Otte-Kinast fordert Erleichterung für Tierwohl-Stallbauten
Die Niedersächsische Landwirtschaftsministerin, Barbara Otte-Kinast, hat dem Kabinett eine Bundesratsinitiative mit dem Entwurf eines Artikelgesetzes zur Erleichterung tierwohlbezogener Bauvorhaben vorgelegt, mit dem eine Ausnahmeregelung für Gemeinden mit einer besonders hohen Geflügeldichte geschaffen werden soll.
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Hintergrund des Entwurfes ist es, den Putenhaltern in Gebieten mit einer hohen Geflügeldichte und dem damit verbundenen Risiko eines Geflügelpesteintrages die Möglichkeit zu eröffnen, ihre Ställe für die Haltung anderer Geflügelarten zu nutzen. So sollte die Umnutzung offener Putenställe zu zwangsbelüfteten Hähnchenställen möglich sein.
Wie die Ministerin am 7. September 2022 dem Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz berichtete, sind Betriebe mit Putenhaltung in der Regel eher flächenschwach und würden bei einem Umbau und Wechsel des Haltungsverfahren ihren Privilegierungstatbestand verlieren. Auch das Friedrich-Loeffler-Institut (FLI) empfehle, dass Geflügelproduktionssysteme, die sehr anfällig für die Geflügelpest sind, langfristig umstrukturiert werden sollten.
Impfstoffeinsatz gegen die Geflügelpest muss EU-weit geregelt werden
Dringend benötigt werde auch ein wirksamer und einfach anzuwendender Impfstoff gegen die Geflügelpest, der gleichzeitig eine unkomplizierte Unterscheidung von geimpften und infizierten Tieren ermögliche, so Otte-Kinast. An der Entwicklung entsprechender Impfstoffe werde geforscht. Allerdings sei zeitlich nicht abzusehen, wann ein zugelassener Impfstoff verfügbar sein werde.
Ebenso wichtig wie der Impfstoff selbt sei ein rechtlicher Rahmen, der die Anwendung des Impfstoffs ermögliche, ohne gleichzeitig umfangreiche Handelsbeschränkungen und Verbringungsverbote gegen Betriebe mit geimpften Tieren zu verhängen. Der Rechtsrahmen dafür werde durch die EU-Kommission vorgegeben. Die Verordnung, mit der die Impfung gegen die Geflügelpest geregelt wird, sei allerdings noch nicht fertig gestellt. Sobald der Rechtsrahmen feststehe, würden Szenarien für einen möglichen Einsatz von Impfstoffen gegen die Geflügelpest geprüft und entsprechende Strategien erarbeitet.
Seit Herbst 2020 Geflügelpestgeschehen in ganz Europa
Anders als in all den Jahren zuvor sei das Geflügelpestvirus im Sommer 2021 erstmals nicht mit den Zugvögeln verschwunden, sondern in der heimischen Wildvogelpopulation verblieben. In seiner Risikoeinschätzung von September 2021 wertete das FLI dies als Zeichen, dass das Geflügelpestvirus enzootisch werden könnte. Seit dem Frühjahr 2022 sind in Nordeuropa in Brutkolonien verschiedener Küstenvögel wie Brandseeschwalben und Flussseeschwalben Geflügelpest-assoziierte Todesfälle aufgetreten. Damit habe das Geflügelpest-Geschehen eine neue, sehr besorgniserregende Qualität angenommen.
Es sei damit zu rechnen, erklärte die Agrarministerin besorgt, dass mit dem zunehmenden Vogelzug junge Wildvögel ohne ausreichenden Immunschutz nach Mitteleuropa kämen und sich hier mit dem Virus der Geflügelpest infizieren. Dadurch werdeder Infektionsdruck auf das Hausgeflügel erheblich zunehmen. Zusätzlich besteht die Gefahr, dass die Zugvögel neue Geflügelpestviren mitbringen.
Seit Oktober 2021 ausschließlich Geflügelpestvirus H5 N1
In Deutschland gab es im Zeitraum vom 1. Oktober 2021 bis zum 31. Juni 2022 insgesamt 90 Ausbrüche der Geflügelpest beim Hausgeflügel. Im selben Zeitraum wurde in Niedersachsen das Geflügelpestvirus in 32 Hausgeflügelhaltungen in 14 Landkreisen festgestellt. Betroffen waren 16 Mastputenhaltungen, 6 Legehennenhaltungen, 2 Elterntier-Haltungen, 3 Masthühnerhaltungen, 3 Gänsehaltungen, 1 Entenmastbetrieb und 1 Hobbyhaltung. Dabei wurde ausschließlich Geflügelpestvirus vom Subtyp H5 N1 nachgewiesen. Die Kosten des Geflügelpestgeschehens 2021/2022 betrugen rund 9.815.000 Euro. Rund 510.000 Tiere mussten getötet werden.
Seit Juli nehme die Anzahl der Ausbrüche allerdings wieder zu. Im Juli waren eine Gänsehaltung und eine Legehennenhaltung von der Geflügelpest betroffen. Im August wurde die Geflügelpest in 3 großen Legehennenhaltungen, 1 Hobbyhaltung und 2 Mastputenhaltungen festgestellt. Im September gab es bisher 1 Ausbruch in einer Masthühner-Elterntierhaltung und in einem Junghennenaufzuchtbetrieb. In allen Fällen wurde Geflügelpestvirus vom Subtyp H5N1 nachgewiesen. Insgesamt mussten seit dem 1. Juli 2022 bereits rund 616.000 Tiere getötet werden.
Höhere Entschädigungen für Zuchtgänse in Sicht
Otte-Kinast berichtete, dass der Niedersächsischen Tierseuchenkasse erst ein Teil der Anträge auf Entschädigung der getöteten Tiere vorlägen. Die Kosten allein für die bisher beantragten Entschädigungen und Tötungsmaßnahmen belaufen sich auf geschätzt 4,9 Mio. Euro. Ihrer Ansicht nach sind die maximalen Entschädigungen, die nach Bundesrecht im Seuchenfall für Geflügel gewährt werden können, für besonders wertvolle Tiere wie Eltern- und Großelterntiere in Gänsezuchten, viel zu gering.
Im Bundesratsagrarausschuss sei =am 29. August 2022 ein niedersächsischer Antrag angenommen worden, der eine Anhebung der maximalen Entschädigung von 50 auf 110 Euro vorsieht. Es sei sehr wichtig, dass dieser Antrag am 16. September 2022 auch im Plenum des Bundesrats erfolgreich sei, um den Zuchtbetrieben im Land eine Perspektive zu bewahren.