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Gemeinsame Agrarpolitik

Wissenschaftlicher Beirat positioniert sich zur GAP

Der Wissenschaftliche Beirat für Agrarpolitik, Ernährung und gesundheitlichen Verbraucherschutz (WBAE) beim Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) hat am 16. Juli 2019 seine Stellungnahme „Zur effektiven Gestaltung der Agrarumwelt- und Klimaschutzpolitik im Rahmen der Gemeinsamen Agrarpolitik der EU nach 2020“ an Bundesministerin Julia Klöckner (BMEL) übergeben.
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Rueß
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Prof. Harald Grethe, Vorsitzender des Beirats: „Wir stehen in Europa und Deutschland vor großen agrarumwelt- und klimaschutzpolitischen Herausforderungen. Die GAP kann einen wichtigen Beitrag zur Bewältigung dieser Herausforderungen leisten, wird dafür aber bisher nicht ausreichend genutzt.“

Derzeitig wird in der EU darum gerungen, wie die GAP nach 2020 ausgestaltet sein soll. Die von der EU-Kommission in 2018 vorgelegten Vorschläge sehen vor, die Verantwortung stärker auf die Mitgliedstaaten zu verlagern. Damit die GAP ihre agrarumwelt- und klimaschutzpolitischen sowie weitere Ziele erreicht, sollen die Mitgliedstaaten nationale Strategiepläne entwickeln. Die neue „grüne Architektur“ der GAP beinhaltet drei Instrumente: „Konditionalität“ der flächengebundenen Zahlungen (d.h., diese werden nur dann gewährt, wenn bestimmte Umweltauflagen eingehalten werden), „Öko-Regelungen“ (Eco-Schemes) der 1. Säule und Umwelt- und Klimaschutzmaßnahmen der 2. Säule (AUK II).

Kriterien und Leitlinien

Der Beirat arbeitet in dieser Stellungnahme die Optionen für die Agrarumwelt- und Klimaschutzpolitik (AUK-Politik) im Rahmen der GAP heraus und formuliert Kriterien und Leitlinien für eine zielorientierte und effektive Gestaltung des Politikfelds. Prof. Uwe Latacz-Lohmann, federführender Autor der Stellungnahme, betont: „Die Vorschläge der EU-Kommission bieten große Chancen, die GAP umweltorientierter auszugestalten. Allerdings besteht die Gefahr, dass die Mitgliedstaaten die größeren Gestaltungspielräume nutzen, um weiterhin vor allem Flächeneigentum zu subventionieren, statt Gemeinwohlziele in den Mittelpunkt zu stellen.“ Deutschland sollte sich daher in der EU dafür einsetzen, den Spielraum für eine inhaltlich und finanziell unzureichende Gestaltung des AUK für alle Mitgliedstaaten zu beschränken. Gleichzeitig sollte Deutschland die Gestaltungsmöglichkeiten nutzen, die GAP in Deutschland aus ihrer Einkommensorientierung zu lösen und konsequent auf Gemeinwohlziele auszurichten.

Empfehlung des Beirats

Für eine effektive Gestaltung der AUK-Politik im Rahmen der GAP nach 2020 spricht der Beirat u. a. die folgenden Empfehlungen für die Bundes- und in Teilen die Landesregierungen aus:

  1. AUK-Probleme klar benennen und Ziele operationalisieren: (1) Aus den Problemen eine Priorisierung der Ziele ableiten, (2) darlegen, welchen Beitrag die GAP zu den nationalen Umwelt- und Klimaschutzplänen leisten soll, (3) sich für die Interpretation des Einkommensziels an der Gewährleistung der gesellschaftlichen Funktionen der Landwirtschaft orientieren.
     
  2. Mindestbudgetanteile für den AUK vorgeben: In Deutschland: (1) ab 2021 mindestens 30 % der Summe aus Direktzahlungen und 2. Säule-Mitteln für AUK-Ziele einsetzen, (2) diesen Anteil über zehn Jahre so erhöhen, dass 100 % der Mittel der 1. Säule für ambitionierte Eco-Schemes, AUK in der 2. Säule der GAP oder Tierwohl zur Verfügung stehen, (3) diesen Umbau früh kommunizieren, (4) bei Überzeichnung der Eco-Schemes die Basisprämie kürzen, (5) bereits 2020 mehr Mittel von der 1. in die 2. Säule verlagern. Sich außerdem in der EU einsetzen für: (6) einen Rückbau der Basisprämie über zehn Jahre, (7) eine an den Herausforderungen und dem europäischen Mehrwert orientierte Mittelverteilung zwischen den Mitgliedstaaten, (8) die Vorgabe, dass alle Mitgliedstaaten mindestens 30 % der Summe aus Direktzahlungen und 2. Säule-Mitteln für AUK-Ziele verausgaben.
     
  3. Für mitgliedstaatenübergreifenden Biodiversitäts- und Moorschutz zweckgebundene Budget-anteile auf EU-Ebene einrichten: Sich in der EU dafür einsetzen, dass (1) zweckgebundene EU-Budgets für das Natura-2000-Netzwerk sowie für den Moorschutz eingerichtet werden und (2) EU-weit regionale Mindestanteile an Extensivflächen für den Arten- und Biotopschutz realisiert werden.
     
  4. Pauschale Auflagenbindung der Direktzahlungen durch „spezifische Konditionalität“ ersetzen: (1) Einzelbetriebliche Konditionalität im Strategieplan minimieren und zielgerichtete und ambitionierte Eco-Schemes und AUK II programmieren, (2) förderrechtliche Standards zur Erhaltung der Flächen in einem guten Zustand im Ordnungsrecht verankern, und (3) Zuwendungsempfängern Beratungspflichten oder einzelbetriebliche Nachhaltigkeitschecks auferlegen.
     
  5. Rechtsstaats- und Zielkonditionalität stärken: Sich in den EU-Verhandlungen dafür einsetzen, dass (1) ein gestuftes System der Rechtsstaatskonditionalität und (2) eine verbindliche, im Rahmen der GAP-Strategiepläne zu implementierende EU-weite Zielkonditionalität eingeführt werden.
     
  6. Den Leistungsrahmen der GAP überarbeiten: Sich in der EU dafür einsetzen, (1) zu berichtende Indikatoren sachgerechter an den Zielen zu orientieren und (2) das Berichtswesen zu vereinfachen.
     
  7. Anforderungen für die GAP-Strategiepläne klar benennen: Sich in der EU dafür einsetzen, (1) Mindestanforderungen an das Anspruchsniveau der Eco-Schemes vorzugeben, (2) Strategiepläne rechtzeitig öffentlich zugänglich zu machen.
     
  8. Eco-Schemes zielorientiert und effizient gestalten: (1) Im Strategieplan Maßnahmen programmieren, die bundesweit von Interesse sind, (2) die Maßnahmen standortdifferenziert ausgestalten und honorieren, (3) Eco-Schemes und AUK II effizient abgrenzen, (4) Eco-Scheme-Zahlungen von einer eventuellen Kappung und Degression ausnehmen.
     
  9. Eco-Schemes für Tierwohl öffnen und Tierwohlförderung ausbauen: Sich in der EU dafür einsetzen, dass (1) Mitgliedstaaten für Tierwohlstandards deutlich oberhalb des EU-Durchschnitts entstehende Kosten teilweise aus GAP-Mitteln kompensieren können, (2) Eco-Schemes für Tierwohlmaßnahmen geöffnet werden. In Deutschland: (3) den Einsatz von Mitteln für das Tierwohl erheblich erhöhen.
     
  10. Die Zielorientierung von AUK-Maßnahmen der 2. Säule erhöhen: (1) Anreizinstrumente für eine bessere räumliche Steuerung erproben, (2) eine ergebnisorientierte Honorierung weiterentwickeln, (3) Zielorientierung nicht pauschal mit dem Argument hoher Administrationskosten abwehren.
     
  11. Die Voraussetzungen für einen kollektiv organisierten Agrarumwelt- und Klimaschutz verbessern: (1) Prüfen, inwieweit Elemente des niederländischen Systems des kollektiven Vertragsnaturschutzes auch in Deutschland anwendbar sind, (2) die institutionellen Voraussetzungen für die Umsetzung kollektiver Modelle des AUK verbessern, (3) den Zusammenschluss relevanter lokaler Akteure zu „Biodiversitätserzeugergemeinschaften“ schon in der gegenwärtigen Finanzperiode fördern.
     
  12. Die Definition von Förderberechtigten und förderfähiger Fläche überarbeiten: Sich in der EU dafür einsetzen, dass (1) alle Landbewirtschafter, die landwirtschaftliche Tätigkeiten ausüben, im Rahmen der 1. Säule förderberechtigt sind, (2) Paludikulturen in die „landwirtschaftlichen Tätigkeiten“ aufgenommen werden, (3) die Definition von „Dauergrünland“ erweitert wird. In Deutschland: (4) Die Förderung der Bewirtschaftung und Pflege von naturschutzfachlich hochwertigen Offenlandbeständen durch die 1. Säule ermöglichen.

„Eine stärkere Ausrichtung der GAP auf den Umwelt- und Klimaschutz würde die Landwirtschaft bei der Bewältigung ihrer Herausforderungen unterstützen und zur gesellschaftlichen Akzeptanz der GAP und damit einer verlässlicheren Agrarpolitik beitragen“, so Prof. Harald Grethe bei der Übergabe.

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