
Der Wert von Mensch und Tier
Eine aktuelle Studie zeigt deutlich: Höhere Haltungsstandards in der Geflügelhaltung bringen einen erheblichen Ressourcenverbrauch mit sich. Doch ist das gesellschaftlich tragfähig?
von Kathrin Iske, DGS Redaktion erschienen am 19.08.2024Wohnraum ist teuer, beinahe überall in Deutschland und Europa. Und er wird teurer, je mehr Wohnfläche man für eine gleichbleibende Anzahl an Bewohnern zur Verfügung haben möchte. Zudem muss nicht nur der Wohnraum, sondern auch das Leben darin jeden Monat bezahlt werden.
Stallraum bzw. -fläche bildet hier keine Ausnahme: Je weniger Masthähnchen auf derselben Anzahl an Quadratmetern gemästet werden, umso teurer wird der „Wohnraum“ – und mit ihm das Produkt Hähnchenfleisch. Doch damit allein nicht genug: Eine Studie, die der Verband der Geflügelverarbeiter und des Geflügelhandels in den EU-Ländern (AVEC) in Auftrag gegeben hatte, kommt zu bemerkenswerten Ergebnissen. Untersucht wurde, wie sich verschiedene Produktionsparameter der Masthühnerhaltung verändern, würden in ganz Europa die Haltungskriterien des European Chicken Commitments (ECC) umgesetzt.
Die Studie belegt: Die Produktionskosten pro Kilogramm Hähnchenfleisch würden um 37,5 % steigen, es würden zusätzliche 12,44 Mio. m³ Wasser verbraucht, es wären jährlich 7,3 Mio. t Futter zusätzlich nötig und die Treibhausgasemissionen würden um 24,4 % steigen – für jedes erzeugte Kilogramm Fleisch. Erwähnt werden sollte auch noch, dass der Bau von 9.692 neuen Geflügelställen notwendig wäre, Kostenpunkt 8,24 Mrd. Euro.
Die Diskussionsgrundlage ist damit um kritische Punkte erweitert. Und meines Erachtens stehen – vor allen anderen – folgende Fragen im Raum: Können wir es uns als Gesellschaft leisten, den Wert des „Wohnraums“ unserer Masthühner höher anzusiedeln als den Wert eines erschwinglichen, nährstoffreichen Lebensmittels für die breite Bevölkerung? Und können wir es uns leisten, dafür mehr Ressourcen zu verbrauchen als nötig?