Hektar im Kommunal- und Staatswald) sowie im Nordschwarzwald.
Im Südschwarzwald kommen auf den Staatswaldflächen am Rohrhardsberg auch temporäre Ruhebereiche zum Einsatz. Dort sperrten die ForstBW-Mitarbeiter bereits im Frühjahr des vergangenen Jahres mehrere Wege, die durch besonders sensible Bereiche führen. Der Grund für diese Umleitungen ist die Balz des Auerwildes. Die seltenen Vögel reagieren gerade während ihrer Paarungszeit sehr empfindlich auf Störungen. Diese Maßnahme hat sich als sehr erfolgreich herausgestellt.
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