Änderung des Tierarzneimittelgesetzes (TAMG) tritt am 1. Januar in Kraft
Der Bundesrat hat am 16. Dezember 2022 dem Gesetzentwurf zur Änderung des Tierarzneimittelgesetzes von Bundesminister Cem Özdemir zugestimmt. Zuvor wurde es bereits durch den Bundestag verabschiedet.
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Wie das Bundeslandwirtschaftsministerium mitteilte, ist das Ziel der Neuregelung, den wirkstoff- und anwendungsbezogenen Einsatz von antibiotisch wirksamen Arzneimitteln bei landwirtschaftlichen Nutztieren besser zu erfassen und dauerhaft zu senken. Dafür wird das Antibiotika-Minimierungskonzept auf weitere Tierarten ausgeweitet und ein Reduktionsziel von 50 % verankert.
Nationales Antibiotika-Minimierungskonzept wird erweitert
Dem Agrarressort zufolge entspricht die erstmalige Festlegung einer Verringerung des Antibiotikaverbrauchs um 50 % der Farm-to-Fork-Strategie der EU-Kommission für ein nachhaltiges Agrar- und Ernährungssystem. Deshalb wird das nationale Antibiotika-Minimierungskonzept erweitert. Dieses erstreckt sich zukünftig nicht mehr nur auf Masttiere, sondern auch auf weitere Nutztiere, darunter fallen zukünftig auch Jung- und Legehennen. Der Antibiotikaverbrauch soll auch in Betrieben mit diesen Tieren erfasst und systematisch verringert werden.
Zudem werden die Meldepflicht für Behandlungen mit antibiotisch wirksamen Arzneimitteln von den Tierhaltern auf die Veterinäre verlagert und zuständige Überwachungsbehörden gestärkt. Diese sind zukünftig gesetzlich verpflichtet, Maßnahmen zu treffen, wenn dies zur Verringerung des Antibiotikaeinsatzes in einem tierhaltenden Betrieb erforderlich ist. Festgestellt wird dies weiter mit der betriebsindividuellen Therapiehäufigkeit im Vergleich zu nationalen Kenngrößen.
Eingeführt werden mit der Gesetzesänderung außerdem Gewichtungsfaktoren für Reserveantibiotika, damit diese seltener eingesetzt werden. Für Colistin werden darüber hinaus die Weichen für eine striktere nationale Regelung gestellt. So wird eine Rechtsgrundlage für ein Verbot der Umwidmung von Colistinpräparaten zur oralen Anwendung bei Nutztieren geschaffen. Das Bundeslandwirtschaftsministerium hob hervor, dass die Anwendung von Antibiotika auf ein therapeutisch unvermeidbares Minimum reduziert werden müsse. Vor diesem Hintergrund sei auch der Umbau der Tierhaltung von zentraler Bedeutung, um die Tiergesundheit zu verbessern.
Bayerischer Bauernverband übt scharfe Kritik
Der Bayerischen Bauernverband (BBV) übte in einer Stellungnahme scharfe an der Neuregelung des Tierarzneimittelgesetzes (TAMG). Die darin enthaltene pauschale Forderung einer Antibiotikareduktion um 50 % - noch dazu ohne Bezugsgröße - sei völlig inakzeptabel.
„Dies ignoriert die bisherigen Erfolge in der Antibiotikareduzierung. Außerdem gebietet es der Tierschutz, kranke Tiere adäquat zu behandeln, wozu bei Bedarf auch der Einsatz von Antibiotika gehört“, betonte BBV-Präsident Günther Felßner. Er wies darauf hin, dass die Einsatzmengen in der Landwirtschaft innerhalb von zehn Jahren bereits um 65 % gesunken seien. Eine Minimierung auf null sei weder möglich noch zielführend.
Sehr problematisch sieht der BBV zudem die Kurzfristigkeit der Umsetzung. Bis zum Inkrafttreten Anfang 2023 seien es nur noch zwei Wochen. „Eine reibungslose Umsetzung ist damit praktisch unmöglich“, monierte Felßner. Zu kritisieren sei auch die zusätzliche Bürokratie. Diese komme nun insbesondere auf die neu in das Antibiotika-Minimierungskonzept eingeführten Bereiche zu, wie die Milchviehhaltung. „Der zusätzliche Dokumentationsaufwand stellt die Nutztierpraxen, die in einigen Regionen bereits mit einem verschärftem Tierärztemangel zu kämpfen haben, vor eine erhebliche Herausforderung“, warnte der BBV-Präsident.
Inhaltlich gibt es laut Felßner noch eine Reihe weiterer Kritikpunkte, wie die Einführung von Gewichtungsfaktoren für Reserveantibiotika bei der Berechnung der betrieblichen Therapiehäufigkeit. Dies führe zu einem deutlichen Anstieg der individuellen Therapiehäufigkeit und damit zu einer „ungerechtfertigten Bestrafung der Tierhalter“. Die vielfach vorgebrachten Einwände gegen das neue Gesetz seien von der Politik weitgehend ignoriert worden. So seien die Leidtragenden wieder einmal die Tierhalter.