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Europäisches und heimisches Soja

Heimisches Eiweiß für Mensch und Tier

Sojabohnen sind entlang der unterschiedlichen Wertschöpfungsketten ein Dauerthema. Auf der diesjährigen Lehrfahrt des bundesweiten Soja-Netzwerkes entlang des Oberrheins von Kehl bis in die Westschweiz konnte sich über 50 Teilnehmer ein Bild von der aktuellen Situation machen.
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Kaiser
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Die bis auf den letzten Platz ausgebuchte Exkursion brachte Landwirte, Berater, Wissenschaftler, Züchter sowie verarbeitende Unternehmen zusammen und zeigte vor allem, dass das Interesse an der unscheinbaren Leguminose weiterhin ungebrochen ist.

Sojaanbau nimmt zu

Der heimische Sojabohnenanbau in den süddeutschen Gunstlagen legte 2015 erstmals deutlich zu. Allein in Baden-Württemberg verdoppelte sich die Fläche innerhalb eines Jahres und liegt jetzt bei rund 6000 ha. Bayern kommt auf gut 7000 ha. Über alle Bundesländer hinweg beträgt die geschätzte Gesamtfläche 17000 ha. Die Nachfrage nach Soja aus gentechnikfreiem Anbau steigt seitens der verarbeitenden Futtermittelindustrie zunehmend, da der Bedarf nur schwierig aus Überseeländern gedeckt werden kann. Soja aus europäischer Herkunft, wie zertifiziertes Donau-Soja oder Soja aus heimischen Anbau, wird immer begehrter.

ZG Raiffeisen registriert größere Nachfrage nach gentechnikfrei erzeugtem Soja

„Wir halten an unserer Strategie der Ablehnung von gentechnisch verändertem Material fest“, betonte beispielsweise Dr. Ewald Glaser, Vorstandsvorsitzender der ZG Raiffeisen-Gruppe jüngst. Die Abnehmer des Vermarkters würden das zunehmend honorieren. Seitens des Lebensmitteleinzelhandels kommt hinzu, dass es kaum noch Händler gibt, die nicht im Rahmen ihrer Nachhaltigkeitsstrategie mehr oder weniger deutlich den Wunsch äußern, dass Futtermittel für Geflügel, Schweine und Rinder gentechnikfrei sein sollen. Noch bezieht sich das nur auf die Eigenmarken. Und auch die Lebensmittelindustrie, hier allen voran die Tofuproduzenten, sorgt für einen Nachfrageschub bei Biosoja.

Bio-Landwirt Hans Bartelme spart Futterkosten durch selbst erzeugtes Eiweiß

Der Bio-Landwirt Hans Bartelme gilt unabhängig vom aktuellen Sojaboom als alter Hase: Denn der Banaterhof in Rheinau-Honau, erste Station der Exkursion, hat bereits vor 34 Jahren, damals noch konventionell und unter der Leitung seines Vaters, mit dem Sojaanbau begonnen. Hauptstandbeine des Betriebes in

Biolandwirt Hans Bartelme aus Rheinau-Honau © Kaiser
dritter Generation sind Legehennen und Mastschweine. „Der Grund für den Sojaanbau waren die Legehennen“, erklärte Bartelme. Er hält insgesamt 3000 Legehennen in Freilandhaltung und verfüttert eigenes Getreide mit einem Sojaanteil von etwa 24 Prozent. Gemischt wird das Futter, das den Anforderungen für Legehennen Alleinfutter II entspricht, auf dem Betrieb selbst. Hauptbestandteil der Rezeptur ist neben den Sojabohnen Triticale und Weizen mit rund 55 Prozent. Hinzu kommen noch Mais, Kalk, Grünmehl, eine Mineralstoffmischung sowie Maiskleber. Gegenüber einem zugekauften Bio-Fertigfutter spart der Landwirt so 10 Euro pro dt. Dabei sind die Kosten für Toasten und Schroten schon berücksichtigt.

Bartelme hat über die Jahre ein ausgeklügeltes Verfahren vom Acker bis hin zur eigenen Futtermischung entwickelt. Er baut Sojabohnen der Sorte Primus auf 20 ha seiner insgesamt 50 ha-Ackerflächen an. Aktuell sind es nur 11 ha. Gesät wird auf Schwemmlandboden etwa Anfang/Mitte Mai mit bis zu 800.000 Körner pro ha. Die Pflege seiner Sojabestände besteht aus Blindstriegeln und mehrmaligen normalem Striegeln und Hacken. Auf dem Banaterhof wird etwa Anfang Oktober im Lohndrusch geerntet. Der Feuchtegehalt liegt dabei bei rund 23 Prozent. Der Ertrag pro ha variiert mit 12 bis 21 dt von Jahr zu Jahr stark. „Wegen der Verunkrautung ist auf jeden Fall eine umgehende Reinigung ganz wichtig“, betonte der Landwirt, der in diesem Jahr viel Weißer Gänsefuß in den Sojaschlägen beobachtet.

Für die Reinigung und Trocknung auf dem eigenen Betrieb hat er sich passende Aufbereitungstechnik zugelegt und Lagerkapazitäten geschaffen. Die Sojabohnen für die Fütterung der Legehennen lässt Bartelme chargenweise im Raiffeisen Kraftfutterwerk Kehl toasten. Dann werden sie ungefähr alle sechs Wochen ebenfalls im Lohn auf die gleiche Größe der Getreidekörner geschrotet. „Die Struktur des Futters muss passen. So picken die Hühner alle Komponenten gleichmäßiger auf und selektieren nicht“, so Bartelme. Über die Beurteilung der Schlachtkörper - derzeit gehen ungefähr 26 Hühner pro Woche in die Schlachtung, in Stoßzeiten können es schon mal 80 Tiere sein – und eine Kontrolle des Futternährstoffgehalts stellt der Landwirt sicher, dass seine Legehennen optimal versorgt werden und gesund sind. Mit der Legeleistung von zirka 70 Prozent ist er zufrieden. Bartelme hat sich mehrere Vermarktungskanäle aufgebaut: Die Eier und Suppenhühner werden im eigenen Hofladen oder auf Wochenmärkten verkauft, bzw. gehen an regionale Bioläden und Edeka Aktiv-Märkte. Das überschüssig erzeugte Soja liefert Hans Bartelme an die Life Food GmbH zur Tofuherstellung. Der Absatz in die Lebensmittelproduktion ist nur möglich, weil er die Sorte Primus anbaut.

Life Food möchte Anteil an in Deutschland erzeugtem Soja in seiner Tofuproduktion steigern

„Es gibt viele Sorten, die für die Tofu-Produktion geeignet sind, aber nur ganz wenige, die Tofu in der Festigkeit ergeben, wie das europäische Kunden wünschen“, berichtete Fabian von Beesten von der Life Food GmbH vor der Besichtigung der Produktionshallen in Freiburg. Der nach eigenen Angaben europäische Marktführer für Bio-Tofuprodukte arbeitet mit den Stammsorten Primus und Korus und liefert rund 30 Produkte unter den Marken Taifun und Tukan an den Lebensmitteleinzelhandel. Der Export geht in 18 Länder.

Außerdem ist Life Food zertifizierter Saatgutvermehrer für Biosoja in Deutschland. In den vergangenen zehn Jahren konnte das Unternehmen laut von Beesten jährlich 10 Prozent an Wachstum verzeichnen. Der Tofu-Produzent sichert sich die Sojabohnen zu 100 Prozent aus Vertragsanbau, für den von Beesten verantwortlich ist. Noch vor vier Jahren hatte Life Food 600 ha und 40 Landwirte unter Vertrag, aktuell sind es bereits 1600 ha und 100 Landwirte in Deutschland, Frankreich und Österreich. Zudem wurden drei Agraringenieure für die Anbauberatung angestellt. Ein Drittel der Sojabohnen stammt aus deutschem Anbau. Wunsch des Tofu-Herstellers ist es jedoch, diesen Anteil künftig zu erhöhen. „Für Lebensmittelsoja zahlen wir je nach Qualität rund 100 Euro pro Tonne mehr, als allgemein für Futterqualität gezahlt wird“, so von Beesten.

Landessaatzuchtanstalt setzt hauptsächlich auf Ertrag

Auch die Landessaatzuchtanstalt der Universität Hohenheim setzt im Rahmen ihres Sojazuchtprogramms einen besonderen Schwerpunkt auf die Entwicklung von Linien für die Tofu-Nutzung wie bei der Besichtigung der Versuchsflächen in

Dr. Volker Hahn, Landessaatzuchtanstalt Hohenheim
Eckartsweier deutlich wurde. „Die Sojasorten sind eng miteinander verwandt“, berichtete Dr. Volker Hahn von der Landessaatzuchtanstalt. Der Zuchtleiter ging unter anderem auf die Hürden bei der Sojazucht ein: Von 100 Kreuzungen kämen durchschnittlich nur zehn durch. Davon erhalte man etwa 200 Samen. Um den Zuchtgang zu beschleunigen, kämen diese Samen, so Hahn, im November in einen Winterzuchtgarten nach Costa Rica. Mitte März würden dann die F3-Pflanzen wieder zurückkommen. Hahn: „Trotzdem braucht es vier bis fünf Jahre, bis wir neue erfolgsversprechende Stämme haben.“

Der Zuchtexperte wies darauf hin, dass die Erweiterung der Variation mit genetischen Ressourcen auch kein alleiniges Heilmittel sei: „Diese Sorten befinden sich nicht im Anbau und haben viele schlechte Eigenschaften. Das hält die Zucht ganz schön auf.“ Trotzdem werde die Möglichkeit genutzt, Material aus Genbanken in den USA und China zu beziehen und es mit dem hier vorhandenen zu kreuzen.

Das vorrangige Zuchtziel im Hohenheimer Sojazuchtprogramm ist wie bei anderen Kulturen auch der Ertrag. Auf Proteingehalt und Frühreife wird ebenfalls selektiert. Die immer wieder aufkeimende Forderung aus der Praxis nach einem höheren Hülsenansatz und einem damit verbundenen geringeren Verlust beim Drusch, wird von den Züchtern hingegen nicht verfolgt. Volker Hahn wies darauf hin, dass die Züchtungsbestrebungen anderer Länder diesbezüglich erfolglos waren. Das Problem bekomme man außerdem besser mit geeigneten Mähdreschern, wie in den USA, in den Griff. Überlegenswert sei für die Zukunft laut Hahn auch eine Konzentration auf eine stärkere Verzweigung der Sojapflanzen bzw. eine dünnere Saatstärke: „Die Einzelpflanzen hier auf dem Versuchsfeld sehen im Vergleich zum geschlossenen Bestand überraschend gut aus!“

Biolandwirt Friedrich Ruesch sucht nach alternativen Möglichkeiten für die Unkrautunterdrückung

Experimentierfreudig ist auch Biolandwirt Friedrich Ruesch aus Buggingen. Der Weinbau – und Ackerbaubetrieb im Markgräflerland, ein Leuchtturmbetrieb des Soja-Netzwerkes, hat dieses Jahr auf 2 ha einen Direktsaatversuch mit Roggen und Sojabohnen angelegt. In Zusammenarbeit mit dem LTZ Augustenberg, das auch die Technik für die Direktsaat bereitstellte, sollte eine alternative Unkrautunterdrückung untersucht werden. Ruesch, der seit Jahren auf etwa 20

Biolandwirt Friedrich Ruesch, Buggingen © Kaiser
ha Sojabohnen der Sorte Primus anbaut und ebenfalls an die Life Food GmbH liefert, wollte etwas gegen den Humusabbau tun, der durch intensives Hacken stattfindet, sowie seinen Arbeitsaufwand reduzieren. Zuerst wurde der Grünroggen im Herbst ausgesät. Mitte Mai nach der Blüte wurde er dann in Sährichtung mit einer Schneidwalze geknickt. Im gleichen Arbeitsgang kam das Sojasaatgut als Direktsaat mit einem Druck von bis zu 200 kg pro Säschar in den Boden.

Das Walzen zur Blüte ist laut Ruesch sehr wichtig. Denn wenn die Roggenpflanzen schon zu einem früheren Zeitpunkt geknickt würden, könnten sie sich wieder aufrichten. Der angewalzte Getreideteppich hat die Funktion, die aufkeimenden Beikräuter zu unterdrücken und Beschattung zu ermöglichen. Gestriegelt und gehackt wurde gar nicht. „Im Mai und Juni sah das Feld aufgrund der Trockenheit schlecht aus, aber nun hat sich der Bestand doch noch relativ unkrautfrei entwickelt. Man sieht jetzt vereinzelte Roggenähren“, berichtete Ruesch. Nur in zwei Reihen kamen aufgrund verstopfter Särohre Melden und Knöterich durch. Für das nächste Jahr plant der südbadische Landwirt, eine frühere Roggensorte anzubauen, damit auch die Sojaaussaat vorgezogen werden kann.

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