Herdenschutzhunde sollen Schafe vor Wölfen schützen
- Veröffentlicht am
Weiße Wuschelhaare, durchdringend schwarze Augen und bereit, in der Dunkelheit der Nacht die Schafe vor Angreifern zu schützen: Vier Pyrenäenberghunde beschützen derzeit probeweise die Schafe von zwei Schäfereien im Land. Sie sind Teil des Pilotprojekts „Herdenschutz in der Praxis“, das seit Herbst 2015 die Integration der Hunde in Schaf- und Ziegenherden sowie den Einsatz spezieller Schutzzäune über zwei Jahre lang testet. Wie können Schafe und Ziegen am besten vor Wölfen geschützt werden? Dieser Frage soll in dem vom Stuttgarter Agrarministerium geförderten Projekt nachgegangen werden.
Schutzhütte ist Pflicht
Nicht ohne Grund: Die Wölfe scheinen zurück zu kehren. Immer mehr Schaf- und Ziegenhalter haben deshalb Angst um ihre Tiere. Ein aus der Schweiz stammender Wolf war im Juni vergangenen Jahres tot am Rande der A5 im Ortenaukreis gefunden worden. Er war der erste im Südwesten Deutschlands nachgewiesene Wolf seit seiner offiziellen Ausrottung vor 150 Jahren. Bereits seit 2013 gibt es einen Handlungsleitfaden des Landes zum Umgang mit Wölfen. Außerdem steht ein Fonds bereit, aus dem Nutztierhalter eine finanzielle Entschädigung bekommen können, wenn ihre Schafe von einem Wolf gerissen werden.
Damit es erst gar nicht soweit kommt, stehen zwei Maßnahmen im Raum. Zum einen ausgebildete Herdenschutzhunde, zum anderen spezielle Abwehrzäune. Doch, das zeigten die Diskussionen auf der Schäferversammlung vorvergangene Woche in Leonberg-Glemseck, der Einsatz der Hunde ist schwieriger als gedacht. Es gibt Probleme mit der Tierschutz-Hundeverordnung. Denn anders als Hütehunde, die die Tiere begleiten und in Schach halten, kommen Herdenschutzhunde nur nachts zum Einsatz.
Warum das so ist, weiß Anette Wohlfarth, Geschäftsführerin des Landesschafzuchtverbandes: „Die Herdenschutzhunde dürfen tagsüber nicht in der Herde mitlaufen. Sie würden sonst in Konkurrenz zu den Hütehunden treten.“ Deshalb müssten die Herdenschutzhunde den Tag über korrekt untergebracht werden, erläutert Wohlfarth. Wie die Hunde genau untergebracht werden müssen, ist in der Tierschutz-Hundeverordnung geregelt. So muss den Tieren, wenn sie im Freien gehalten werden, über 24 Stunden eine Schutzhütte sowie ein witterungsgeschützter und wärmegedämmter Liegeplatz bereit gestellt werden. Der von Schäfern in vielen Fällen mit geführte Anhänger eignet sich hierfür nicht – weder als Schutzhütte noch als Zwinger.
Zudem gibt es Einschränkungen für die Zwingerhaltung, die womöglich auch bei der Haltung der Hunde in den Pferchen berücksichtigt werden muss. Bis zu einer Höhe, die der aufgerichtete Hund mit den Vorderpfoten erreichen kann, darf es laut Verordnung keine Strom führenden Teile geben, mit denen das Tier dort in Berührung kommen kann.
„Das derzeitige Vorgehen bei der Herdenschutzhundehaltung wird meines Wissens von den Behörden einfach geduldet“, erläutert Dr. Cornelie Jägerin, Tierschutzbeauftragte des Landes, den aufgebrachten Schäfern die schwierige Rechtslage. Ihr Vorschlag, um den Einsatz der Schutzhunde rechtskonform zu machen: Eine in der Tierschutz-Hundeverordnung verankerte Ausnahme bei den Haltunsanforderungen für bestimmte Schutzhunderassen und Situationen. Vorausgesetzt, die Schäfer weisen eine entsprechende Sachkunde für die Herdenschutzhunde nach.
„Als die Tierschutz-Hundeverordnung gemacht wurde, hatte sicher niemand den Einsatz von Herdenschutzhunden im Blick. Aber Sie müssen wissen, dass es diese Einschränkungen gibt“, macht Jäger vor den Zuhörern deutlich und verhehlt nicht, selbst keine Anhängerin der Schutzhunde zu sein. Ein Problem macht die Tierärztin beispielsweise in vorbei laufenden Passanten aus. „Solche Hunde gehören nur in die Hand von sachkundigen und erfahrenen Haltern“, betont sie. Umso mehr plädiert sie in ihrem Vortrag, an den sich eine turbulente Diskussion mit den Schäfern anschließt, für nachvollziehbare Hürden für die Halter dieser nicht ungefährlichen Hunde. Den Schäfern schlägt sie indes einen Kompromiss vor: „Machen Sie dem Verordnungsgeber ein Angebot, wenn Sie eine Ausnahmeregelung wollen.“
Know-how für Hunde nötig
Zuvor schon hatte Alfons Gimber, der Vorsitzende des LSV, für eine Ausnahme plädiert. Auch Dr. Andre Baumann, Vorsitzender des NABU, hofft, dass eine Lösung für die Haltung der Hunde gefunden wird. Allerdings, das verhehlt er nicht, gebe es noch zahlreiche offene Baustellen. Eine davon: Die Auflagen des Tierschutzes für die Unterbringung der Schutzhunde. Dr. Wilhelm Pflanz vom Ministerium für Ernährung und Ländlichen Raum (MLR) in Stuttgart schlägt angesichts der Tierschutzauflagen für die Hunde die verstärkte Förderung von Schutzzäunen über die Landschaftspflegerichtlinie (LPR). „Dieser Frage sollten wir nachgehen“, betont er in Glemseck.
Zu diesem Artikel liegen noch keine Kommentare vor.
Artikel kommentierenSchreiben Sie den ersten Kommentar.