Individuelle Konzepte für den Betrieb
Der Strukturwandel in der Ferkelerzeugung hält an. Von Mai 2018 bis zum Mai dieses Jahres sank die Zahl der Zuchtsauen im Land erneut um mehr als sechs Prozent. Dennoch, das machten die Verantwortlichen von Schweinezuchtverband (SZV)/ German Genetic auf ihrer Mitgliederversammlung am Dienstag dieser Woche in Denkendorf (Landkreis Esslingen) deutlich, stünden die Betriebe im Südwesten nicht chancenlos da. Aussicht auf Erfolg bieten neue, maßgeschneiderte Konzepte. Lösungen über die gesamte Branche hinweg dürften hingegen ein Auslaufmodell sein.
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Die Zahlen, die die Mitarbeiter der Zucht- und Vermarktungsorganisation an diesem heißen Sommervormittag präsentieren, klingen ernüchternd: Zwischen 30 und knapp 45 Euro für ein 25 Kilogramm schweres Ferkel und im Schnitt gerade mal 1,40 Euro fürs Kilogramm Schlachtgewicht bekamen Ferkelerzeuger und Mäster im vergangenen Jahr. Zwar ziehen die Erzeugerpreise seit Januar dieses Jahres wieder an, aber, das macht Jörg Sauter, Geschäftsführer von German Genetic, deutlich, die Diskussionen um ein Verbot der betäubungslosen Ferkelkastration, der Aktionsplan zum Kupierverzicht und das drohende Aus für Kastenstände im Deckzentrum belasten die hiesigen Erzeuger und führten dazu, dass viele die Schweinehaltung aufgeben.
Hinzu komme der gesellschaftliche Druck, die Schweinehaltung umzubauen, und den Tieren ein artgerechteres Verhalten zu ermöglichen. Sich davon in die Knie zwängen zu lassen, hält Sauter indes für den falschen Weg. Denn in der Debatte um mehr Tierwohl und Regionalität stecke auch die Chance, mit einem neuen, eigenen Konzept den Betrieb zukunftsfähig weiterzuentwickeln.
Allianz mit Marktpartnern
Netzwerken lautet das Zauberwort, mit dem die im Süden strukturell kleineren Tierhaltungsbetriebe den Schulterschluss mit den Abnehmern des regional erzeugten Fleisches künftig voranbringen können. Ganz im Sinne der von Verbrauchern gewünschten kurzen Transportwege für die Tiere und einem hochwertigen Fleischerzeugnis, das hierzulande produziert worden ist, wie Hans-Benno Wichert, Vorsitzender von SZV/German Genetic, zuvor in seinem Bericht hervorgehoben hatte.
Wohl wissend, dass das Thema Tierwohl nicht mehr wegzudiskutieren sei, „auch wenn das außerhalb Deutschlands vielfach ganz anders gesehen wird“, wie er vor den gut 100 Besuchern der alljährlichen Versammlung darlegte.
Tierwohl muss finanzierbar sein
Um dieser Billigkonkurrenz etwas entgegenzuhalten und den hiesigen Betrieben neue, wirtschaftlich tragbare Perspektiven bieten zu können, appellierte Wichert an Behörden, Verbraucher, Tier- und Umweltschutzverbände sowie die Wissenschaft eine nationale Nutztierschutzstrategie auf den Weg zu bringen und für die betroffenen Betriebe Planungssicherhheit zu schaffen. Denn eines steht für den SZV/German Genetic-Vorsitzenden fest: „Wenn die Wirtschaftlichkeit nicht stimmt, dann läuft der Wunsch nach mehr Ökologie und Tierschutz ins Leere.“
Label-Dschungel kontraproduktiv
Auf einseitig höhere Auflagen und Erschwernisse folgten Betriebsaufgaben und die Verlagerung der Nutztierhaltung ins Ausland. Damit sich das gesellschaftlich gewünschte Engagement der hiesigen Schweinehalter in mehr Tierwohl rechne, sei es im Gegenzug unabdingbar, dass Verbraucher die erbrachten Leistungen der Landwirte beim Fleischeinkauf auch erkennen könnten.
Wichert warnte in diesem Zusammenhang vor einem Label-Dschungel und parallelen Tierwohl-Kennzeichnungen von Wirtschaft und Staat. Seinen Berufskollegen bescheinigte der Jungsauenzüchter derweil, für Veränderungen offen zu sein. Allerdings müssten diese Veränderungen fachlich begründet, im Stall umsetzbar und finanzierbar sein.„Wir stecken den Kopf nicht in den Sand, trotz aller Schwierigkeiten“, rief er den anwesenden Züchtern, Verbands-, Politik- und Verwaltungsvertretern zu.
Davon zeuge letztlich der Kurs, den sie als bäuerliche Zucht- und Vermarktungsorganisation seit vielen Jahren verfolgten, und dessen Erfolg sie darin bekräftige, an der weiteren Erschließung von Geschäftsfeldern für German Genetic-Zuchtschweine und -Sperma im In- und Ausland festzuhalten. Ein Engagement, wie Wichert und Sauter hervorhoben, das die Existenz des einst regionalen Zuchtverbandes sichere und von dem die Mitglieder profitierten – auch und gerade in einem von privaten Zuchtorganisationen bedrängten Markt.
Joachim Hauck erhält Ehrenmedaille des Verbandes
Für seine Verdienste um den Erhalt einer bäuerlichen Schweinezucht und seinem vielfältigen Engagement für eine regionale Schweinefleischerzeugung in Baden-Württemberg, ist der langjährige Ministerialdirigent im Ministerium für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz (MLR), Joachim Hauck, in einem Festakt am Ende der Versammlung mit der Johann Zink-Medaille des Verbandes ausgezeichnet worden.
Den im Mai dieses Jahres aus dem aktiven Dienst ausgeschiedenen Agrarexperten bescheinigte Verbandspräsident Hans-Benno Wichert in seiner Laudatio, ein Macher im besten Sinne des Wortes gewesen zu sein, „und zwar immer zum Wohle und im Sinne einer bäuerlichen und familiengeführten Landwirtschaft“. „Ihr hohes fachliches Wissen, Ihre direkte und anpackende Persönlichkeit waren Ihr Markenzeichen“, lobte Wichert die Verdienste des ehemaligen Leiters der Abteilung Landwirtschaft im MLR.
Joachim Hauck ist der vierte Träger der 2011 initiierten Ehrung für Persönlichkeiten, die sich in der Tradition des Zuchtverbandes für die Schweinezucht und -produktion oder für den ländlichen Raum und das Bauerntum eingesetzt haben. Die Medaille erinnert an den 2009 verstorbenen Begründer und späteren Ehrenpräsidenten des Schweinezuchtverbandes, Johann Zink.
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