Das Motto lautet: Wir bezahlen die Ausbildung Ihrer Kinder
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Helmut Lehner betreibt in Westerstetten auf der Schwäbischen Alb ein klassisches Agrarhandelsunternehmen mit Getreideerfassung und Betriebsmittelverkauf. In den nächsten zehn Jahren gehen viele seiner 25 Mitarbeiter in Ruhestand, „zu viele“, bedauert Unternehmens-Chef Lehner und fügt gleich hinzu, dass es bereits heute schwierig ist, geeigneten Ersatz zu finden.
Tipps aus der Familie gefragt
Huberth Speth hat Verständnis für die Sorgen und Nöte des Agrarhandels. Vor seiner wissenschaftlichen Laufbahn war der 52-Jährige unter anderem elf Jahre Arbeitgeber und Chef eines Agrarhandelsunternehmens in Hamburg. Fragt man junge Leute, wo sie nach ihrer Schulausbildung arbeiten wollten, fallen häufig die Namen großer Industrieunternehmen wie Daimler, Bosch oder IBM, sagt Prof. Speth aus Erfahrung. Namhafte Agrarunternehmen sind in der Aufzählung nicht enthalten. Andererseits hören junge Menschen bei der Berufsorientierung immer noch am ehesten auf den Rat der Familie, ergänzt der Wissenschaftler. Deshalb hat er für die Personalsuche im Agrarhandel einen Tipp: „Schreiben Sie auf die Gehaltszettel ihrer Mitarbeiter eine Notiz: Wir bezahlen die Ausbildung ihrer Kinder.“
Bezahltes Studium
Denn wer an der DHBW in Mosbach studieren will, bewirbt sich nicht an der Hochschule, sondern bei einem Unternehmen, das wiederum an der Hochschule einen Studienplatz reservieren lässt. Das Unternehmen bezahlt von Anfang an den Studierenden. Für diesen Unterhalt hat Prof. Speth einen weiteren Tipp. „Bezahlen Sie Ihre Studierenden wie ihre Azubis im dritten Lehrjahr. Sind die Noten gut, lassen sie mal einen Tankgutschein springen, sind die Noten schlecht, dann eben nicht.“
Aus der Berufsakademie entstanden
Die duale Hochschule Baden-Württemberg ist aus der Berufsakademie hervorgegangen. Das duale Studium ist sehr praxisorientiert, weil es zur Hälfte im Unternehmen und zur Hälfte an der Hochschule stattfindet. Alle drei Monate wechselt die oder der Studierende den Arbeitsplatz vom Unternehmen zur Hochschule und umgekehrt. Der Studiengang Agrarwirtschaft geht auf eine badisch-bayerische Initiative der Agrarfirmen ZG Raiffeisen und BayWa AG zurück. Der Studiengang startete im Oktober 2012 und umfasst die Schwerpunkte Betriebswirtschaft, Vertrieb, Logistik und agrarspezifische Fächer. Rund zwei Drittel des Studiums widmen sich der Betriebswirtschaft, ein Drittel machen Agrarthemen aus. „Im Grunde bilden wir Betriebswirte mit vertiefenden agrarwissenschaftlichen Kenntnissen aus“, beschreibt Prof. Dr. Speth den Ausbildungsweg. Der entscheidende Vorteil für die Unternehmen: Die jungen Leute werden praxisgerecht ausgebildet.
Prof. Dr. Hubert Speth war Anfang Februar zu Gast beim Verband der Agrargewerblichen Wirtschaft (VdAW) in der Deula in Kirchheim/Teck, wo die Fachgruppe Landhandel Baden-Württemberg zur ihrer Jahresmitgliederversammlung zusammengekommen war. Wilhelm Lohrmann, der Fachgruppen-Vorsitzende, hatte bei der Begrüßung betont, dass künftige Betriebsnachfolger im Agrarhandel Theorie und Praxis beherrschen müssten. „Wir brauchen gute Leute.“
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