Zu viele sind zu viele
Dr. Dominik Modrzejewski, Referent für pflanzliche Erzeugung beim Landesbauernverband Baden-Württemberg (LBV), beschäftigt sich immer wieder mit Saat- und Rabenkrähen, die große Schäden auf landwirtschaftlichen Flächen in Baden-Württemberg verursachen. Im Interview spricht er zum aktuellen Stand in Sachen Krähenplage.
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Bwagrar: Der LBV beschäftigt sich seit längerem mit der Krähenproblematik. Wo genau liegen die Probleme und was hat der LBV in dieser Hinsicht bisher unternommen?
Dr. Modrzejewski: Saat- und Rabenkrähen richten auf landwirtschaftlichen Flächen immer größere Schäden an. Grund dafür sind die kontinuierlich zunehmenden Populationen, welche ein nicht mehr tolerierbares Niveau erreicht haben. Gerade die streng geschützte Saatkrähe wird in Baden-Württemberg schon seit dem Jahr 2004 in der roten Liste der Brutvogelarten mit einem damaligen Bestand von 5500 bis 6000 Brutpaaren als nicht mehr gefährdet eingestuft. Mittlerweile gibt es mehr als 10.000 Brutpaare. Trotz dieser explosionsartigen Vermehrung ist die Saatkrähe weiter streng geschützt und kann nur im Einzelfall bejagt werden. Die hohen Tierbestände kombiniert mit dem nicht mehr gerechtfertigten Schutzstatus führt zu großen Problemen in der Landwirtschaft. Da es bisher keine systematische Erfassung der Krähenschäden gab, haben wir die Schäden bei den Landwirten abgefragt, in einem Schadensbericht zusammengefasst und die Landesregierung aufgefordert, das Problem zu lösen.
BWagrar: Was hat die Politik seither unternommen?
Dr. Modrzejewski: Positiv bewerten kann man ganz klar, dass sich die Politik sowohl auf Landes- als auch auf Bundesebene mit dem Thema beschäftigt hat. Auf Landesebene hat sich zum einen der Petitionsausschuss des Landtags mit der Krähenproblematik beschäftigt. Zum anderen gab es im Ausschuss für Ernährung, Ländlichen Raum und Verbraucherschutz eine öffentliche Anhörung zu dem Thema, bei der wir die Schäden für die Landwirtschaft mit zahlreichen Bildern und Videos ganz konkret aufzeigen konnten. Man hat deutlich gemerkt, dass die hohen Schäden und die Hilflosigkeit der Landwirte nicht spurlos an den Abgeordneten vorbeigegangen sind. Umso enttäuschender ist daher, dass die Landesregierung bisher nichts unternommen hat, um den Landwirten zu helfen. Auf Bundesebene hat die CDU/CSU-Fraktion einen Antrag zur Herabstufung des Schutzstatus der Saatkrähe eingereicht, der aber ebenfalls abgelehnt wurde.
Mittlerweile gibt es mehr als 10.000 Brutpaare der Saatkrähe.
BWagrar: Welche Aktionen sind für dieses Jahr geplant?
Dr. Modrzejewski: Betroffene Landwirte können uns auch in diesem Jahr wieder durch Saat- und Rabenkrähen verursachte Schäden melden. Mit den eingehenden Schadensmeldungen wollen wir gezielt die Landtags- und Bundestagsabgeordneten aus den betroffenen Regionen kontaktieren, auf die Höfe zur Schadensbesichtigung einladen und mit ihnen praxistaugliche Lösungen diskutieren. Da wir uns auf die Abgeordneten aus den betroffenen Regionen fokussieren, möchte ich alle betroffenen Landwirte bitten, uns auftretende Schäden zu melden. Ansonsten besteht die Gefahr, dass trotz bestehender Probleme in den Regionen keine Aktionen stattfinden.
BWagrar: Was fordert der Landesbauernverband?
Dr. Modrzejewski: Auf Bundesebene muss der Schutzstatus der Saatkrähe heruntergesetzt werden, um eine effektive Bestandsregulierung zu ermöglichen. Die Landesregierung ist zeitnah gefordert, eine Ausnahme zur Bejagung der Saatkrähe durch eine Rechtsverordnung zu erlassen, die die Vergrämung weniger bürokratisch handhabt. Zudem fordern wir, die Schonzeit der Rabenkrähe bei drohenden landwirtschaftlichen Schäden schnell und unbürokratisch für den Zeitraum der auftretenden Schäden auszusetzen. Um die Schäden in der Landwirtschaft systematisch erfassen zu können und Vergrämungsmaßnahmen schnell und unbürokratisch zu genehmigen, ist die Etablierung eines zentralen elektronischen Meldeportals für Krähenschäden nach dem Vorbild Rheinland-Pfalz auch in Baden-Württemberg zu etablieren.
Landwirte und Landwirtinnen sind aufgerufen, aktuell die durch Krähen verursachten Schäden für das Anbaujahr 2024 zu melden. Hier geht es zur Schadensmeldung
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