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Masthühnerhaltung

BroilerNet: Zweiter Zyklus gestartet

Am 25. April 2024 hat die Landwirtschaftskammer Niedersachsen ein Online-Seminar des Europäischen Netzwerkprojektes BroilerNet veranstaltet. Dabei ging es um innovative Lösungen für nachhaltige Masthühnerhaltung.

von Kathrin Iske, DGS Redaktion erschienen am 29.04.2024
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© David Tadevosian/colourbox.de

Unter dem Titel „Innovative und praxisreife Lösungen für die Bereiche Nachhaltigkeit, Tierwohl und Tiergesundheit“ war die Landwirtschaftskammer Niedersachsen am 25. April 2024 Gastgeber für ein Online-Seminar des Europäischen Netzwerkprojektes BroilerNet zum Austausch über die Masthühnerhaltung. Anlass war der Start des zweiten Projektzyklus. Das Seminar fand außerdem in Kooperation mit dem Netzwerk Fokus Tierwohl statt.

Zu Beginn stellte Dr. Karin von Deylen, wissenschaftliche Mitarbeiterin am Friedrich-Loeffler-Institut (FLI) und Projektmitarbeiterin bei BroilerNet, die Grundzüge vor: „Kern des Projektes ist der Austausch, die Vernetzung und der Blick über den Tellerrand, um europaweit geltende Best-practice-Beispiele erarbeiten zu können.“ Finanziert wird das Ganze über die EU-Kommission, beteiligt sind insgesamt 25 Partner – meist jeweils einer aus Wirtschaft und Wissenschaft – aus 13 europäischen Ländern. Für Deutschland sind das der Bundesverband bäuerlicher Hähnchenerzeuger (BVH) e.V. und das Friedrich-Loeffler-Institut (FLI).

Erster Zyklus: Champions ausgewählt

Im ersten Zyklus wurden in den Bereichen der drei Schlüsselthemen Tiergesundheit, Tierwohl sowie Umwelt und Nachhaltigkeit Herausforderungen formuliert, für die in den nachfolgenden 28 Meetings Lösungen diskutiert wurden. Für jedes Thema wurden am Ende drei sogenannte Champions ausgewählt, erklärte von Deylen, also besonders gute Lösungsvorschläge.

„Beim Schlüsselthema Tiergesundheit hießen die Herausforderungen u.a. Verbesserung der Biosicherheit und Bekämpfung hochpathogener Aviärer Influenza. Aus Frankreich stammte zur Verbesserung der Biosicherheit die simple, aber effektive Vorgehensweise, Kleingeräte mithilfe von Farben fest den einzelnen Betriebsgebäuden zuzuordnen. Für die Bekämpfung der HPAI wurde die Risikoampel der Uni Vechta als Best-practice-Beispiel genannt.“

Aus dem Bereich Tierwohl wurde ein Ansatz aus Schweden zum Champion ernannt: Dort wird mithilfe einer Fußballenbewertung am Schlachthof die erlaubte Besatzdichte für den folgenden Durchgang ermittelt. „Das Prinzip ist einfach: Umso gesünder die Fußballen, desto höher die erlaubte Besatzdichte im nächsten Mastdurchgang“, erklärte von Deylen. Erlaubt ist in Schweden eine Besatzdichte von 25 kg bis maximal 36 kg pro m2.  „Spannend war in diesem ersten Zyklus auch die Feststellung, dass die Ansätze, um das Tierwohl zu bewerten, länderspezifisch sehr verschieden sind.“

Zweiter Zyklus: Schwerpunkte gesetzt

Im zweiten Projektzyklus sollen nun folgende Schwerpunkte angegangen werden:

Tierwohl: Minimierung von Stress und Schäden durch das Fangen; Optimierung der Betreuung junger Küken; Verbesserung der Tierwohlbewertung und des Managements auf Betriebsebene.

Tiergesundheit: Verbesserung der Darmgesundheit; Verbesserung der Kükenqualität; Reduzierung von Lahmheitsproblemen.

Umwelt und Nachhaltigkeit: Wasser sparen und Wassermanagement verbessern; Verbesserung des Gülle- und Abfallmanagements; Bewertung und Minimierung des ökologischen Fußabdrucks von Fleisch langsam wachsender Linien.

Karin von Deylen stellte zum Abschluss noch einmal heraus, dass das Projekt offen für alle Interessierten sowie für jeden Input ist: „Wir freuen uns, wenn Sie auf uns zukommen!“ Mehr zum Projekt lesen Sie hier.

Wissenstransfer als Ziel

Die Frage: Was bietet das Netzwerk Fokus Tierwohl? klärte Dominik Jacobs im Anschluss. Er stellte das Netzwerk noch einmal vor und verdeutlichte, dass der Wissenstransfer von der Wissenschaft in die Praxis das vorrangige Ziel ist: „Das verfolgen wir mithilfe von Veranstaltungen, Netzwerktreffen und natürlich unserer Homepage.“ Das Netzwerk läuft seit 2020 und befindet sich inzwischen in der zweiten Förderphase.

Häufige Viruserkrankungen erkennen und behandeln

Dr. Christian Haverkamp stellte anschließend in seinem Impulsvortrag drei Auslöser der gegenwärtig häufig auftretenden Viruserkrankungen – die Aviäre Rhinotracheitis (ART), die Infektiöse Bronchitis (IB) und das Reovirus – vor. Bei der ART ist die Virusausbreitung hauptsächlich horizontal, eine Infektion äußert sich durch Schnupfen, Atemgeräusche, Ödeme, einen reduzierten Futter- und Wasserverbrauch. Zusätzlich wird der Weg für Sekundärinfektionen bereitet.

Als Fallbeispiel nannte Haverkamp einen Betrieb mit zwei Ställen á 30.000 Tiere: Nach dem Vorgriff waren die Verluste geringgradig erhöht, der Verwurf lag bei 3% aufgrund tiefgreifender Dermatitis. Die Diagnose erfolgte u.a. mittels PCR-Tupfer in der Luftröhre und Kloake sowie über Schlachtblutproben. Hinzu kam eine Sekundärinfektion mit E.coli, die mit einem Antibiotikum behandelt wurde.

Sprayimpfung ahmt Weg des Erregers nach

„Zur Vorbeugung dieser Viruserkrankung eignet sich eine Sprayimpfung am 7. Lebenstag der Tiere mit einem attenuiertem Lebendimpfstoff. Über das Spray wird der natürliche Infektionsweg des Virus nachgeahmt, deshalb ist dieser Weg meines Erachtens erfolgversprechender als die Impfstoffgabe übers Tränkwasser.“

Auch hinsichtlich der Infektiösen Bronchitis berichtete der Tierarzt von einem Praxisfall, bei dem sich das Krankheitsbild der Tiere – Schnupfen, Röcheln, Nasenausfluss, verringerte Futteraufnahme und das sogenannte „wet litter“-Syndrom, das zu einer sehr feuchten Einstreu infolge einer vermehrten Wasserausscheidung durch die geschädigten Nieren führt – mit einer Sprayimpfung am 14. Lebenstag deutlich verbesserte. „Meine Vermutung in diesem Fall ist, dass entweder der Impfstamm wieder virulent geworden ist oder aber es Fehler bei der ersten Impfung zu Beginn der Mast gegeben hat.“

Die Desinfektionsmittel wechseln

Hinsichtlich des Reovirus, auf den er zuletzt einging, gab Haverkamp zu bedenken: „Dieses Virus ist resistent gegenüber vielen Desinfektionsmitteln und es ist eine vertikale Erregerübertragung möglich.“ In der Klink zeigt es sich durch Lahmheiten, eine geringe Mortalität, eine deutliche Reduzierung der Futter- und Wasseraufnahme durch die Schmerzen bei Bewegung und das Unterschreiten der Zielgewichte um zumeist 150 – 200 g.

Als Maßnahmen empfahl der Veterinär in diesem Fall eine doppelte Desinfektion mit unterschiedlichen Desinfektionsmitteln, u.a. mit Jod, damit sich keine einheitliche Keimflora adaptieren könnte. Zudem ist die bestandsspezifische Impfung der Elterntiere essenziell, denn „die Eltern geben den Impfschutz über den Dotter an die Küken weiter. Als direkte Behandlung ist nur eine Schmerzmittelgabe möglich“, ergänzte Haverkamp.

Aktuelles Projekt: Musterhaus für Masthühner

In einem weiteren Impulsvortrag stellte Dr. Stefanie Schäfers ein derzeit laufendes Projekt an der Stiftung Tierärztliche Hochschule (TiHo) Hannover vor: Das Europäische Innovationsprojekt (EIP), an dem zusätzlich zur TiHo noch ein Mastbetrieb und ein Stallbauunternehmen beteiligt sind, soll in zwei Phasen ablaufen: Zuerst wurde ein verändertes, energieeffizientes Stallgebäude zur verbesserten Ablüftung von Schadgasen und Verminderung der Einstreufeuchte eingerichtet. Darauf folgte die Entwicklung des proaktiven Ansatzes anhand der generierten Daten.

In der zweiten Phase erfolgt die Umstellung auf proaktive Lüftung und in diesem Zuge auch die weitere Einsparung von Energie und Wasser; so soll auch die Einstreufeuchte weiter reduziert werden. Das Konzept sieht ein Wärmetauschergebäude mit einer Innen- und einer Außenhülle vor: Es soll winddicht sowie käferresistent sein, eine gesteigerte energetische Effizienz sowie ein proaktives Klimatisierungssystem haben.

Beschäftigung weitergeführt

Auch mit einem Impulsvortrag vertreten war Landwirt Arnd von Hugo, Teilnehmer des MuD Tierschutz „Strukturierung und angepasste Fütterung im Masthühnerstall: Optionen für eine verhaltensgerechte und umweltschonende Tierhaltung“, kurz: MaVeTi. „Alle Projektbetriebe waren mit erhöhter Ebene mit einem perforiertem Boden und Kotband ausgestattet. Zusätzlich hat jeder Landwirt seinen Masthühnern individuelle Beschäftigung angeboten. Bei mir gehörten dazu separate Staubbäder mit unterschiedlichen Substraten, Körnerautomaten mit Pickscheibe und eine automatische Rohrförderanlage, über die ich meinen Tieren zusätzliches Beschäftigungsmaterial anbiete“, erklärte von Hugo. Mehr zum Betrieb und dem Projekt lesen Sie in der Reportage im DGS Magazin 3/2022.

 

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