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Feldtag in Großrinderfeld

Neue Wege im Ackerbau beschreiten

Bodenbearbeitung und mechanische Unkrautbekämpfung – das waren die Schwerpuntkte beim Feldtag in Großrinderfeld. Außerdem informierte Dr. Friedrich Merz über den aktuellen Stand in der Glyphosat-Debatte.

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Staatssekretärin Friedlinde Gurr-Hirsch vom Ministerium Ländlicher Raum freute sich über das große Interesse der Landwirte an dem Feldtag in Großrinderfeld. Im Bild ist sie zusammen mit v. l. Jonathan Kern und Frank Käufler zu sehen, der zusammen mit den Firmenvertretern oder Händlern die Bodenbearbeitungsmaschinen vorstellte.
Staatssekretärin Friedlinde Gurr-Hirsch vom Ministerium Ländlicher Raum freute sich über das große Interesse der Landwirte an dem Feldtag in Großrinderfeld. Im Bild ist sie zusammen mit v. l. Jonathan Kern und Frank Käufler zu sehen, der zusammen mit den Firmenvertretern oder Händlern die Bodenbearbeitungsmaschinen vorstellte. Bernauer
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Mit neuen Wegen im Ackerbau ohne den Einsatz von Glyphosat setzte sich der Feldtag zur Stoppelbearbeitung in Großrinderfeld (Main-Tauber-Kreis) auseinander. Dass die Bundesregierung zeitgleich am 4. September ihren Beschluss zum schrittweisen Verbot und dem endgültige Aus des Unkrautvernichters bis Ende 2023 fällt, konnten die Veranstalter vorab nicht ahnen.

Bei der gemeinsamen Veranstaltung des Landwirtschaftsamtes im Main-Tauber-Kreis und des Bioland-Landesverbandes wurden 15 Maschinen bei der Stoppelbearbeitung auf einem abgeernteten Sommergerstenfeld und beim Umbruch eines dreijährigen Luzernebestandes im Einsatz vorgeführt. Nahezu 400 Feldtagsbesucher konnten die Arbeitsqualitäten der Bodenbearbeitungsgeräte vergleichen. Unter den Besuchern war auch Friedlinde Gurr-Hirsch, CDU-Landtagsabgeordnete und Staatssekretärin im Ministerium Ländlicher Raum, die sich über das große Interesse der Landwirte freute.

Vorab gab es Informationen zum aktuellen Stand der Glyphosat-Zulassung, zu ersten Praxiserfahrungen im Ackerbau ohne Glyphosat und zur mechanischen Unkrautregulierung im Biolandbau. Nach den Worten von Meinhard Stärkel, dem Leiter des Bad Mergentheimer Landwirtschaftsamtes sollte die Gemeinschaftsveranstaltung auch zum gegenseitigen Lernen genutzt werden.

Zum derzeitigen Stand der Glyphosat-Zulassung berichtete Dr. Friedrich Merz vom Stuttgarter Regierungspräsidium. Er erinnerte an die Zustimmung der EU-Mitgliedsstaaten vom November 2017, als nach langer Diskussion der Wirkstoff EU-weit nochmals für weitere fünf Jahre statt der üblichen 15 Jahre zugelassen wurde. Die jeweils vorgeschriebene nationale Neubewertung und Zulassung haben die staatlichen Behörden innerhalb eines Jahres aber nicht einhalten können. Daher werde wohl erst zum verlängerten Termin am 15. Dezember 2019 feststehen, wie es mit der nationalen Zulassung von Glyphosat in Deutschland weitergeht.

Einschränkungen erwartet

Ungeachtet des jüngst vom Kabinett beschlossenen Aktionsprogramms Insektenschutz werden laut Friedrich Merz Beschränkungen für die Anwendung im Haus- und Kleingarten und in öffentlichen Anlagen erwartet. Für die Landwirtschaft sei der weitere Umfang der Glyphosat-Zulassung noch ungewiss. Das Bundesumweltministerium fordert zum Beispiel bei Anwendung breitwirkender Unkrautvernichtungsmittel wie Glyphosat als Ausgleich, zehn Prozent der Flächen unbehandelt zu lassen.Weiter angeheizt wurde die Diskussion um den Wirkstoff durch das österreichische Anwendungsverbot, das nach Aussage von Merz dem EU-Recht widerspricht.

Nach wie vor strittig sei die Gefährlichkeit von Glyphosat. Obwohl Untersuchungen und Studien zahlreicher in- und ausländischer Zulassungsbehörden und internationaler Organisationen keine Krebsgefahr erkennen, stehe die entgegengesetzte Aussage der internationalen Krebsforschungsagentur IARC weiter im Raum.

Achtsam mit Glyphosat umgehen

Der Grenzwert im Trinkwasser liegt bei 0,1 Mikrogramm pro Liter. In Oberflächengewässern sei Glyphosat zwar zu finden. Man wisse aber, dass bis zu 28 Mikrogramm pro Liter an Pflanzen und Tieren in Gewässern keinerlei Schaden anrichten, berichtet Merz. In keiner der zahlreichen Untersuchungen von Oberflächengewässern wurde dieser Messwert überschritten. Nachweislich gelangte der Wirkstoff vor allem durch Punkteinträge auf befestigten Flächen in die Gewässer. Solche Einträge ließen sich in der Landwirtschaft durch achtsames Befüllen der Spritzen und ihre sachgemäße Reinigung auf dem Feld leicht verringern.

Den Landwirten empfahl der Pflanzenschutzexperte daher, weiterhin den verantwortungsvollen Umgang mit dem Wirkstoff und nach Möglichkeiten zu suchen, die Anwendungen zu minimieren und unabhängig davon die Biodiversität und Artenvielfalt zu fördern.

Ackerbauberater Frank Käufler: Er konstatierte ein Ackerbausystem, das instabil geworden ist. Als Ursachen nennt er zunehmende Resistenzen gegenüber Wirkstoffen, enge Winterungsfruchtfolgen, die Eingriffsintensität in den Boden wird mit der konservierenden Bodenbearbeitung zurückgefahren, vermehrter Anbau hoch ertragreicher Sorten, die aber sehr krankheitsanfällig sind (zum Beispiel Fusarium). Hinzu kommen häufig vorgezogenen Aussaattermine aus arbeitswirtschaftlichen Gründen.

Ackerbauliche Kompetenz gefragt

Letztendlich „sind wir an der Leistungsgrenze der Pflanzenschutzmittel angelangt oder haben sie zum Teil bereits überschritten“, gibt Käufler zu bedenken. Am Beispiel der immensen Ackerfuchsschwanz-Ausbreitung veranschaulichte er, dass die Folgen dieses Ackerbausystems nicht mehr durch den Einsatz von Pflanzenschutzmittel kompensiert werden können. Innerhalb kurzer Zeit sei der Umsatz mit Pflanzenschutzmitteln um 0,6 Milliarden Euro gestiegen. „Das ist eine Explosion der Pflanzenschutzkosten. Gleichzeitig ist der Wirkungsgrad der Mittel immer mehr zurückgegangen“; betonte Käufler.

In Ostdeutschland waren dagegen Probleme mit Ungräsern zum Teil völlig unbekannt. Aus Gründen der Fruchtfolge wurde dort über Jahrzehnte „optimierter Feldfutteranbau“ betrieben. Käufler, der selbst Landwirt ist und in Nordhessen einen Hof bewirtschaftet, sagt zur Ausgangslage: „Wir haben in vielen Kulturen sinkende Erträge, massiv steigende Kosten einschließlich Smart Farming und eine wahnsinnige Informationsflut. Wir brauchen deshalb mehr Ackerbau 1.0 statt Smart Farming 4.0 und Strategien, um mit dieser Sachlage klar zu kommen.“

Für den Berater steht fest, dass langfristig das vielfältige Anbausystem am nachhaltigsten sein wird. Allein Weizen, Silomais und Gerste decken zwei Dritte der gesamten Ackerbaufläche Deutschlands ab, was zu viel sei. Das in Hessen und Nordrhein-Westfalen gewährte Förderprogramm „Vielfältige Fruchtfolge“ nannte Käufler als beispielhaft. Mit 1000 Euro je Hektar (Hessen) könnten rindviehhaltende Betriebe zum Bespiel den vollen Nutzen aus der Verwertung von Ackerbohnen und deren ackerbaulichen Vorteilen (Sommerung/Blattfrucht) ziehen.

Förderbedingung sei, zehn Prozent der Fläche mit Ackerbohnen zu bestellen. Mit Blick auf die künftige Stoppelbearbeitung ohne Glyphosat würden Maschinen benötigt, die heute noch gar nicht verfügbar sind. Für sehr wichtig hält der Ackerbauexperte hierbei die Tatsache, dass 90 Prozent der Unkraut- und Ungräsersamen im Bereich von null bis fünf Zentimetern keimen.

Ohne Glyphosat mehr Überfahrten

Die Arbeitstiefe von fünf Zentimetern war bei der Maschinenvorführung daher die Vorgabe, um das Augenmerk auf jene Technik zu lenken, die diesen Anspruch erfüllen kann. Die Mehrkosten der Stoppelbearbeitung ohne Glyphosat werden auf 100 bis 130 Euro je Hektar veranschlagt. Nach einer Umfrage unter Landwirten wird mehrheitlich davon ausgegangen, dass dazu zwei Überfahrten mehr als zuvor erforderlich sind und die Arbeitstiefe um zehn Zentimeter erhöht werden muss.

Den großen Nachteil intensiverer Bodenbearbeitung infolge eines Verbots von Glyphosat sieht Käufler in der steigenden Bodenerosion in Hang- und Steillagen. Mulchsaat sei deshalb nicht auf allen Flächen möglich. Auch die Nährstoffverlagerung werde zunehmen und der Boden durch einen massiven Anstieg der Verdunstungsrate trocken gelegt.

Gespür fürs Unkrautmanagement

Bei der Unkrautregulierung im Ökoanbau geht es nicht allein um Striegeln und Hacken. Wie Bioland-Berater Jonathan Kern hervorhob, müsse man sich um den gesamten Komplex Gedanken machen. Das Unkrautmanagement bestehe aus sechs Säulen, wobei eine ausbalancierte Fruchtfolge das A und O bildet. Zusammen mit einem guten Kleegrasmanagement seien bereits 80 Prozent der Hausaufgaben erledigt. Zu den weiteren Säulen zählt Kern den Zwischenfruchtanbau, die Sortenwahl, die mechanische Unkrautregulierung und die Bodenbearbeitung.Wichtige denn je sei das vorbeugende Arbeiten. Hierbei bilde eine ausgeglichene Fruchtfolge und Bodenbearbeitung die wichtigsten Bausteine.

Das Zeitfenster für das Hacken sei durch die Sätechnik begrenzt aber dennoch länger als für den Striegel. Verbesserungen und Unterstützung beim Hacken bringen inzwischen elektronische Kameras. Das Einstellen des Striegels sollte nur von Personen vorgenommen werden, die ein Gespür dafür haben, so Kerns Botschaft an die Landwirte.

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